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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
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viele meinen, er werde
Deutschland in der Welt gut vertreten. Die größten Zweifel haben die
Befragten, dass Wulff über den Parteien stehen werde, was kein Wunder ist, schließlich ist er bis zum Tag seiner Wahl CDU-Ministerpräsident in Niedersachsen. Wulff ist klar, dass er an seiner Glaubwürdigkeit in diesem Punkt am meisten arbeiten muss. Davon muss er
auch den politischen Gegner von gestern überzeugen. Eine besonders
schwere Hypothek für den neuen Bundespräsidenten ist die deutliche
Ablehnung, mit der die Medien auf seine Kandidatur reagiert haben.

    Nach der Wahl, am späten Abend des 30. Juni, hat der neue Bundespräsident noch zwei Termine. Der Eventmanager Manfred Schmidt
gibt in Berlin eine Party zu seinen Ehren, zeitgleich warten die Spitzenvertreter der schwarz-gelben Koalition, denen Wulff seine Wahl
zum Bundespräsidenten verdankt, im Berliner Nobelrestaurant „Facil"
am Potsdamer Platz, um mit dem neuen Staatsoberhaupt zu Abend zu
essen. Wulff lässt sie lange warten, er erscheint erst gegen Mitternacht.
Dass er vorher noch bei Manfred Schmidt vorbeischaut, weiß man im
„Facil" nicht, es ist von privaten Verpflichtungen die Rede. Noch in
manch anderer Hinsicht braucht Wulff eine Weile, bis er in seine neue
Rolle findet.
    Wulffs „Bunte Republik"

    ur zwei Tage nach seiner Wahl wird Wulff am 2. Juli im
Bundestag vereidigt. Bei der Eidesformel verhaspelt er sich
und muss neu ansetzen. „Das werden Sie jedes Mal wieder
hervorholen, wenn es mal nicht so gut läuft - nach dem Motto: Der
Anfang war schon holprig", meint er nach einigen Monaten im Amt
einmal in einer kleinen Runde mit Journalisten. Bei der Rede, die
Wulff im Anschluss an seine Vereidigung hält, dürfte so manch einer
im Plenum des Deutschen Bundestag noch einmal wehmütig an die rhetorischen Fähigkeiten des rot-grünen Gegenkandidaten Gauck
gedacht haben. Christian Wulff ist kein guter Redner, das wird bei
diesem Auftritt einmal mehr deutlich. Dafür kommt das, was er sagt,
bei denen, die ihn nicht gewählt haben, ganz gut an. Wie seine Vorgänger auch nutzt der neue Bundespräsident die Rede nach seiner
Vereidigung, um die inhaltlichen Schwerpunkte seiner Präsidentschaft zu präsentieren. Um drei Bereiche des öffentlichen Lebens, so
kündigt Wulff an, will er sich vor allem kümmern: um den Mut zum
Wandel, wobei es ihm besonders um die Herausforderungen der Globalisierung geht, um die Zukunft der Demokratie, also darum, die
wachsende Kluft zwischen der Bevölkerung und dem politischen Betrieb zu überwinden, und um den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Er wolle Verbindungen schaffen zwischen West und Ost, Alt und
Jung, Einheimischen und Zugewanderten sowie Menschen mit und
ohne Behinderung.

    Dass ihm die Zugewanderten besonders am Herzen liegen, macht
Wulff mithilfe einer Anekdote deutlich. Er schildert eine persönliche
Begegnung mit dem Vater von Aygül Özkan, der Frau, die er in Niedersachsen kurz vor seinem Wechsel nach Berlin zur ersten Ministerin
muslimischen Glaubens in Deutschland gemacht hat. Özkans Vater
beschreibt er als klassischen Gastarbeiter, als einen Mann, der 40 Jahre in Deutschland hart gearbeitet habe. „Seine Augen strahlten vor
Glück", als er erleben darf, wie geachtet und erfolgreich seine Tochter
in der deutschen Gesellschaft ist. „Wann wird es selbstverständlich
sein, dass jemand mit den gleichen Noten die gleichen Aussichten bei
einer Bewerbung hat, egal ob er Yilmaz heißt oder Krause?", fragt
Wulff im Bundestag und beantwortet diese Frage so: „Wenn wir weniger danach fragen, wo einer herkommt, als wo er hinwill. Wenn wir
nicht mehr danach fragen, was uns trennt, sondern was uns verbindet.
Wenn wir nicht mehr danach suchen, was wir einander voraus haben,
sondern was wir voneinander lernen können. Dann wird Neues, Gutes
entstehen." Der neue Bundespräsident entscheidet sich für inhaltliche
Schwerpunkte, bei denen es um gesellschaftliche Herausforderungen
von heute und morgen geht. Dabei spricht sich Wulff für eine „bunte Republik Deutschland" aus und überrascht damit. Er entleiht diesen
Begriff bei Udo Lindenberg, der 1989 ein Album „Bunte Republik
Deutschland" herausgebracht hat. Wulff gefällt die Formel, sie drückt
am besten aus, worum es ihm geht. Im bürgerlichen Lager sorgt er
damit durchaus für Irritationen. „Bunte Republik" klingt nach Multikulti und Einwanderungsland, Begriffe, mit denen man bei CDU
und CSU bekanntlich nicht

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