Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
Vom Netzwerk:

neuen Staatsoberhaupts. Zu denen, die Wulff verteidigen, gehört ExKanzler Gerhard Schröder, der selbst mit Maschmeyer befreundet ist.
In einem Interview mit der Welt am Sonntag nennt Schröder es vermessen, dass man Wulff nun „einen Strick daraus zu drehen versucht,
und irgendwas von Einflussnahmen und gefährlicher Nähe schreibt".
Schröder weiter: „Als würde Christian Wulff irgendein Gesetz, das
der Bundestag durchgewunken hat, nicht abzeichnen, nur weil er in
Maschmeyers Villa einen Urlaub verbracht hat, für den er ja sogar
bezahlt hat. Überhaupt finde ich es wirklich kleinkariert, wie man
gegenwärtig mit dem Bundespräsidenten umgeht."

    Nach dem schrecklichen Unglück bei der Love-Parade in Duisburg
am 24. Juli 2010, bei dem 21 Menschen zu Tode kamen, beendet Wulff
seinen Mallorca-Urlaub frühzeitig, um an der Trauerfeier in Duisburg
teilnehmen zu können. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland
sieht sich seit der Tragödie mit Rücktrittsforderungen konfrontiert,
weigert sich aber, mit seinem Rücktritt die politische Verantwortung
für die Katastrophe zu übernehmen. Darauf angesprochen, sagt Wulff in einem Interview mit der Bild am Sonntag: „Zwar hat jeder als unschuldig zu gelten, dessen Schuld nicht erwiesen ist. Doch unabhängig
von konkreter persönlicher Schuld gibt es auch eine politische Verantwortung. Das alles wird der Oberbürgermeister genau abwägen müssen." Die Worte des Bundespräsidenten werden als indirekte Rücktrittsaufforderung verstanden. Dem Ministerpräsidenten Wulff hätte
man das zugestanden, dem Bundespräsidenten hingegen wird die
Einmischung zu Recht vorgeworfen.

    Anfang September kommt das Ehepaar Wulff nach Dresden, als der
Bundespräsident dem Freistaat Sachsen seinen Antrittsbesuch abstattet.
Ein Reporter des Nachrichtensenders N24 nutzt die Gunst der Stunde
und bittet Wulff um eine Äußerung zum Fall Sarrazin. Thilo Sarrazin
hat mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab" einen Sturm der
Entrüstung ausgelöst, vor allem, weil er sich mit seinen Aussagen über
angeblich genetisch minderwertige Migranten in gefährliche Nähe von
Rassetheorien begeben hatte. Die Bundesbank prüft deshalb, ob sie ihr
Vorstandsmitglied Sarrazin entlassen kann. „Ich glaube, dass jetzt der
Vorstand der Bundesbank schon einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet - vor allem auch international", sagt
Wulff dem Fernsehreporter in Dresden. Präsidentensprecher Olaf Glaeseker steht hinter Wulff, als dieser den O-Ton spendet, und blickt betreten zu Boden. Wulff tappt in eine Falle: Die Bemerkung gibt der
Bundesbank und der Öffentlichkeit einen ziemlich deutlichen Hinweis,
was der Bundespräsident von der Bundesbank erwartet - nämlich, dass
sie Sarrazin in den Ruhestand versetzen soll. Das allerdings ist mit der
Unabhängigkeit der Bundesbank nur schwer in Einklang zu bringen,
umso mehr, als der Bundespräsident einen möglichen Rausschmiss
Sarrazins aus dem Bundesbank Vorstand anschließend neutral zu prüfen hat. Die Äußerung fällt Wulff voll auf die Füße. Als Erster meldet
sich Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zu Wort und spricht
nach dem Skandal um Sarrazin von einem „zweiten Skandal". Auch in der CDU gehen einige auf Distanz zu Wulff. Die Politik dürfe keinesfalls Druck auf den Vorstand der Bundesbank ausüben, „um bestimmte Entscheidungen herbeizuführen", meint etwa der CDU-Finanzexperte Leo Dautzenberg.

    Kurz danach gibt Bundesbankchef Axel Weber bekannt, Sarrazin
entlassen zu wollen, und der Bundespräsident bekommt den Antrag auf
den Tisch. Die Sache ist brisant und ein Novum in der Geschichte der
Bundesbank. Wulff bittet zunächst die Bundesregierung um eine Stellungnahme. Im Bundespräsidialamt ist man entschlossen, die Angelegenheit schnell zu einem Abschluss zu bringen mit dem Ziel, dass Sarrazin anschließend nicht den Rechtsweg beschreitet. Der Ausgang eines
solchen Verfahrens wäre völlig unkalkulierbar. Am B. September 2010
setzen sich drei Beamte des Bundespräsidialamtes mit Sarrazins Anwalt
Stefan Eiden an einen Tisch und handeln die Bedingungen für die
Entlassung aus. Am Tag darauf werden die Verhandlungen mit einem
Vertreter der Bundesbank fortgesetzt, allerdings ist der Deal zu diesem
Zeitpunkt schon unter Dach und Fach. Sarrazin bekommt dieselbe
Pension zugesprochen, auf die er Anspruch gehabt hätte, schiede er
regulär aus dem Vorstand der Bundesbank

Weitere Kostenlose Bücher