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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
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den Journalisten, setzt sich an einen der Tische
mit zwei Sitzplätzen zu jeder Seite, die Journalisten nehmen ebenfalls
um den Tisch Platz oder stehen in den Sitzreihen davor und dahinter.
Wulff schildert seine Eindrücke von der Reise, beantwortet Fragen zu
den Gesprächen, die er geführt hat. Er erzählt lebhaft und bereitwillig,
man spürt, wie sehr ihm seine neue Rolle gefällt. Gelegentlich merkt
man aber auch, dass er noch nicht ganz hineingefunden hat. Als es um die inhaltlichen Schwerpunkte geht, die er sich für seine Präsidentschaft gesetzt hat, fallen ihm zunächst von den drei nur zwei ein, er
steht kurz auf dem Schlauch, bis ihm einer der Journalisten den dritten souffliert. „Gut, dass Sie dabei sind", sagt Wulff. Der Moment ist
eher komisch als peinlich. Als Wulff sich nach einer halben Stunde
wieder zurückziehen will, fragen die Journalisten ihn, ob sie nicht auch
einmal mit seiner Frau sprechen könnten.

    Wenig später kommt Bettina Wulff vorbei und gesellt sich dazu,
setzt sich an den Tisch, an dem ihr Mann gesessen hat. Sie ist wohl
die Jüngste in der Runde, die Fragen drehen sich darum, wie sie den
Besuch im Kreml erlebt hat, wie sie ihre neue Rolle überhaupt empfindet und ob sie eingebunden war in die Entscheidung, nach Berlin
zu gehen. „Klar war ich aufgeregt", sagt sie erfrischend offen, als sie
vom Besuch im Kreml erzählt. Zu ihrer neuen Rolle lässt sie eine gewisse Distanz erkennen und räumt ein, dass sie mit dem Begriff„First
Lady" nichts anfangen könne. Sie wirkt dabei selbstbewusst, aber dennoch scheu, man ahnt, dass es für eine 37-jährige Frau und Mutter
kleiner Kinder eine enorme Umstellung sein muss, jetzt die Ehefrau
des Staatsoberhaupts zu sein. Für ihren Mann habe sich mit dem neuen Amt viel geändert, sagt sie und fügt hinzu: „Für mich aber auch."
Es wirkt dennoch so, als würde sie die Aufmerksamkeit durchaus genießen. Nach etwa einer Viertelstunde gesellt sich Christian Wulff
erneut dazu und stellt sich in den Gang neben ihren Sitz. Er ist unübersehbar neugierig zu erfahren, wie das Gespräch läuft, und vielleicht auch ein wenig skeptisch, was sie möglicherweise alles erzählen
könnte. Die beiden frotzeln ein wenig, wirken wie ein Paar, das sich
auf Augenhöhe begegnet. Selbstbewusst sagt sie ihm, über die Schulter hinweg: „Bis jetzt bin ich eigentlich ganz gut zurechtgekommen."
    Man ahnt nicht, wie wenig Bettina Wulff ihre Rolle als First Lady
genießt, das zumindest ist das Bild, das sie ein halbes Jahr nach dem
Rücktritt ihres Mannes vermittelt. In einem Buch, das sie im September 2012 auf den Markt bringt, erweckt sie den Eindruck, als habe sie
ihre Zeit im Bellevue als Qual und die ständige öffentliche Aufmerksamkeit als Zumutung empfunden. Die erschreckende Offenheit, in der sie das bekennt, erstaunt all diejenigen, die sie als Präsidentengattin erlebt haben und in dieser Zeit eine andere Wahrnehmung hatten.
Man hat durchaus den Eindruck, dass Bettina Wulff Gefallen an ihrer
Rolle hat. Allerdings gibt es hin und wieder dezente Hinweise darauf,
dass die First Lady die Freude, die ihr Mann an seiner neuen Rolle
empfindet, nicht teilt. Gelegentlich, wenn auch nur kurz und ganz am
Rande, lässt Christian Wulff durchblicken, dass seine Frau mit ihrer
neuen Umgebung in der Hauptstadt fremdelt. Seine Frau tue sich mit
Berlin noch ein bisschen schwer, sie vermisse ihre Familie und ihre
Freunde, erwähnt der Bundespräsident einmal, als er mit Journalisten
während einer Auslandsreise plaudert.

    Doch auch Bettina Wulff selbst gibt gelegentlich Einblicke in ihre
Gemütslage, etwa beim Bundespresseball im November 2011. Wie
immer sitzen der Bundespräsident und seine Frau am Ehrentisch im
Ballsaal des Hotel Intercontinental in Berlin. Der Präsident und die
First Lady sind traditionell die Ehrengäste auf jedem Bundespresseball.
Hier feiern sich die Hauptstadtpresse und die politische Prominenz,
die Herren im Smoking, die Damen im Abendkleid. Beim Smalltalk
am Rande des Ehrentisches lässt Bettina Wulff durchblicken, dass sie
den Abend nicht wirklich genießt. Später soll Nena auftreten, darauf
freut sie sich, aber den ganzen Abend am Tisch zu sitzen, findet sie
wenig aufregend. Auch gebührt es der Respekt den anderen Gästen
am Ehrentisch gegenüber, dort sitzen zu bleiben. Es scheint, als könnte sie dem Abend durchaus etwas abgewinnen, aber nicht auf diese
Weise. Doch das bleiben einzelne

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