Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien
Mitarbeiter des
Bundespräsidenten, der Wulff an den Golf begleitete. Wulff lässt seinen
Sprecher und einen seiner Abteilungsleiter rufen, die drei ziehen sich
zurück. Wulff erzählt, dass er bei Diekmann angerufen, aber nur die
Mailbox erreicht habe. Was er darauf alles hinterlassen hat, erfährt sein
Sprecher erst in Berlin. Im Beisein Glaesekers und seines Abteilungsleiters greift Wulff noch einmal zum Telefon und ruft den Vorstandsvorsitzenden des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, an und hinterlässt
auch diesem eine kurze Nachricht auf der Mailbox. Döpfner ruft zurück
und die beiden telefonieren kurz miteinander. Dabei macht der SpringerChef dem Bundespräsidenten klar, dass die Redaktionen in seinem Haus
unabhängig seien. Es bleibt bei der geplanten Berichterstattung von Bild
für den kommenden Tag. Mit seinen Anrufen bei Kai Diekmann und Mathias Döpfner erreicht Wulff nichts. Für den weiteren Verlauf der
Ereignisse werden sie jedoch noch von großer Bedeutung sein.
Der Bild-Chef befindet sich gerade in New York, als Wulff anruft.
Er will an einer Veranstaltung zur Verleihung der Leo-Baeck-Medaille teilnehmen, zu der auch der Bundespräsident eingeladen worden
war. Diekmann spricht in dem Moment, als Wulff ihn anruft, mit der
Bild-Redaktion in Berlin, es geht um die Zeitung für den folgenden
Tag. Es gibt ein konkretes Problem mit der geplanten Geschichte über
den Bundespräsidenten: Das Präsidialamt gibt die Antworten, die Präsidentensprecher Glaeseker auf den Bild-Fragenkatalog gegeben hat,
nicht zur Veröffentlichung frei. Im Anschluss hört Diekmann seine
Mailbox ab. Da Wulff ihn bittet, sich mit dem Chef des Präsidialamtes in Verbindung zu setzen, ruft Diekmann Lothar Hagebölling an.
Dabei macht er deutlich, dass Bild sich entschieden habe, die Geschichte rund um die Hausfinanzierung zu bringen. Außerdem schickt
Diekmann die Aufnahme auf seiner Mailbox an die Bild-Chefredaktion, um sie dort verschriftlichen zu lassen.
Der Anruf des Bundespräsidenten wie auch der Inhalt dieser Nachricht bleiben der Öffentlichkeit lange Zeit unbekannt, erst zwei Wochen später, um den Jahreswechsel herum, wird die ganze Geschichte
publik. Die Bild-Zeitung diskutiert intern in ihrer Redaktionskonferenz über die Nachricht und darüber, ob man sie veröffentlichen will
oder nicht. Bild stellt es so dar, dass Diekmann sich darüber außerdem
„mit zwei externen Journalisten" beraten und ihnen die Niederschrift
der Nachricht zur Verfügung gestellt habe. Um wen es sich dabei gehandelt hat, verschweigt Bild. Von diesen beiden Journalisten spricht
sich einer dafür und einer dagegen aus, die Mailbox-Nachricht zu
veröffentlichen. Ein erster Hinweis findet sich wenige Tage später im
Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Am 31. Dezember
2011 stehen erste Zitate in der FrankfurterAllgemeinen Sonntagszeitung.
Zunächst aber meldet sich Wulff, zwei Tage nachdem er Diekmann
auf die Mailbox gesprochen hat, erneut telefonisch beim Bild-Chefredakteur und bittet ihn um Entschuldigung. Bildselbst schildert es so:
Diekmann habe die Entschuldigung akzeptiert, die Sache sei damit erledigt gewesen. Bild habe deshalb davon abgesehen, über die Mailbox-Nachricht des Bundespräsidenten zu berichten. Dass die Nachricht am Ende doch noch ihren Weg in die Öffentlichkeit findet, damit
will man bei Bild nichts zu tun gehabt haben. Die Zeitung wäscht ihre
Hände in Unschuld.
Was Christian Wulff Kai Diekmann am 12. Dezember 2011 auf
seiner Mailbox hinterlässt, ist im Großen und Ganzen bekannt, auch
wenn die Niederschrift der Nachricht nie in Gänze veröffentlicht wird.
Die vielen Fragmente und Zitate, die im Laufe des Monats Januar in
zahlreichen Medien veröffentlicht werden, finden sich, wie ein Puzzle
zusammengesetzt, im Internet. Eindeutig ist, dass Wulff mit seinem
Anruf vor allem eins erreichen will: nämlich verhindern, dass der geplante Bild-Bericht über seine Hausfinanzierung erscheint, während er
auf Auslandsreise ist. Für einen Präsidenten auf Staatsbesuch stellt das
zweifellos eine unangenehme Situation dar, denn ein schwerwiegendes
innenpolitisches Problem zu Hause belastet eine solche Reise schwer.
Die Rückkoppelung mit dem Presseteam im Präsidialamt braucht Zeit,
die im Programm der Reise nicht vorgesehen ist, sie muss quasi aus dem
Besuchsprogramm „herausgeschnitten" werden, um auf das Problem zu
Hause reagieren zu können. Die mitgereisten
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