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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
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Journalisten interessieren
sich natürlich fortan kaum mehr für die Präsidentenreise, sondern nur
noch für das Problem, das der Präsident zu Hause hat. Dass der Sprecher
des Bundespräsidenten um Aufschub bittet, ist deshalb nachvollziehbar,
doch Bild ist nicht bereit, bis zum Ende der Reise zu warten. Die Zeitung
hat ihre Gründe. Man weiß bei Bild zweifellos, dass auch andere in der
Angelegenheit recherchieren. In der Tat hat auch der Stern bereits den
privaten Kreditvertrag des Bundespräsidenten eingesehen. Bildwill sich
die journalistischen Lorbeeren nicht nehmen lassen, als erstes Medium
zu berichten. Auch das ist nachvollziehbar.
    Über die Intention des Anrufs wird Anfang Januar 2012, nachdem
die Geschichte bekannt wird, ausgiebig in den Medien diskutiert. Was wollte Wulff erreichen? Die Berichterstattung bei Bild nur verschieben oder verhindern? Dabei wird über eine Nachricht diskutiert,
die im Original außer Bild niemand kennt, denn nur Bildverfügt über
den Mitschnitt und damit über die Deutungshoheit. Nikolaus Blome,
stellvertretender Chefredakteur bei Bild, stellt es in einem Interview
mit dem Deutschlandfunk so dar: „Es war ein Anruf, der ganz klar das
Ziel hatte, diese Berichterstattung zu unterbinden." Er widerspricht
damit Christian Wulff, der in einem Fernsehinterview mit ARD und
ZDF am 4. Januar 2012 betont, er habe nicht versucht, die Berichterstattung zu verhindern, er habe „nur darum gebeten, einen Tag abzuwarten". Man kann wohl davon ausgehen, dass es Wulff zunächst
darum ging, dass der Bericht nicht erscheint, während er auf Staatsbesuch ist. Vermutlich wird Wulff aber auch gehofft haben, Bild anschließend von der Berichterstattung abbringen zu können. Aber natürlich weiß auch Wulff, dass er letztlich keine Handhabe hat. Die
Intention lässt sich am Ende nicht zweifelsfrei klären. Entscheidend
ist etwas anderes: Christian Wulff fällt mit diesem Anruf als Bundespräsident aus der Rolle. Der Anruf ist ein schwerer Fehler, vielleicht
der schwerste, den Wulff in den Wochen der Krise begeht. Kai Diekmann auch noch auf die Mailbox zu sprechen, ist dabei mehr als ein
Fehler, es ist eine große Dummheit. Zweifellos ist er nicht der erste
hohe politische Amtsträger, der bei der Bild-Zeitung interveniert. Vermutlich hätte die Öffentlichkeit davon auch nie etwas erfahren, wenn
er nicht auf die Mailbox gesprochen hätte. Doch er hinterlässt ein
Beweismittel und überreicht der Bild-Zeitung damit einen goldenen
Dolch auf einem roten Kissen.

    Was hat ihn getrieben, diesen Fehler zu begehen? In den öffentlich
gewordenen Passagen fällt auf, dass Wulffs Sprache ziemlich martialisch ist. Er spricht vom „Krieg führen", davon, dass der „Rubikon" für
ihn und seine Frau überschritten sei, und vom „endgültigen Bruch
zwischen dem Bundespräsidenten und dem Springer-Verlag", sollte der
Bild-Artikel tatsächlich erscheinen. Ist es eine Kurzschlussreaktion?
Aus Panik? Es sieht nicht danach aus, denn Wulff ruft nicht nur Diekmann an, sondern auch Döpfner. Man kann eher davon ausgehen, dass in Wulff an diesem Tag eine zentrale Erkenntnis gereift ist: Nachdem er jahrelang in Niedersachsen zum beiderseitigen Vorteil ein gutes Verhältnis zu Bild gepflegt hat, ist ihm nun endgültig klar, dass
davon nichts mehr übrig ist. Aus der Bild-Freundschaft ist eine Feindschaft geworden. Nachdem Wulff das Verhältnis zu Bild still und
leise aufgekündigt hat, tut Bild das nun auch - nur nicht still und
leise. Vermutlich denkt Christian Wulff in diesen Tagen an den berühmten Spruch von Springer-Chef Döpfner, der es einmal ungeschminkt so zum Ausdruck gebracht hat: „Wer mit der Bild-Zeitung
im Aufzug nach oben fährt, fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten."
Wulff versteht den Artikel, den die Bild-Zeitung am kommenden Tag
bringen will, als Kriegserklärung. Er droht Springer mit dem „endgültigen Bruch", obwohl ihm eigentlich klar ist, dass Springer mit ihm
bereits gebrochen hat.

    Die Keimzelle der Krise -
die Hausfinanzierung
    ls Bild am Abend des 12. Dezember 2011 online und am
folgenden Tag in der Printausgabe zum ersten Mal über den
Privatkredit der Wulffs berichtet, deckt sie zweifellos einen
relevanten Sachverhalt au£ Der Privatkredit ist eher ein Seitenaspekt,
im Vordergrund steht die Frage, ob der Ministerpräsident Wulff im
Februar 2010 den niedersächsischen Landtag getäuscht hat: Die Frage
der grünen Opposition, ob es

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