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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Götschenberg
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zunächst öffentlich angekündigt hatten, alle Recherchen freizugeben. Die Frankfurter
Allgemeine Zeitung verweigerte die Veröffentlichung gänzlich. Stern
und Spiegel nahmen einzelne Fragen heraus. Die Redaktionen, die
Fragen zu den Gerüchten über Bettina Wulffs angebliche Vergangenheit im Rotlichtmilieu gestellt haben, wollen diese nicht veröffentlicht
sehen. Nicht nur im Präsidialamt macht man sich Gedanken darüber,
welchen Eindruck das Material auf die Öffentlichkeit machen könnte,
sobald es im Internet zugänglich ist. Diese registriert jedoch vor allem
über Tage, dass Wulff seinen Ankündigungen keine Taten folgen ließ. Dass am Ende nur ein Teil der Medien bereit war, die gestellten Fragen
und dazugehörigen Antworten zu veröffentlichen, geht dabei weitgehend unter. Die Ankündigung des Bundespräsidenten im Fernsehen
führt dazu, dass Wulff anschließend zwei Wochen lang am Nasenring
durch die Arena geführt wird.

    Keine Rückkehr zur Tagesordnung

    s gibt zwei Termine in Schloss Bellevue, die im Januar 2012 die
wohl größte jemals erlebte öffentliche Aufmerksamkeit erfahren: der Empfang der Sternsinger und der Neujahrsempfang des
Bundespräsidenten - beide werden live im Fernsehen übertragen. Die
Gelegenheiten, mit Kameras ins Bellevue zu kommen, sind selten in
diesen Wochen. Vor allem dem Neujahrsempfang wird besondere Aufmerksamkeit zuteil, da bei dieser Gelegenheit die gesamte Bundesregierung im Bellevue erscheint und vom Präsidentenpaar begrüßt wird.
Christian und Bettina Wulff empfangen zunächst die Kanzlerin und
danach alle Bundesministerinnen und -minister im Langhanssaal von
Schloss Bellevue. Es ist das einzige öffentliche Zusammentreffen vor
laufenden Kameras zwischen Wulff und der Kanzlerin während der
gesamten Krise. Die Kommentatoren der Fernsehsender, die live übertragen, registrieren jedes Detail. Phoenix etwa stellt fest, dass die Kanzlerin auffällig lange zwischen Bettina und Christian Wulff stehen bleibt
und Merkel die First Lady bei der Begrüßung ermutigend am Unterarm festhält. Einige Beobachter registrieren, dass Bettina Wulff ihrerseits die Kanzlerin festhält und regelrecht dazu zwingt, sich für Fotos
zwischen das Ehepaar Wulff zu stellen. Der Empfang hat etwas von
einem Schaulaufen. Als Guido Westerwelle Bettina Wulff mit einem
Küsschen auf die Wange begrüßt, wird das mit „Ah"- und „Oh"-Rufen
der Fotografen und Kameraleute kommentiert. Im Bellevue ist man
hingegen durchaus erfreut über die große mediale Aufmerksamkeit
für den Neujahrsempfang: Schließlich produziert er Bilder, die sugge rieten, dass der Bundespräsident unbeeindruckt von dem Tsunami,
der über ihn hinwegfegt, seine Arbeit macht. Außerdem vermitteln
die Bilder den Eindruck, dass die Kanzlerin zu Wulff steht, und zwar
in wesentlich eindrucksvollerer Weise als durch die ständigen Beteuerungen der Regierungssprecher. Gleichzeitig wird bei diesem Termin
jedoch auch deutlich, wie viel Autorität der Bundespräsident mittlerweile eingebüßt hat. Die gesamte Führungsspitze der Opposition bleibt
dem Empfang demonstrativ fern.

    Mitte Januar laufen sich die Vorwürfe rund um die Hausfinanzierung der Wulffs mehr oder weniger tot. Die Landesregierung in Niedersachsen kommt nach Prüfung des Sachverhalts zu dem Ergebnis,
dass es bei dem Privatkredit „keine Amtsbezogenheit" gegeben habe,
dieser sei eine reine Privatangelegenheit gewesen. Im niedersächsischen
Landtag bemüht sich die Fraktion der Linken bis in den Februar hinein um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, doch SPD
und Grüne ziehen nicht mit. In Stuttgart prüft die BW-Bank, die
Wulff zunächst zur Ablösung des Privatkredits ein Geldmarktdarlehen
und danach einen langfristigen Immobilienkredit gewährt hat, die
Kreditkonditionen. Auch die Staatsanwaltschaften in Stuttgart und
Hannover beschäftigen sich mit den Krediten und gehen der Frage
nach, ob es einen Anfangsverdacht gibt. Die Prüfung der Bank ergibt,
dass an den Krediten nichts auszusetzen ist, und die Staatsanwaltschaften kommen zu dem Ergebnis, dass kein Anfangsverdacht vorliegt.
Die als besonders günstig empfundenen Kreditkonditionen hätten im
Ermessen der Bank gelegen. Mitte Januar bleibt von den Vorwürfen
rund um die Hausfinanzierung juristisch nichts übrig.
    Unterdessen verabschiedet sich die Krise weitgehend auf die Dörfer.
Es werden neue Vorwürfe erhoben, die wenig bis keine Substanz haben.
Bereits

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