Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien
Hamburg" versucht, Spuren zu verwischen. Mitte Januar 2012 habe er zunächst im Hotel angerufen und die Hotelangestellten gebeten, keine Auskünfte über den Aufenthalt an
Journalisten zu geben oder ihnen Unterlagen auszuhändigen. Bild zitiert aus einem internen Vermerk des Hotels, in dem es heißt: „Falls
also Bild oder Spiegel anruft, wir wissen von nichts."
So wie Bild die Geschichte am B. Februar darstellt, schlägt sie ein
wie eine Bombe. Als Bild darüber berichtet, bestreitet Groenewolds
Anwalt zwar sofort, dass es darum gegangen sei, Unterlagen verschwinden zu lassen oder etwas zu vertuschen, doch der Eindruck ist
verheerend. Wulffs Anwalt Gernot Lehr distanziert sich sofort und
erklärt, dass Wulff nichts davon gewusst habe und das Vorgehen auch
„in jeder Hinsicht für falsch" halte. Doch die Geschichte ist kaum zu
entschärfen. Die Glaubwürdigkeit des Präsidenten, ohnehin schon
schwer erschüttert, wird auf eine weitere harte Probe gestellt, als Wulff
mitteilen lässt, er habe Groenewold das Geld auf Sylt in bar gegeben.
Die Staatsanwaltschaft Hannover beginnt sich für die Geschichte zu
interessieren, schließlich ist bereits bekannt, dass der Filmunternehmer
2006 erfolgreich eine Landesbürgschaft beantragte. Der Verdacht der
Vorteilsnahme liegt in der Luft und der Rücktritt des Präsidenten
auch, denn sollte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehmen,
müsste seine Immunität aufgehoben werden. Niemand glaubt im Februar 2012, dass Wulff das noch überstehen könnte. Am 12. Februar
lädt Christian Wulff zum letzten gesellschaftlichen Ereignis seiner
Amtszeit: Es geht um Filme.
Berlinale-Empfang im Bellevue
er 12. Februar 2012 ist ein Sonntag, es ist früher Abend. Die
Fenster von Schloss Bellevue sind hell erleuchtet an diesem
kalten Winterabend, auf den Rasen im Ehrenhof vor dem
Hauptportal hat sich eine dünne Schneedecke gelegt. Im Schloss
herrscht rege Betriebsamkeit, nachdem wochenlang keine Abendveranstaltungen stattgefunden haben. Dennoch liegt es seltsam ruhig im Dunkeln, während Berlin im Berlinale-Rausch ist. In der Stadt wimmelt es von Filmprominenz. An diesem Abend soll die Glitzerwelt des
Films ein bisschen Glanz ins Bellevue bringen - der Bundespräsident
hat zu einem Berlinale-Empfang geladen. Schauspieler, Regisseure,
Produzenten, auch die Berlinale-Jury haben eine Einladung bekommen. Empfänge wie diese sind Routineveranstaltungen im Bellevue
und dennoch ist an diesem Abend alles anders.
Die Gäste werden in den ersten Stock des Schlosses geführt. Dort
im Großen Saal, wo sonst die Tische für Staatsbankette gedeckt
werden und der Bundespräsident die Mitglieder der Bundesregierung
ernennt oder entlässt, stehen rote Sessel in Sitzgruppen angeordnet,
die eine Atmosphäre lockerer Gemütlichkeit verbreiten sollen. Der
Bundespräsident will eine kurze Ansprache halten. Auf einem Podest
haben sich Dutzende Kameraleute und Fotografen platziert, auch
einige Journalisten sind gekommen. Es ist einer der wenigen presseöffentlichen Auftritte von Christian Wulff in diesen Wochen. Zwar
rechnet niemand damit, dass Wulff zu seiner persönlichen Situation
Stellung nehmen wird, aber vielleicht geht er zumindest mit einem
Nebensatz darauf ein. Der Berlinale-Empfang im Bellevue hat die
Medien bereits den ganzen Tag über beschäftigt. Seit dem späten
Vormittag liefen Meldungen über die Nachrichtenagenturen, dass
der Präsidentenempfang im Schloss zu floppen drohe, da Wulff sich
eine Absage nach der anderen geholt habe. Die Filmprominenz, so
heißt es, werde an diesem Abend einen großen Bogen ums Bellevue
machen.
250 Gäste hat das Bundespräsidialamt eingeladen und in der Tat:
Der Große Saal im ersten Stock füllt sich nur mäßig. Die Kameras
entdecken Maria Furtwängler, doch andere prominente Gesichter suchen sie vergeblich. Am Ende sind es vielleicht hundert Gäste, darunter der eine oder andere aus dem Ausland, der von der Präsidentenkrise in Deutschland nur wenig - wenn überhaupt etwas - gehört hat.
Richtig ist, dass es an diesem Abend eine Vielzahl von Veranstaltungen
gibt, die für die Filmschaffenden vermutlich aufregender sind als ein
Empfang beim Bundespräsidenten. Richtig ist aber auch, dass viele sich bewusst dagegen entschieden haben, der Einladung zu folgen. Zu
denen, die ihre Absage öffentlich gemacht haben, gehört der österreichische Regisseur Hans Weingartner, der meinte, er wisse einfach
nicht, was er dem
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