Der Boss
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!
Auch wenn ich zum Beispiel keine Ahnung habe, welche ihrer 21 Cousinen Aylin hasst, schaffe ich es nicht, auch nur eine einzige SMS zu löschen. Ich will sie als historische Hochzeitssouvenirs bewahren. Beim Durchforsten meines Posteingangs finde ich eine vier Tage alte Nachricht von meinem Vater:
»23 Uhr 15 auf 3 SAT : Dokumentation über Hermann Hesse im Ersten Weltkrieg – ein Muss!«
Ich drücke auf Löschen und verspüre ein schlechtes Gewissen, weil ich mir die Dokumentation nicht angesehen habe. Jetzt werde ich vielleicht nie erfahren, was Hermann Hesse im Ersten Weltkrieg überhaupt gemacht hat.
Eine hübsche Flughafen-Café-Bar-Mitarbeiterin, deren Namensschild sie als »Mona« ausweist, serviert mir mit einem flirtenden Augenzwinkern eine weitere Cola, und es ist mir egal, dass ichals verheirateter Mann weder mit ihr noch mit irgendeiner anderen schönen Frau jemals wieder etwas anfangen darf, denn in 17 Stunden und drei Minuten bin ich aus dem Rennen. Freiwillig und mit Freude! Dann bin ich mit der Frau verheiratet, die in der Damenwelt dasselbe ist wie Lionel Messi im Fußball: das Nonplusultra.
Wobei Fußball vielleicht das falsche Bild ist, weil man da zum Erfolg noch zehn andere Spieler braucht, und ich will ja nur Messi und nicht noch Carles Puyol, Dani Alves oder Xavi Alonso. Abgesehen davon bin ich Fan vom 1. FC Köln, und deshalb ist für mich sowieso nicht Messi das Maß aller Dinge, sondern der Geißbock.
Genau, das Bild ist viel besser: Der 1. FC Köln wird immer nur ein Maskottchen haben. Und auch wenn Hennes VIII. kastriert ist und die Gegner in keinster Weise einschüchtert, wäre man als echter Fan doch immun gegen andere Maskottchen.
Wenn jetzt zum Beispiel ein Berggorilla ankäme, mit den Augen zwinkern und säuseln würde: »Hey, vergiss doch den Geißbock – ich habe mehr Muskeln, ich habe noch meine Eier, und ich würde auch nicht ängstlich zur Seite springen, wenn der Ball mal auf mich zurollt …« Dann würde man als echter FC – Fan sagen: »Das mag sein, aber ich liebe nun mal den Geißbock – in guten wie in schlechten Zeiten! Er mag seine Fehler haben, und laut Wikipedia wäre die biologisch korrekte Bezeichnung für einen kastrierten Bock ›Mönch‹, aber ich habe beschlossen, den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen. Such dir doch einen Retorten-Club wie Hoffenheim – die haben zwar den albernen Stoffelch ›Hoffi‹, diesen Nebengewinn einer Kirmeslosbude, der bei jedem Tor einen Tanz hinlegt wie eine hüftkranke Background-Sängerin beim ZDF – Fernsehgarten – aber ich bin sicher: Wenn der Preis stimmt, tauschen sie den sofort aus.«
So ist es: Aylin ist mein Geißbock – unendliche Liebe bis in den Tod. Vielleicht sollte ich das ihr gegenüber so nicht formulieren, denn eventuell würde sie es für Sarkasmus halten – Frauen fehlt oft der Sinn für die ehrlichen Gefühle eines Mannes in Bezug auf das Maskottchen seines Fußballvereins.
Ich schaue zur Anzeigetafel. Endlich ist hinter Onkel Abdullahs Flug das Wort »gelandet« erschienen. Flughafen-Café-Bar-Servicekraft Mona zwinkert mir noch einmal zu. In meiner Hose tut sich etwas. O nein! Ich habe mich doch gerade erst für die Monogamie entschieden. Da merke ich: Es ist mein Handy, das vibriert. Ich bin erleichtert.
Es ist die nächste SMS von Aylin:
»Bitte auf Rückweg in Weidengasse vorbeifahren und im Reisebüro drei Ballen rosa Tüll, vier silbernen Tüll, drei goldenen Tüll und zwei roten Tüll abholen! Ist bezahlt. Liebe dich.«
Ich simse zurück:
»Natüllich.«
Zugegeben ein eher billiges Wortspiel, aber ich bin nun mal im Hochzeitsstress, da kann Aylin kein Loriot-Niveau von mir erwarten. Ich kriege wieder die Speicher-voll-Meldung und durchforste meine SMS – Sammlung. Diesmal finde ich eine fünf Tage alte Nachricht meiner Mutter:
»Habe dir Sonnencreme für die Flitterwochen gekauft.«
In der permanenten Sorge, ich könne Hautkrebs bekommen, versorgt sie mich seit der Erfindung von Lichtschutzfaktor 50 mit ebendiesem. Außerdem ignoriert sie die Tatsache, dass Aylin und ich die Hochzeitsreise auf Mai verschoben haben, weil es in Tante Emines Sommerhaus im Februar noch zu kalt ist. (Gut – das hätte ich meiner Mutter natürlich auch sagen müssen.)
Ich habe die SMS gerade gelöscht, als das Handy erneut
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