Der Boss
überreicht mir einen Ausdruck, auf dem Bernd Banane im gelben Glitzeranzug posiert und in James-Bond-Manier eine Banane in der Hand hält, als wäre es eine Pistole. Es sieht genauso albern aus, wie wir es haben wollten. Ich lache:
»Perfekt, Ulli! Dagegen hat selbst Jürgen Drews eine erhabene Ausstrahlung.«
Emine wendet sich Ulli zu und redet plötzlich mit einer Ich-bin-auf-der-Suche-nach-einem-geeigneten-Sexualpartner-und-dabei-ziemlich-kompromissbereit-Stimme:
»Du, Ulli, kannst du mir einen Gefallen tun?!«
Ich kann beobachten, wie sich der freie Wille aus Ullis Gehirn verabschiedet.
»Einen Gefallen? Ja. Klar.«
»Kannst du diese Unterlagen kopieren?«
»Sicher.«
»Super. Und bringst du mir aus der Küche ’ne Cola mit?!«
»Kommt sofort.«
Emine lächelt mich kurz an und widmet sich dann dem Verkauf von frischer Erdbeermilch.
Eine Stunde später sitze ich bei Rüdiger Kleinmüller im Büro. Mein Chef instruiert gerade telefonisch seine Sekretärin:
»… der soll gefälligst seinen Arsch hier in meine Firma schwingen – ich bin doch kein Hansel, der es nötig hat, für 10 000 Euro bei einem Mittelstands-Arschloch anzutanzen und um den Auftrag zu betteln. Für wen hält der sich eigentlich?«
Wütend drückt Kleinmüller den Knopf seines schnurlosen Telefons. Das ist zweifellos ein Nachteil des Fortschritts – dass man nicht mehr den Hörer auf die Gabel knallen kann wie früher. Es ist unmöglich, seine Wut durch das Drücken eines Knopfes abzureagieren. So bleibt nach einem unangenehmen Telefonat immer ein Wutrest übrig, der dann irgendwo anders hinmuss. Normalerweise zum nächsten Gegenstand, der in der Nähe ist. In diesem Fall zu mir:
»Daniel, wo ist das Plakat? Es sollte doch schon fertig sein!«
Zum Glück bin ich in der Kunst der eleganten Ausrede geschult:
»Ich wollte noch über das Motiv sprechen.«
»Der Dom. Wie immer bei Süffels Kölsch.«
»Ja, wir haben aber mal über Alternativen nachgedacht: zum Beispiel das Millowitsch-Denkmal, die KölnArena oder ein paar schöne Altstadthäuser. Dann hatte Karl die Idee, dass sich eine Cheerleaderin des 1. FC Köln den Schriftzug Echt typisch kölsch als Arschgeweih tätowieren lässt – das fand ich echt …«
Rüdiger Kleinmüller schaut mich traurig an. Ich verstehe:
»… oder wir nehmen einfach den Dom.«
»Hey, you got it.«
»Und was ist mit neuen Wegen ?«
»Hier, lies selbst.«
Rüdiger Kleinmüller dreht seinen Monitor mit einer E-Mail zu mir:
Sehr geehrter Herr Kleinmüller,
wie ich Ihnen bereits im persönlichen Kontakt zu verstehen gegeben versucht haben wollte, möchten wir bezüglich der Plakatgestaltung einmal neue Wege zu gehen gedenken.
Traditionell wurde die Fotografierung des Doms immer von der Frontseite her durchzuführen getätigt. Nun sind wir gemeinsam einstimmlich der Entscheidung anheimgefallen, den Standpunkt des Fotografen 200 Meter nach links zu verlegen. Auf diese Weise wird die Dom-Südseite zu größerer Proportionierung gelangen und somit einer veränderten Ästhetik beiwohnen.
Mit freundlichen Grüßen,
Jupp Süffels.
Als ich fertig gelesen habe, sehe ich, wie Rüdiger Kleinmüller gerade Angela Merkel, deren Foto auf dem Cover des Spiegel prangt, ein Hitler-Bärtchen ins Gesicht malt. Ich frage mich, wer heutzutage noch ernsthaft Hitler-Bärtchen auf ein Foto malt und dabei denkt: Was bin ich nur für ein Rebell!
Kleinmüller beendet seine ›künstlerische Tätigkeit‹ und kippt einen Kaffee auf ex:
»Und – wie läuft es mit Bernd Banane?«
»Er ist am Freitagmorgen bei SAT. 1 im Frühstücksfernsehen.«
»Und du meinst, der Plan mit TV Total und dem anschließenden YouTube-Hype geht auf, Daniel?«
»Es ist unsere einzige Chance.«
»Okay. Ralf Süffels muss am Freitag total gut drauf sein. Er soll sich für den absoluten Ober-Champ halten.«
»Genau so geht’s.«
»Jep. Ich will, dass du mit nach Berlin fliegst.«
»Das geht nicht. Ich heirate am Donnerstag.«
»Schon wieder? Du hast doch erst letzte Woche geheiratet.«
»Ich hab doch erzählt, dass die Hochzeit …«
»Ach ja. Der Onkel war gestorben.«
»Nein. Die Tante hatte einen Herzinfarkt.«
»Auch egal. So oder so – Familie ist immer scheiße, believe me.«
»Das finde ich nicht. Obwohl: Sie kann schon nerven.«
»Nerven? Familie ist Terrorherrschaft auf genetischer Grundlage.«
»Auf jeden Fall fliege ich am Donnerstag nicht nach Berlin.«
»Na schön. Das ist aber deine letzte
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