Der Botschafter
nicht, wenn sie eine für ihn vorteilhafte Lösung darstellte.
»Ich habe mich streng nach Vorschrift davon überzeugt, daß ich nicht beschattet wurde«, sagte Michael. »Ich bin clean gewesen. Sie sind nicht mir, sondern Maguire zu unserem Treff gefolgt. Deshalb hat er die beiden ersten Treffpunkte ignoriert - weil er das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Ich wollte nur, er wäre vernünftig genug gewesen, auf seinen Instinkt zu vertrauen. Dann würde er noch leben.«
Michael saß in der kleinen Teeküche von Winfield House am Tisch. Es war früh abends, etwa zwanzig Stunden seit die IRA ihn in Belfast auf offener Straße entführt hatte. Seine Entführer hatten ihn in der Nähe des Dorfs Dromara ausgesetzt. Michael war nichts anderes übriggeblieben, als den toten Maguire am Straßenrand liegenzulassen und sich möglichst schnell möglichst weit von ihm zu entfernen. Er war losmarschiert und hatte erst kurz vor Banbridge, einer protestantischen Kleinstadt südöstlich von Portadown, einen Lastwagen angehalten. Dem Fahrer hatte er erklärt, er sei von Autodieben überfallen, niedergeschlagen und ausgeraubt worden. Obwohl der Fahrer nach Belfast unterwegs war, wäre er bereit gewesen, Michael zur RUC-Station in Banbridge zu bringen, damit er Anzeige erstatten konnte. Michael hatte ihm jedoch erklärt, er wolle in sein Hotel in Belfast und von dort aus Anzeige erstatten. Nach seiner Rückkehr ins Hotel Europa hatte er Wheaton in London geweckt. Wheaton hatte die nötigen Gespräche mit seinen britischen Kollegen geführt und dafür gesorgt, daß ein RAF-Hubschrauber Michael vom Flughafen Aldergrove abholte.
»Sie sind schon sehr lange nicht mehr im Einsatz gewesen, Michael«, sagte Wheaton. »Vielleicht haben Sie irgend etwas übersehen.«
»Wollen Sie damit andeuten, daß ich an Kevin Maguires Tod schuld bin?«
»Sie sind als einziger Führungsoffizier dort gewesen.«
»Ich weiß noch, wie man feststellt, ob man beschattet wird.
Und ich weiß, nach welchen Kriterien man einen Treff wahrnimmt oder darauf verzichtet. Devlin hat gesagt, die IRA habe seit Monaten gewußt, daß Maguire für uns arbeitet.«
»Seamus Devlin ist für mich keine zuverlässige Quelle.«
»Er hat Buchanans Namen genannt.«
»Den hat Maguire vermutlich preisgegeben, als er gefoltert worden ist.«
Michael wußte, daß er diese Auseinandersetzung unmöglich für sich entscheiden konnte. Jack Buchanan gehörte zum Personal der Station London. Er war einer von Wheatons Leuten, und Wheaton würde alles tun, um ihn in Schutz zu nehmen.
»Offensichtlich hat einer von Ihnen beiden Scheiße gebaut - und das gründlich«, stellte Wheaton fest. »Wir haben einen unserer wertvollsten Agenten verloren, unsere britischen Cousins sind in heller Aufregung, und Sie können von Glück sagen, daß Sie noch leben.«
»Was ist mit Devlins Informationen?«
»Die habe ich in Übereinstimmung mit unserem ursprünglichen Abkommen in bezug auf Maguire an die Zentrale und den MI5 weitergeleitet. Selbstverständlich können wir kein Objekt in Nordirland unter Überwachung stellen. Diese Entscheidung müssen die Briten treffen - unter Berücksichtigung anderer operativer Prioritäten. Darauf haben wir offen gestanden keinen Einfluß mehr.«
»Diese Informationen hat mein Agent mit dem Leben bezahlt.«
»Maguire ist nicht Ihr Agent gewesen. Er ist unser Agent gewesen; er hat den Briten und uns gehört. Wir haben ihn gemeinsam geführt, uns die Erkenntnisse geteilt, stimmt's? Seine Enttarnung hat uns alle sehr betroffen gemacht.«
»Ich möchte die Chance, einen Schlag gegen die Ulster Freedom Brigade zu führen, nicht vergeben, nur weil wir wegen der Art der Informationsbeschaffung nervös sind.«
»Die ganze Sache ist ziemlich unorthodox gewesen, das müssen Sie zugeben. Was ist, wenn Devlin Ihnen absichtlich falsche Informationen gegeben hat?«
»Wozu sollte die IRA das tun?«
»Um ein paar britische Geheimdienstoffiziere und SAS-Männer ermorden zu können. Wir geben diese Informationen an die Briten weiter, die Briten schicken ein Team dorthin, und die IRA schleicht sich mitten in der Nacht an und schneidet ihnen die Kehle durch.«
»Die IRA hält den Waffenstillstand und das Friedensabkommen ein. Weshalb sollte sie versuchen, die Briten in eine Falle zu locken?«
»Ich traue ihr trotzdem nicht.«
»Die Informationen sind zuverlässig. Wir müssen sofort etwas unternehmen.«
»Dies ist eine britische Angelegenheit, Michael, daher Hegt die
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