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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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eingetragen.
    »Wissen Sie, wer ich bin, Mr. Osbourne?«
    Michael nickte.
    »Tun Sie mir den kleinen Gefallen«, verlangte der Mann. Er bot Michael eine Zigarette an, gab ihm Feuer und zündete sich selbst eine an. Sekunden später hing eine Qualmwolke zwischen ihnen.

    »Sie heißen Seamus Devlin.«
    »Wissen Sie auch, was ich mache?«
    »Sie leiten den Nachrichtendienst der IRA.«
    In diesem Augenblick wurde angeklopft, dann murmelte jemand einige Worte auf gälisch.
    »Drehen Sie sich zur Wand um«, forderte Devlin ihn auf.
    Die Tür wurde geöffnet. Michael hörte, daß jemand hereinkam und etwas auf den Tisch stellte. Danach fiel die Tür wieder ins Schloß.
    »Sie können sich wieder umdrehen«, sagte Devlin.
    Auf dem Tisch stand jetzt ein Tablett mit einer Teekanne, zwei angeschlagenen Emailbechern, einer Zuckerdose und einem Milchkännchen. Devlin schenkte ihnen beiden Tee ein.
    »Ich hoffe, daß Sie heute nacht eine nützliche Lektion gelernt haben, Mr. Osbourne. Sie wissen jetzt hoffentlich, daß niemand die IRA ungestraft ausspähen kann. Sie halten uns nur für eine Bande dämlicher Bauernlümmel? Für eine Bande tölpelhafter Micks aus den Mooren? Die IRA kämpft seit fast hundert Jahren auf dieser Insel gegen die Briten. In dieser Zeit haben wir auf dem Geheimdienstsektor einiges dazugelernt.«
    Michael trank seinen Tee und schwieg.
    »Übrigens sind wir nicht durch Sie, sondern durch Buchanan auf Maguire gestoßen, falls Ihnen das ein Trost ist. Bei der IRA gibt es eine Spezialeinheit zur Beschattung Freiwilliger, die verdächtigt werden, Verräter zu sein. Diese Einheit ist so geheim, daß nur ich die Namen ihrer Angehörigen kenne. Ich habe Maguire letztes Jahr in London beschatten lassen, und wir haben seinen Treff mit Buchanan beobachtet.«
    Auch diese Nachricht konnte Michael nicht aufheitern.
    »Warum haben Sie mich geschnappt?« fragte er.
    »Weil ich Ihnen etwas mitzuteilen habe.« Devlin beugte sich über den Tisch und faltete seine Hafenarbeiterhände unter dem Kinn. »Die CIA und die britischen Dienste fahnden nach Mitgliedern der Ulster Freedom Brigade. Ich glaube, daß die IRA ihnen dabei behilflich sein kann. Schließlich liegt es auch in unserem Interesse, diese Serie von Attentaten so rasch wie möglich zu beenden.«
    »Was haben Sie zu bieten?«
    »Ein Waffenversteck in den Sperrin Mountains«, sagte Devlin. »Es gehört nicht uns, und wir glauben nicht, daß es einer der bekannten paramilitärischen Gruppen der Protestanten gehört.«
    »Wo in den Sperrin Mountains?«
    »Auf einer Farm außerhalb des Dorfs Cranagh.« Devlin legte Michael einen Zettel mit einer primitiven Lageskizze der Farm hin.
    »Was haben Sie dort beobachtet?« fragte Michael.
    »Lastwagenverkehr, Kisten, die nachts ausgeladen werden, das Übliche.«
    »Leute?«
    »Ein paar Männer scheinen ständig dort zu leben. Sie gehen regelmäßig auf den Feldern in der Umgebung Streife. Gut bewaffnet, möchte ich hinzufügen.«
    »Überwacht die IRA diese Farm weiter?«
    »Wir haben uns zurückgezogen. Uns fehlt die Ausrüstung für eine wirkungsvolle Überwachung.«
    »Warum erzählen Sie das mir? Warum nicht den Briten oder der RUC?«
    »Weil ich denen nicht traue, niemals trauen werde. Bedenken Sie, daß es in der RUC und den britischen Geheimdiensten Leute gibt, die über Jahre hinweg mit den paramilitärischen Gruppen der Protestanten zusammengearbeitet haben. Ich will, daß diesen protestantischen Dreckskerlen das Handwerk gelegt wird, bevor sie uns wieder in einen regelrechten Krieg hineinziehen, und ich traue den Briten und der RUC nicht zu, das allein zu schaffen.«
    Devlin drückte seine Zigarette aus. Er sah Michael an und lächelte wieder. »Na, war das nicht ein paar Kratzer und Schürfwunden wert?«
    »Fuck you, Devlin«, sagt e Michael.
    Devlin lachte schallend laut. »Sie können jetzt gehen, Mr. Osbourne. Ziehen Sie Ihren Mantel an. Aber bevor Sie gehen, möchte ich Ihnen noch etwas zeigen.«
    Michael folgte Devlin durchs Haus, in dem es nach gebratenem Schinken roch. Devlin führte ihn durch das Wohnzimmer in eine behaglich eingerichtete Küche, in der über dem Herd blankgeputzte Kupfertöpfe hingen. Dieses Bild hätte in ein irisches Country Magazine gepaßt, wenn am Küchentisch nicht ein halbes Dutzend Männer gesessen hätten, die Michael durch die Augenschlitze ihrer Sturmhauben anfunkelten.
    »Die werden Sie brauchen«, sagte Devlin, während er eine Wollmütze von der Hakenleiste neben der Tür

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