Der Bourne Befehl
immer noch im Einsatz in den Bergen Afghanistans.
Als er die Hälfte seines Biers getrunken hatte, nickten ihm seine Leute kurz zu und gingen hinaus auf ihre Posten beim Haus. Er stellte sein Glas ab, ging in sein Arbeitszimmer und schloss die Tür hinter sich. Die Jalousien an den Fenstern waren immer unten. Er setzte sich an den Schreibtisch, nahm einen kleinen Schlüssel aus seiner Brieftasche und steckte ihn ins Schloss der Schublade links unten. Die winzige Scheibe, die er herausnahm, war nur etwa halb so groß wie sein Daumennagel. Er wusste, was das war, auch wenn er es in der Form noch nie gesehen hatte. Unverständlich war nur, warum sein Sicherheitsteam die Wanze übersehen hatte.
Er hatte sie vor zehn Tagen durch puren Zufall entdeckt. Er hatte es sehr eilig gehabt und sich noch schnell eine Mappe vom Schreibtisch geschnappt, die ein Kurier abgeliefert hatte. Dabei hatte er den gläsernen Eiffelturm umgestoßen, den Amanda ihm geschenkt hatte, als sie zum ersten Mal in Paris waren. Für ihn war er ein wertvolles Erinnerungsstück, durch das ihm Amanda auch nach ihrem Tod irgendwie nahe war. An den vier Füßen des Turms klebten Filzplättchen, doch als er ihn umstieß, sah er, dass ein Filzstück durch diese merkwürdige und beängstigende Wanze ersetzt worden war.
Zwei Möglichkeiten waren ihm sofort durch den Kopf gegangen. Die erste war, dass einer seiner Sicherheitsleute die Wanze hier platziert hatte und beim Routinecheck absichtlich übersah. Sein zweiter Gedanke war, dass dieses Ding technisch dermaßen hoch entwickelt war, dass es auf elektronischem Weg nicht aufgespürt werden konnte. Keine der beiden Möglichkeiten war besonders beruhigend, doch die zweite bereitete ihm noch um einiges mehr Kopfzerbrechen. Sie bedeutete, dass eine unbekannte Macht über Überwachungsausrüstung verfügte, die jener der Vereinigten Staaten überlegen war. Er hatte diskrete Nachforschungen angestellt und sich dabei von Leuten im Geheimdienstwesen helfen lassen, die ihm noch einen Gefallen schuldeten und die vielleicht herausfinden konnten, ob in Regierungskreisen jemand gegen ihn arbeitete. Doch bis jetzt deutete nichts darauf hin.
Er starrte auf die Wanze hinunter, ein graugrünes Ding, das sich kaum von den Filzplättchen unterschied, auf denen Amandas Geschenk stand. Er hatte die Wanze absichtlich nicht vernichtet oder beseitigt, sondern sie auf seinem Schreibtisch gelassen, während er irgendwelche belanglosen Gespräche führte. Die Leute, die ihn belauschten, sollten nicht wissen, dass er das Ding entdeckt hatte. Diese Wanze war der Grund für das komplexe Kommunikationssystem, das er sich für den Austausch mit Peter Marks ausgedacht hatte. Er legte sie zurück in die Schublade und schloss ab.
Hendricks schaltete seinen Laptop ein und loggte sich auf dem Regierungsserver ein, auf dem sich seine Dateien befanden. Rasch öffnete er die verschlüsselte Datei und stellte erfreut fest, dass Peter das System geknackt hatte. Er hatte in der Datei alles deponiert, was er bisher in Erfahrung gebracht hatte. Demnach war Fitz im Frühling 1968 bei einer regionalen Konferenz in Katar als Berater für El-Gabal Mining in Erscheinung getreten, ein inzwischen aufgelöstes Unternehmen, das von der Regierung kontrolliert worden war. Besonders interessant fand Marks – und Hendricks ebenso –, dass Fitz El-Gabal nicht in seinem Lebenslauf erwähnte.
In Anbetracht seiner Nachforschungen war es vielleicht doch nicht so überraschend, dass sich Marks bisher nicht gemeldet hatte. Falls er noch mehr über Fitz herausgefunden hatte, war er vielleicht nach dem Mordanschlag untergetaucht, um der Sache selbst nachzugehen. Vielleicht war er mit Soraya in Kontakt getreten. Hendricks rief sie auf ihrem Handy an, doch auch dort meldete sich niemand. Er nahm sein Handy, ging ins Badezimmer hinüber und drehte den Wasserhahn und die Dusche auf.
In Paris war es kurz nach neun Uhr abends, deshalb rief er Jacques Robbinet zu Hause an. Von seiner Frau erfuhr er, dass Robbinet noch im Büro war. Offenbar hatte es einen Vorfall von internationaler Tragweite gegeben, um den er sich kümmern musste. Zunehmend beunruhigt rief Hendricks in Robbinets Büro an. Während er weiterverbunden wurde, blickte er aus dem Badezimmer in sein leeres Haus und wünschte sich einmal mehr, Amanda in einem der Zimmer zu hören, wie sie irgendwo herumhantierte, vielleicht die Schränke ausräumte und putzte, was sie besonders gern gemacht hatte. Es war
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