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Der Bourne Befehl

Der Bourne Befehl

Titel: Der Bourne Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Eric Van Lustbader
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begegneten. Doch wenn sie dann zu diskutieren begannen, war sofort wieder dieser scharfe, unerbittliche Ton da – die Gereiztheit zweier Schwestern, die sich liebten, aber keine gemeinsame Basis finden konnten. Gegen Ende ihrer gemeinsamen Zeit war es in den Auseinandersetzungen vor allem um ihren Vater gegangen. Ihre Erinnerungen an ihn waren so unterschiedlich, als handelte es sich um zwei verschiedene Personen. Der ständige Streit machte sie nicht nur wütend, sondern auch traurig.
    Unter den Klängen des Walkürenritts drehte sie sich um und blickte widerwillig auf das Mobiltelefon auf dem Nachttisch. Sie wusste, wer anrief. Benjamin El-Arian war der Einzige, der die Nummer hatte.
    Sie rieb sich die Augen, um ganz wach zu werden, und ignorierte den Anruf. Sie betrachtete die abendlichen Schatten an der Zimmerdecke, bis das Handy verstummte und die Walküren aufhörten zu reiten. In der unheimlichen Stille dachte sie an Benjamin. Es war ihr selbst ein Rätsel, wie sie sich jemals zu ihm hingezogen gefühlt haben konnte. Er schien fast zu einem anderen Leben zu gehören, das nichts mit dem ihren zu tun hatte.
    Amerika hatte sie verändert. Sie hatte schon viele Länder bereist, aber in den Vereinigten Staaten war sie noch nie gewesen. Benjamin hatte Amerika stets als verdorben und böse hingestellt – ein Land, das nach einer Serie von diplomatischen und militärischen Niederlagen schwach geworden war. Sie hatte keine eigenen Erfahrungen, mit denen sie seine Behauptungen hätte vergleichen können. Doch nachdem sie das Land jetzt ein wenig kennengelernt und etwas Zeit mit Christopher verbracht hatte, erschien ihr Amerika keineswegs schwach und verdorben, sondern dynamisch und vital, voll spannender und widerstrebender Ideen und Meinungen. Ihr Eindruck war, kurz gesagt, sehr positiv.
    Diese Erfahrung ließ sie erkennen, wie hohl und leer Benjamins antiamerikanische Tiraden in Wirklichkeit waren. Sie hatte ihm auch früher nur deshalb recht gegeben, um an ihn heranzukommen. Doch erst jetzt, da sie persönlichen Kontakt zu seinem erbitterten Feind hatte, wurde ihr so richtig bewusst, wie sehr er im Irrtum war.
    Sie hatte so viel Zeit mit ihm verbracht und wusste trotzdem nicht, ob er seine extremistischen Ansichten stets vor den anderen Verantwortlichen der Domna verborgen hatte, bis er in diese Machtposition kam, oder ob er erst später von Abdul-Qahaar beeinflusst worden war.
    Sie verachtete den Führer der Moschee, der von einem so tiefen Hass getrieben war, dass für ihn auch nicht der kleinste Kompromiss infrage kam. Wenn es so etwas wie das absolute Böse in der Welt gab, dann musste es von einem solchen Hass genährt werden.
    Zuerst hatte sie nicht verstanden, wie es zu dieser Allianz zwischen den beiden Männern hatte kommen können, doch nach und nach wurde ihr klar, dass Benjamin Abdul-Qahaar dazu benutzte, seine Macht zu festigen und die Abteilungsdirektoren in Schach zu halten. Sie hatte mit eigenen Augen gesehen, wozu Abdul-Qahaar fähig war, als einer der Direktoren es wagte, sich El-Arian öffentlich zu widersetzen. Seine Leiche war ein so entsetzlicher Anblick gewesen, dass sie sich aus reiner Selbsterhaltung einredete, es sei nur ein Albtraum gewesen. Von allen Direktoren war Jalal Essai der einzige, der seine abweichende Haltung offen gezeigt und überlebt hatte. Abdul-Qahaars Schlächter hatten ihn noch nicht zum Schweigen bringen können – deshalb hatte El-Arian nun Marlon Etana losgeschickt, um Essai endgültig auszuschalten.
    Ihr war sehr wohl bewusst, auf was für ein gefährliches Spiel sie sich mit Benjamin eingelassen hatte, doch sie war fest entschlossen, ihren Weg weiterzugehen. Sie wusste, dass El-Arian es amüsant fand, sie – die Tochter von Christien Norén – unter seiner Kontrolle zu haben. Sie hatte sich gut überlegt, wie sie vorgehen würde, und bot ihm genau das, was er wollte: jemanden, der ihm, ohne zu zögern, gehorchte. Ihr Vater hatte die Domna verraten und heimlich für eine andere Organisation gearbeitet – eine Sünde, die Benjamin niemals vergeben würde. Sie wusste, dass er sie eines Tages für Christien Norén bezahlen lassen würde – es kam darauf an, zu verschwinden, bevor es dazu kam.
    Es überraschte sie selbst, dass sie sich ausgerechnet hier in Amerika sicher fühlte. Es war nicht der Luxus, der sie ansprach – nein, sie hatte genug Luxus in Paris gehabt. Es war die Freiheit, zu sagen, was sie dachte, und einfach sie selbst zu sein, ohne Angst haben zu

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