Der Bourne Betrug
versuchte noch, ihr Gewicht nach vorn zu verlagern, aber die Saugkraft des zerbröckelnden Bodens zog sie nach hinten und unten. Um das Gleichgewicht zu bewahren, warf sie die Arme nach vorn, aber das genügte nicht. Sie steckte bereits bis über die Knie im Schlamm. Sie begann zu kämpfen.
Jäh aufflammendes Licht zeigte ihr Einzelheiten des Tunnels. Ein schwarzer Klumpen wurde zu einer vertrauten Gestalt: zu einem ukrainischen Polizeibeamten, der aus ihrer Perspektive riesig wirkte.
Als er sie sah, machte er groÃe Augen und zog seinen Revolver.
Â
Pünktlich um 10.45 Uhr erinnerte Karim al-Jamils Computerterminal ihn durch ein dezentes Klingelzeichen daran, dass der DCI ihn in einer Viertelstunde zum zweiten ihrer täglich dreimal stattfindenden Informationsgespräche erwartete. Das machte ihm weniger Sorgen als das geheimnisvolle Verschwinden von Matthew Lerner. Er hatte den Alten danach gefragt, aber der Hundesohn hatte nur gesagt, Lerner sei »mit einem Auftrag« unterwegs. Das konnte alles Mögliche bedeuten.
Wie alle erfolgreichen Intriganten hatte Karim al-Jamil eine Abneigung gegen Rätsel â so auch im Fall Lerner. Nicht einmal Anne wusste, wo der Mann war, was ebenfalls höchst merkwürdig war. Normalerweise hätte sie Lerners Reise persönlich gebucht. Der DCI führte irgendwas im Schilde. Karim al-Jamil konnte nicht einmal ausschlieÃen, dass Lerners plötzliches
Verschwinden etwas mit Anne zu tun hatte. Um das möglichst rasch festzustellen, musste er sich den DCI selbst vorknöpfen.
Wieder das Klingelzeichen: Er musste gehen. Er raffte die Ãbersetzungen des vom Typhon-Team abgehörten Funkverkehrs der Dujja zusammen und nahm noch ein paar neue Meldungen mit, als er sein Büro verlieÃ. Die las er im Aufzug durch, der ihn in die Bürosuite des Alten hinaufbrachte.
Anne, die in ihrer gewohnten steifen Pose hinter ihrem Schreibtisch saÃ, erwartete ihn schon. Ihre Augen leuchteten eine Zehntelsekunde lang auf, als er hereinkam. Dann sagte sie: »Der DCI erwartet Sie.«
Karim al-Jamil nickte wortlos, ging rasch an ihr vorbei. Sie betätigte den Türöffner, der ihn in das riesige Eckbüro einlieÃ. Der DCI telefonierte noch, aber er winkte Karim al-Jamil herein.
»Richtig. Für alle Stationen gilt weiter höchste Alarmbereitschaft.«
Offenbar telefonierte er mit dem Leiter der Hauptverwaltung Beschaffung.
»Der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde ist seit gestern Morgen informiert«, fuhr der DCI fort, nachdem er einige Augenblicke lang zugehört hatte. »Sein Personal steht bereit, uns zu unterstützen ⦠Ja ⦠Das Hauptproblem dürfte sein, Homeland Security davon abzuhalten, alles zu vermasseln ⦠Nein, vorläufig halten wir diese Sache streng geheim. Wir wollen auf keinen Fall, dass die Medien die Bevölkerung in Panik versetzen.« Er nickte. »Also gut. Halten Sie mich Tag und Nacht auf dem Laufenden.«
Er legte auf und bot Karim al-Jamil mit einer Handbewegung den Besuchersessel an. »Was haben Sie für mich?«
»Endlich einen Durchbruch.« Karim al-Jamil legte ihm eine der Ãbersetzungen hin, die er zuletzt noch mitgenommen
hatte. »Aus dem Jemen kommt ungewöhnlich starker Funkverkehr mit der Signatur der Dujja.«
Der Alte nickte, während er die Meldung studierte. »Vor allem im Schabwah im Süden, wie ich sehe.«
»Schabwah ist gebirgig, dünn besiedelt«, stellte Karim al-Jamil fest. »Ideal für den Bau einer unterirdischen Anreicherungsanlage.«
»Genau!«, sagte der DCI. »Wir schicken sofort ein paar Scorpion-Einheiten hin. Aber dieses Mal mit Unterstützung vom Boden aus.« Er griff wieder nach dem Telefonhörer. »In Dschibuti sind zwei Bataillone Marineinfanterie stationiert. Ich sorge dafür, dass eine ganze Kompanie abgestellt wird, die unseren Einsatz unterstützt.« Seine Augen blitzten. »Gut gemacht, Martin! Vielleicht verdanken wir Ihren Leuten die Chance, diesen Albtraum im Keim zu ersticken.«
»Danke, Sir.«
Karim al-Jamil lächelte. Der Alte hätte recht gehabt, wären die Ergebnisse ihrer Funkaufklärung nicht gezielte Desinformation gewesen, die seine Leute in den Ãther geschickt hatten. Obwohl es in der Wildnis der Schabwah tatsächlich ausgezeichnete Verstecke gegeben hätte â die sein Bruder und er einmal ernsthaft erwogen
Weitere Kostenlose Bücher