Der Bourne Betrug
nächsten Augenblick huschte ein schwacher Lichtschein durch die Katakomben hinter ihr und erlosch wieder. Jemand war ihr auf der Spur! Das kurz aufflammende Licht half Soraya, sich zu orientieren. Sie flitzte nach rechts in einen Tunnel. Schwärze, die Geräusche ihrer Verfolger für den Augenblick gedämpft.
Ihre rechte Stiefelspitze prallte gegen ein Hindernis. Sie stolperte und fiel auf alle viere nach vorn. Dabei merkte sie,
dass der Boden vor ihr ungleichmäÃig anstieg, und spürte, wie ihre Magennerven sich verkrampften. Das konnte nur einen weiteren Bergsturz bedeuten. Aber wie umfangreich war er? Sie musste es riskieren, ihre Stablampe wenigstens ein, zwei Sekunden lang einzuschalten.
AnschlieÃend kletterte sie über den Geröllberg und hetzte weiter. Von ihren Verfolgern war nichts mehr zu hören. Vielleicht hatte sie die Polizei tatsächlich abgehängt, aber darauf durfte sie sich nicht verlassen.
Soraya stürmte weiter, verausgabte sich dabei. Sie bog um die zweite scharfe Kurve, dann um die dritte. Ungefähr einen Kilometer von hier lag der Ausgang, zu dem sie wollte. Wenn sie ihn ungesehen erreichte, konnte ihr nicht mehr viel passieren.
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Fadi erfuhr, dass die Polizeibeamten Bourne nicht nur entdeckt, sondern auch auf ihn geschossen hatten. Ohne auf Kowes Beschwichtigungsversuch einzugehen, schlug er dem Mann, der geschossen hatte, so heftig ins Gesicht, dass er Nasenbluten bekam. Der Leutnant stand mit hochrotem Kopf daneben, biss sich auf die Unterlippe. Er sagte nichts, auch als Fadi sie wieder antrieb. Einige hundert Meter weiter entdeckte Fadi im Licht der Handscheinwerfer einen von Blut glänzenden Steinsplitter. Er hob ihn auf, hielt ihn in seiner Faust umklammert und fasste neuen Mut.
Aber er wusste auch, dass es hier in den Tiefen des Höhlensystems zwecklos war, den Flüchtenden als Gruppe zu verfolgen. Er wandte sich an Kowe und erklärte ihm: »Je länger er in den Katakomben bleibt, desto bessere Chancen hat er, uns zu entwischen. Lassen Sie die Männer einzeln ausschwärmen, als hätten sie auf feindlichem Gebiet einen Wald zu durchkämmen.«
Fadi konnte sehen, dass Kowes Leute rasch den Mut verloren
⦠und dass diese Mutlosigkeit auch ihren Vorgesetzten erfasste. Konnte er sie nicht schleunigst antreiben, bestand die Gefahr, dass sie den Befehl verweigerten.
Er trat dicht an Kowe heran, flüsterte dem Leutnant ins Ohr: »Wir verlieren das Rennen gegen die Uhr. Geben Sie sofort den Befehl, sonst tue ichâs.«
Kowe zuckte zusammen, als habe er eine unter Strom stehende Leitung berührt. Er trat einen Schritt zurück, fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Einen Augenblick lang schien er von Fadi wie hypnotisiert zu sein. SchlieÃlich wandte er sich mit einem kleinen Erschauern an seine Männer und befahl ihnen, einzeln in die Gänge und Tunnels auszuschwärmen, die vor ihnen lagen.
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Soraya spürte die Nähe einer Abzweigung. Ein frischer Lufthauch streifte ihr erhitztes Gesicht: der Ausgang. Hinter ihr lag nur Dunkelheit. Hier war es im Tunnel sehr feucht. Ãberall roch es nach Fäulnis, weil von der Decke tropfendes Wasser die Erde und das Holz allmählich zersetzte. Sie riskierte es nochmals, ihre Stablampe kurz einzuschalten. Das aufblitzende Licht zeigte ihr keine zwanzig Meter entfernt die Weggabelung, an der sie sich links halten musste.
Im nächsten Augenblick suchte ein Lichtfinger den Tunnel hinter ihr ab. Soraya knipste hastig ihr Licht aus. Ihr Herz jagte, und sie fühlte ihren Puls in den Schläfen. Hatte ihr Verfolger den Lichtschein gesehen? Wusste er nun, dass sie vor ihm war? Sie musste weiter, aber sie durfte Dr. Pawlyna auf keinen Fall kompromittieren. Für die CI weiterarbeiten konnte die Ãrztin nur, wenn sie nicht enttarnt wurde.
Soraya blieb stehen, drehte sich in die Richtung um, aus der sie gekommen war. Der Lichtschein war erloschen. Nein, da war er wieder â ein dünner Strahl in pechschwarzer Dunkelheit, jetzt weniger diffus. Dort kam tatsächlich jemand näher.
Sie wich langsam zurück, entfernte sich von ihrem Verfolger und bewegte sich vorsichtig auf die Abzweigung zu, ohne das auf und ab tanzende Licht aus den Augen zu lassen. Sie blieb weiter in Bewegung, während sie zu entscheiden versuchte, was sie tun sollte. Dann war es plötzlich zu spät.
Ihr Fuà brach durch den weichen Tunnelboden. Sie
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