Der Bourne Betrug
hatte, damit sein Bad in allen groÃen Reiseführern lobend erwähnt wurde. Von dem hamam konnte er gut leben, vor allem nach türkischen Begriffen. Aber seine Arbeit für Fadi hatte ihn zum mehrfachen Millionär gemacht.
Nesim Hatun, ein ausgesprochener Genussmensch, war unförmig dick und hatte ein grausames Geiergesicht. Ein Blick in seine schwarzen Augen genügte, um einen erkennen zu lassen, dass er Bosheit im Herzen trug â eine Bosheit, die Fadi erkannt, hervorgelockt und geschickt genährt hatte. Hatun hatte zahlreiche Ehefrauen gehabt, die jetzt alle tot waren oder im Exil auf dem Land lebten. Andererseits nahmen seine zwölf Kinder, die er liebte und denen er vertraute, ihm nur allzu gern die tägliche Arbeit im hamam ab. Hatun, dessen Herz einer geballten Faust glich, gefiel das. Und es war auch Fadi recht.
»Merhaba, habibi! «, begrüÃte er Muta ibn Aziz, als dieser über seine Schwelle trat. Er küsste den Gast auf beide Wangen und geleitete ihn durch die mit Mosaiken geschmückten öffentlichen Räume des Bads in den rückwärtigen Teil, der einen kleinen Garten umschloss, in dessen Mitte Hatuns kostbare Dattelpalme wuchs. Den Baum hatte er persönlich aus einer Karawanserei in der Sahara mitgebracht â damals noch als
Setzling, kaum länger als sein Zeigefinger. An diese eine Palme hatte Hatun mehr Aufmerksamkeit und Fürsorge vergeudet als an irgendeine seiner Ehefrauen.
Sie setzten sich im Halbschatten auf kühle Steinbänke, während zwei von Hatuns Töchtern ihnen süÃen Tee und winzige Törtchen servierten.
AnschlieÃend brachte eines der Mädchen eine reich verzierte nargileh  â die traditionelle Wasserpfeife â, die sie gemeinsam rauchten.
Diese Rituale und die Zeit, die sie erforderten, waren ein notwendiger Bestandteil des Lebens im Orient. Sie dienten dazu, Freundschaften zu festigen, indem zwei Männer einander die Höflichkeit und den Respekt erwiesen, den man unter zivilisierten Menschen erwarten konnte. Noch heute gab es Männer wie Nesim Hatun, die an den alten Sitten und Gebräuchen festhielten, weil sie entschlossen waren, die Lampe der Tradition auch im Neonglanz des elektronischen Zeitalters brennend zu erhalten.
Zuletzt legte Hatun sein Mundstück der nargileh beiseite. »Du kommst aus groÃer Ferne, mein Freund.«
»Wie du selbst weiÃt, sind die ältesten Kommunikationsformen manchmal die sichersten.«
»Ja, ich verstehe«, sagte Hatun nickend. »Ich selbst benütze jeden Tag ein anderes Mobiltelefon und drücke mich absichtlich schwammig aus.«
»Wir haben nichts mehr von Jewgeni Fejodowitsch gehört.«
Hatun zog die Augenbrauen hoch. »Bourne hat Odessa überlebt?«
»Das wissen wir nicht. Aber Jewgeni Fejodowitschs Schweigen ist beunruhigend. Fadi ist verständlicherweise unglücklich.«
Nesim Hatun breitete seine Hände aus. Sie waren überraschend klein, die Finger zart wie die eines Mädchens. »Das bin
ich auch. Du kannst versichert sein, dass ich mich persönlich um Jewgeni Fejodowitsch kümmern werde.«
Muta ibn Aziz nickte zustimmend. »Bis dahin müssen wir annehmen, dass sein Wissen in unrechte Hände geraten ist.«
Hatun überlegte einen Augenblick. »Dieser Bourne ist angeblich das reinste Chamäleon. Falls er noch lebt, falls er hier aufkreuzt ⦠woher weià ich, dass erâs ist?«
»Fadi hat ihm seinen Dolch in die linke Seite gestoÃen. Diese Verletzung kann noch nicht geheilt sein. Und falls er hier aufkreuzt, dürfte er bald kommen, vielleicht sogar noch heute.«
Nesim Hatun spürte die Nervosität des Boten. Die Verwirklichung von Fadis Plan muss unmittelbar bevorstehen , sagte er sich.
Sie standen auf und gingen schweigend durch die Privaträume, die so luxuriös wie der Garten waren.
»Ich bleibe heute und die Nacht über hier. Ist Bourne bis dahin nicht aufgekreuzt, kommt er nicht mehr. Sollte er doch noch kommen, wärâs zu spät.«
Hatun nickte wortlos. Es stimmte also. Fadis Angriff auf die Vereinigten Staaten stand unmittelbar bevor.
Muta ibn Aziz deutete nach drauÃen. »Am Ende des Gartens steht ein Wandschirm. Dahinter verstecke ich mich. Sollte Bourne kommen, wird er dich sprechen wollen. Das wirst du zulassen, aber mitten im Gespräch lasse ich dich von einem deiner Söhne holen, und dann reden wir
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