Der Bourne Betrug
die beiden vor einer Frau namens Anne Held gewarnt. Aber sie hätte ganz sicher mit ihrer besten Freundin reden wollen. Anne wollte schon Kim Lovett selbst anrufen, aber sie überlegte es sich doch anders. Stattdessen nahm sie sich nach Dienstschluss ein Taxi, das sie zum Dienstgebäude der Brandfahndung an der Ecke Vermont Avenue und 11 th Street brachte.
Dort fragte sie sich zu Kims Labor durch und trat ein.
»Ich bin Anne Held«, sagte sie. »Soraya ist eine Kollegin von mir.«
Kim stand von ihrer Arbeit auf: zwei Metalltabletts mit
Asche, ausgeglühten Knochenstückchen und angekohlten Stofffetzen. Sie reckte sich wie eine Katze, streifte ihre Latexhandschuhe ab und streckte Anne die Hand zu einem kräftigen Händedruck hin.
»Also«, sagte Kim, »was führt Sie in unseren Gruselpalast?«
»Nun, tatsächlich gehtâs um Soraya.«
Kim war augenblicklich besorgt. »Ist ihr irgendwas zugestoÃen?«
»Das versuche ich eben herauszubekommen. Haben Sie vielleicht von ihr gehört?«
Kim schüttelte den Kopf. »Aber das ist nicht ungewöhnlich.« Sie überlegte kurz. »Das hat vielleicht nichts zu besagen, aber vor ungefähr zwei Wochen hat sich ein Kriminalbeamter für sie interessiert. Die beiden haben sich hier im Labor kennengelernt. Er wollte, dass sie ihn zu irgendwelchen Ermittlungen mitnahm, aber Soraya hat Nein gesagt. Ich hatte allerdings das Gefühl, er interessiere sich nicht nur beruflich für sie.«
»Können Sie mir das genaue Datum und den Namen des Kriminalbeamten sagen?«
Kim nannte ihr das Datum. »Und seinen Namen habe ich mir irgendwo notiert.« Sie wühlte mehrere Stapel von Schnellheftern durch. »Ah, da haben wir ihn!«, sagte sie und zog ein Blatt Papier heraus. »Detective William Overton.«
Â
Wie klein die Welt ist , dachte Anne, als sie das Gebäude der Brandfahndung verlieÃ. Der Cop, der sie beschattet hatte, war auch hinter Soraya her gewesen. Jetzt war er natürlich tot, aber vielleicht konnte er ihr trotzdem noch sagen, wo sie Soraya finden konnte.
Anne telefonierte mit ihrem Handy und bekam rasch Detective Willam Overtons Revier, seine Adresse und den Namen
seines Chefs heraus. Dort legte sie ihren Dienstausweis vor und erklärte dem Sergeanten vom Dienst, sie müsse Captain Morrell wegen einer dringenden Angelegenheit sprechen. Als er wie erwartet mauerte, brachte sie den DCI ins Spiel. Der Sergeant griff nach dem Telefonhörer. Fünf Minuten später führte ein junger Uniformierter sie in Morrells Eckbüro.
Der Captain schickte den jungen Beamten weg, bot Anne einen Besuchersessel an und schloss die Tür. »Was kann ich für Sie tun, Ms. Held?« Er war ein kleiner Mann mit schütterem Haar, einem buschigen Schnauzbart und Augen, die zu viele Verbrechen gesehen hatten. »Mein Sergeant sagt, die Angelegenheit sei ziemlich dringend.«
Anne kam sofort zur Sache. »Die CI ermittelt wegen des Verschwindens von Detective Overton.«
»Bill Overton? Mein Bill Overton?«, fragte Captain Morrell verständnislos. »Aber warum �«
»Es geht um Fragen der nationalen Sicherheit«, sagte Anne und gebrauchte damit ein Argument, dem heutzutage niemand mehr zu widersprechen wagte. »Ich muss sein Diensttagebuch vom vergangenen Monat und sein persönliches Eigentum sehen.«
»Klar. Natürlich.« Er stand auf. »Die Ermittlungen gehen weiter, deshalb haben wir alles hier.«
»Wir halten Sie ständig auf dem Laufenden, Captain«, versicherte sie ihm.
»Dafür wäre ich Ihnen dankbar.« Er öffnete die Tür und plärrte »Ritchie!« auf den Korridor hinaus. Der junge Uniformierte von vorhin meldete sich zur Stelle. »Ritchie, legen Sie Ms. Held Overtons persönliches Eigentum vor.«
»Ja, Sir.« Ritchie wandte sich an Anne. »Kommen Sie bitte mit, Maâam?«
Maâam. Gott, wie alt sie sich plötzlich fühlte!
Er führte sie den Korridor entlang und eine Stahltreppe
in einen Kellerraum hinunter, der durch ein engmaschiges Drahtgitter mit einer zugeschlossenen Tür abgetrennt war. Diese Tür sperrte er auf und begleitete Anne durch einen Gang zwischen nüchternen Stahlregalen, in denen alphabetisch geordnete Kartons mit maschinengeschriebenen Etiketten standen.
Zwei dieser Boxen nahm er mit und stellte sie auf einen Tisch an der Rückwand des Kellerraums.
Weitere Kostenlose Bücher