Der Bourne Betrug
klappte sie hoch, sobald er an Bord war. Er ging durch die Kabine ins Cockpit. Mit der Cessna-Baureihe Citation kannte er sich aus. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 825 Kilometern hatte die Sovereign eine Reichweite von über 4500 Kilometern.
Er glitt auf den Pilotensitz, betätigte Schalter und kontrollierte die Anzeigen der Instrumente, während er die lange Checkliste abarbeitete. Alles war in bester Ordnung.
Zuletzt löste er die Bremse und schob die Leistungshebel nach vorn. Die Sovereign reagierte sofort. Die Maschine raste schneller werdend die Startbahn hinunter. Sie hoben ab und stiegen steil in den schwarzen, mit Sternen besetzten Nachthimmel auf und lieÃen das Goldene Horn â das Tor nach Asien â hinter sich.
KAPITEL DREISSIG
»Wieso tun sie das?«, fragte Martin Lindros in akzentfreiem Russisch.
In dem kleinen Krankenrevier von Miran Schah liegend, sah er in das geschwollene und verfärbte Gesicht von Katja Stepanowa Wdowa auf.
»Wieso tun sie was?«, fragte Dr. Veintrops schöne junge Frau ohne groÃes Interesse, während sie die Hautabschürfungen an seinem Hals ziemlich ungekonnt versorgte. Und das, obwohl sie eine Ausbildung zur Arzthelferin gemacht hatte, seit Veintrop ihr verboten hatte, weiter als Perfect Ten Model zu arbeiten.
»Die hiesigen Doktoren: Ihr Mann, Senarz, Andurskij. Wieso sind sie in Fadis Dienste getreten?« Als er den Chirurgen Andurskij erwähnte, der ihm ein Auge geraubt und es Karim al-Jamil eingesetzt hatte, fragte Lindros sich: Warum versorgt nicht er mich statt dieser ungeschickten Amateurin? Er hatte sich diese Frage kaum gestellt, als er schon die Antwort wusste: Fadi und sein Bruder hatten keine weitere Verwendung für ihn.
»Sie sind Menschen«, sagte Katja. »Das bedeutet, dass sie schwach sind. Fadi spürt ihre Schwächen auf und nutzt sie zu seinem Vorteil. Bei Senarz istâs Geld. Bei Andurskij sind es hübsche Jungen.«
»Und bei Veintrop?«
Sie verzog das Gesicht. »Ah, mein Mann ⦠Er bildet sich
ein, edel zu sein und nur unter Zwang für die Dujja zu arbeiten, weil Fadi mir sonst etwas antun lieÃe. Aber er macht sich selbst etwas vor. In Wirklichkeit tut erâs, um seinen Stolz zurückzugewinnen. Fadis Bruder hat ihn zu Unrecht beschuldigt und fristlos entlassen. Aber mein Mann muss arbeiten. Das ist seine Schwäche.«
Katja sank auf den Hocker neben dem Untersuchungstisch. »Glauben Sie, dass ich nicht weiÃ, wie ungeeignet ich für diese Arbeit bin? Aber Costin besteht darauf â was bleibt mir also anderes übrig?«
»Sie haben die Wahl, Katja. Jeder hat sie. Man muss sie nur erkennen.« Er sah zu den beiden Bewaffneten hinüber, die an der Tür des Krankenreviers Wache hielten und leise miteinander sprachen. »Wollen Sie nicht hier raus?«
»Und was ist mit Costin?«
»Veintrop ist mit der Arbeit für Fadi fertig. Eine clevere Frau wie Sie sollte erkennen, dass er jetzt eine Belastung ist.«
»Das ist nicht wahr!«, sagte sie.
»Katja, wir alle besitzen die Fähigkeit, uns selbst zu täuschen. Dadurch geraten wir in Schwierigkeiten. Das beste Beispiel dafür ist Ihr Mann.«
Sie saà unbeweglich da, starrte Lindros mit eigenartigem Blick an.
»Und wir alle besitzen die Fähigkeit, uns zu ändern, Katja. Wir brauchen uns nur zu überlegen, was wir tun müssen, um weiterexistieren, um überleben zu können.«
Sie sah kurz weg, wie es Leute tun, wenn sie Angst haben, wenn sie Ermutigung brauchen, weil ihr Entschluss eigentlich schon feststeht.
»Wer hat Ihnen das angetan, Kaja?«, fragte er leise.
Als sie ihn wieder ansah, las er namenlose Angst in ihrem Blick. »Fadi. Fadi und einer seiner Männer. Damit Costin den Atomsprengkörper ohne Verzögerung fertigstellt.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Lindros. »Es hätte reichen müssen, wenn Veintrop gewusst hätte, dass Fadi Sie in seiner Gewalt hat.«
Sie biss sich auf die Unterlippe, konzentrierte sich darauf, ihm einen Verband anzulegen. Als sie fertig war, stand sie wortlos auf.
»Katja, wieso antworten Sie mir nicht?«
Sie sah sich nicht um, als sie das Krankenrevier verlieÃ.
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Anne Held, die in kaltem Regen an der Ecke 8 th Street und L Street NE stand, spürte die kompakte Smith & Wesson J-frame in der rechten Tasche ihres Trenchcoats wie eine schreckliche
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