Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
würde.«
Bourne scrollte noch einmal durch Marthas Informationen zu etwas, das ihm zuvor aufgefallen war. »Da!«, sagte er schließlich mit ausgestrecktem Zeigefinger. »Tom Bricks Beteiligung.« Er wandte sich Don Fernando zu. »Was kann Core Energy bei einem Geschäft mit Maceo Encarnación und den Chinesen gewinnen?«
Don Fernando überlegte einen Augenblick. »Kommt drauf an, was die Chinesen kaufen.«
»Es hat auf jeden Fall mit Energie zu tun«, meinte Bourne. »Verstehst du? Energie ist das, was diese Leute miteinander verbindet.«
»Ja. Bei dem enormen Wirtschaftswachstum und der großen Bevölkerung ist China ständig auf der Suche nach neuen Energiequellen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Core Energy an derselben Technologie interessiert ist, hinter der die Chinesen her sind.« Er schüttelte den Kopf. »Aber Maceo Encarnación?«
»Die Troika ergibt nur einen Sinn, wenn Encarnación und Core Energy irgendwie zusammenarbeiten.«
»Was? Aber davon müssten wir doch wissen, Christien und ich.«
»Wirklich?«
»Wir behalten Encarnación und Core Energy ständig im Auge, Jason. Wir haben keine Geldflüsse zwischen den beiden entdeckt.«
»Wenn sie es geschickt angestellt haben, gibt es auch keine direkten Geldflüsse. Core Energy hat genug Tochterfirmen weltweit, mit denen sich Finanztransaktionen leicht verbergen lassen.«
»Nicht vor uns«, beharrte Don Fernando. »Christien hat ein Programm entwickelt, das auch Strohfirmen und Holdinggesellschaften durchleuchtet. Ich sag dir, es gibt keine Geldflüsse.«
Bourne lachte. »Natürlich! Da kommen Encarnacións Drogenbarone ins Spiel. Sie besorgen in dem Geschäft eine Art umgekehrte Geldwäsche.«
»Umgekehrte Geldwäsche?«
Bourne nickte. »In diesem Fall wird nicht schmutziges Geld durch legale Geschäfte weißgewaschen. Brick und Encarnación tun das Gegenteil: Sie nehmen das legale Geld, das zwischen ihren Firmen fließt, und machen es über die Drogenbarone zu schmutzigem Geld, das nicht mehr aufzuspüren ist. Es fließt immer nur Bargeld hin und her. So schlau kann Christiens Programm gar nicht sein, dass es diese Transaktionen entdeckt. Das kann niemand.«
»Brillant.« Don Fernando strich sich mit der Hand über die Stirn. »Warum ist mir das nicht eingefallen?«
»Don Fernando«, fuhr Bourne fort, »die dreißig Millionen wandern in den Libanon. Dort will Maceo Encarnación ein großes Geschäft abschließen.«
Das Gesicht des älteren Mannes hellte sich auf. »Dann müssen wir so schnell wie möglich hin.«
Bourne sah ihn argwöhnisch an. »Wir gehen nirgendwohin, solange wir uns nicht um Nicodemo gekümmert haben. Du hast mit großem Aufwand deinen Tod inszeniert. Aber wenn Nicodemo vorhin hier bei dir war, dann hat er dich wahrscheinlich draußen gesehen. Encarnación weiß also, dass du lebst. Nicodemo wird nicht zulassen, dass du Paris lebend verlässt.«
»So viel kann schiefgehen.«
Minister Ouyang stand mit einer zarten durchscheinenden Teetasse in der Hand im großen Saal von Chonghuagong, dem Privatpalast von Qianlong, einem Kaiser der Qing-Dynastie, der in der Verbotenen Stadt begraben war. Nur wenigen war es gestattet, diese Räume zu betreten, die eine atemberaubende Sammlung von kostbaren Jadefiguren und historischen kalligrafischen Schriftrollen enthielten. Und nur Minister Ouyang und einige wenige Auserwählte durften sich zu so später Stunde hier aufhalten. Die Flammen der dicken gelben Kerzen warfen ein flackerndes, schimmerndes Licht auf all die Schätze der chinesischen Geschichte.
Die Frau, der Ouyang seine Sorge mitgeteilt hatte, lag wie eine Katze auf einem traditionellen Diwan, den man eigens zu diesem Zweck hereingestellt hatte, und betrachtete ihn mit ihren kaffeefarbenen Augen. Selbst in dieser Position war die Kraft in ihren langen Beinen nicht zu übersehen. In eine leuchtend orange Robe aus Shantungseide gehüllt, wirkte sie wie eine Sendbotin der Sonne. »Wenn du meinst, Liebling, dann mach es so.«
Ouyang drehte sich so abrupt um, dass ihm der heiße Tee auf der Fingerspitze brannte. Er ignorierte den Schmerz und starrte seine Frau an. »Ich werde dich nie verstehen, Maricruz.«
Mit leicht gebeugtem Kopf, ein Auge von ihren dichten Haarkaskaden verhüllt, nahm sie das Kompliment in der distinguierten Art der chinesischen Oberschicht entgegen, der sie angehörte, seit sie vor zehn Jahren nach Peking gekommen war. »So soll es auch sein.«
Ouyang machte in seiner traditionellen langen Robe einen
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