Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
schien nicht recht zu wissen, wie er es ausdrücken sollte. »Soraya, du hast mich angelogen.«
»Ich hab dir bloß nicht alles gesagt. Das ist nicht dasselbe.«
»Wenn wir uns nicht vertrauen, was hat es dann für einen Sinn zusammenzubleiben?«
»Oh, Peter.« Sie beugte sich zu ihm und küsste ihn auf die Wange. »Ich würde dir mein Leben anvertrauen. Es ist nur …« Ihr Blick schweifte einen Moment lang zur Seite. »Ich wollte einfach nicht, dass jemand von meiner Schwangerschaft erfährt. Ich dachte, es würde meine Position gefährden.«
»Hast du gedacht, ich würde es Hendricks sagen?«
»Nein, ich … ganz ehrlich, Peter, ich weiß auch nicht, was ich mir gedacht habe.« Sie fasste sich an ihren Kopfverband. »Wahrscheinlich konnte ich nicht mehr klar denken.«
Er nahm ihre Hand in seine, und sie saßen eine Weile da, schweigend und voller Emotionen. Draußen auf dem Gang schoben Krankenpfleger fahrbare Tragen, Schwestern eilten vorbei, Ärzte wurden ausgerufen. Das alles schien zu einer anderen Welt zu gehören, die nichts mit ihnen zu tun hatte.
»Ich will dir helfen«, sagte Soraya schließlich.
»Ich brauche keine Hilfe.«
Doch das war eine instinktive, reflexartige Reaktion, wie beiden bewusst war. Dieses geteilte Wissen schien das Eis zu brechen und sie einander wieder so nahezubringen wie früher, als sie wie Geschwister alles miteinander geteilt hatten.
Soraya beugte sich zu ihm und erklärte ihm den streng geheimen Auftrag, den Hendricks ihr übertragen hatte. »Hör zu, Peter«, schloss sie, »Charles ist tot, es ist vorbei, aber diese Liaison mit ihm war Hendricks’ Idee. Er ist damit zu mir gekommen, meinte, es wäre eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit, und ich hatte irgendwie das Gefühl … dass ich nicht Nein sagen konnte.«
»Er hätte das nicht von dir verlangen dürfen.«
»Ich hab schon mit ihm darüber gesprochen. Er weiß, dass er zu weit gegangen ist.«
»Trotzdem hat er’s getan«, beharrte Peter, »und er wird es wieder tun, das weißt du genauso gut wie ich.«
»Wahrscheinlich.«
»Was wirst du ihm beim nächsten Mal sagen?«
Sie legte die Hand auf ihren Bauch. »Ich muss jetzt an mein Kind denken. Das wird alles ändern.«
»Glaubst du?«
Ihr Blick schweifte zur Seite. »Du hast recht. Ich kann es nicht wissen.«
Er drückte ihre Hand. »Das kann keiner … egal wie die Umstände sind.«
Ein leises Lächeln erschien auf ihren Lippen. »Stimmt.« Sie beugte sich erneut zu ihm und umarmte ihn. »Es tut mir so leid, Peter.«
»Das braucht es nicht. Alles hat irgendeinen Sinn.«
Sie sah ihn erstaunt an. »Glaubst du das wirklich?«
Er lachte bitter. »Nein, aber es zu sagen hilft mir, nicht den Mut zu verlieren.«
Sie schaute ihm in die Augen. »Es wird ein langer Weg, egal was mit deinen Beinen passiert.«
»Das weiß ich.«
»Ich werde da sein.«
»Auch das weiß ich.« Er seufzte. »Sie werden meine psychische Eignung für den Dienst überprüfen.«
»Und wenn schon. Das tun sie bei mir auch. Wir sind für den Dienst geeignet, Peter. Ende der Debatte.«
Wieder saßen sie eine Weile schweigend beisammen. Eine Träne lief Peter über die Wange. »Verdammt«, sagte er, und Soraya drückte seine Hand.
»Erzähl mir was«, sagte er. »Irgendwas Positives.«
»Fangen wir mit Jason Bourne an«, sagte sie. »Er braucht unsere Hilfe.«
26
La Goulue war die erste der berühmten Cancan-Königinnen des Moulin Rouge gewesen. Jeden Abend betrat sie das Varieté-Theater über den gut verborgenen Entrée des artistes , eine kleine Treppe, die von einer schmuddeligen Seitengasse aus in den beliebten Amüsiertempel führte. Diese Treppe, über die viele Generationen von Tänzerinnen das Haus betreten hatten, war inzwischen durch einen modernen Bühneneingang ersetzt worden. Für Don Fernando war die alte Treppe jedoch immer noch sehr nützlich, wenn eines der Doriss Girls ihn hineinschmuggeln wollte, um sich hinter den Kulissen ein bisschen zu amüsieren.
Er rief sein aktuelles Doriss Girl, Cerise, an, die absolut zuverlässig war, wie er Bourne versicherte.
Kurz nach acht Uhr abends verließen sie Don Fernandos Wohnung am Quai de Bourbon. Ein Wagen mit Chauffeur von Don Fernandos bevorzugtem Chauffeurservice wartete bereits.
»Sag dem Fahrer, du hättest es dir anders überlegt«, schlug Bourne vor.
Nachdem Don Fernando den Wagen weggeschickt hatte, überquerten er und Bourne ungehindert die nahe gelegene Brücke.
»Ich sehe ihn nicht«, sagte
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