Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
tröstlich. Sie hakte sich bei ihm unter und ging mit ihm zum Ende der Landspitze. Tief unter ihnen schlug das Meer schäumend gegen den Kalksteinfels.
»Als kleines Mädchen stand ich oft hier«, erzählte sie. »Das Meer sah aus wie Glas, das an den Felsen zerbricht. Es erinnerte mich an meine Familie und machte mich traurig.«
»Darum bist du weggegangen.«
Sie nickte. Sie gingen zurück zum Wagen und fuhren langsam weg von der Küste und dem Leuchtturm. »Wie hast du es herausgefunden?«, fragte sie schließlich.
»Heutzutage lässt sich alles herausfinden«, sagte er lächelnd.
Sie schwieg. Es war unwichtig, wie er ihre Geschichte herausbekommen hatte. Es zählte allein, dass er es wusste. Was sie erstaunte: sie war nicht unglücklich darüber. Irgendwie, ohne dass sie ihn fragen musste, wusste sie, dass es ihr beider Geheimnis bleiben würde.
Sie blickte in die Landschaft hinaus, und wie ein Schläfer aus einem schönen Traum erwacht, wurde ihr plötzlich wieder klar, dass sie hier war, um ihn zu töten. Die Vorstellung erschien ihr nun absurd, und doch wusste sie, dass sie keine Wahl hatte. Es gab kein Zurück, wenn sie einen Auftrag von Maceo Encarnación übernommen hatte.
Sie tauchte aus ihren schweren Gedanken auf und sah, dass ihr der Teil von Gibraltar, durch den sie gerade fuhren, unbekannt war. Auf Seitenstraßen gelangten sie zu einer Parklandschaft mit Palmen und Zypressen. Martha ließ das getönte Fenster herunter, hörte das Rauschen der Palmwedel. Ein Schwarm Möwen flog im Sonnenlicht vorüber, während sie in eine Auffahrt einbogen, bis sie schließlich vor einem Säulenvorbau anhielten.
»Wo sind wir?«, fragte Martha.
Ohne ein Wort zu sagen, geleitete Don Fernando sie die Steintreppe hinauf, zwischen den Säulen hindurch zu einer hohen Mahagonitheke, hinter der eine junge Frau Anrufe entgegennahm und gleichzeitig an ihrem Computer tippte.
Eine Firma , dachte Martha. Vielleicht gehört sie ihm .
Don Fernando beugte sich vor und reichte der Frau ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Sie faltete es auseinander, als wäre es ein wichtiges Dokument, und betrachtete es mit ihren klaren Augen, ehe sie kurz zu Don Fernando und Martha Christiana aufblickte. Sie griff nach dem Telefon und sprach ein paar Worte. Dann nickte sie ihnen zu und deutete lächelnd auf eine Doppelpendeltür.
Dahinter erwartete sie eine freundliche ältere Frau in Schwesterntracht. Sie führte die beiden durch einen breiten, mit einem dicken Teppich ausgelegten Gang mit mehreren verschlossenen Türen, zwischen denen Fotos von Gibraltar im Wandel der Zeit hingen. Das Einzige, was sich nicht verändert hatte, war der uralte Felsen.
Die Frau blieb schließlich vor einer Tür stehen. »Nehmen Sie sich ruhig so viel Zeit, wie Sie möchten«, sagte sie und zog sich zurück, ehe Martha fragen konnte, was das alles zu bedeuten hatte.
Don Fernando sah sie mit einem Ausdruck an, den sie nicht deuten konnte.
»Ich warte hier, falls du mich brauchst.«
So viele Fragen gingen ihr durch den Kopf, doch sie wusste augenblicklich, dass es keinen Sinn gehabt hätte, sie auszusprechen. Schließlich drückte sie die schwere Tür auf und trat ein.
»Wie kann es sein, dass sie uns suchen?«, fragte Rebekka. »Sie können doch nicht wissen, wie wir aussehen.«
»Trotzdem sind sie hier. Sie suchen jedenfalls nach den Leuten, die von der Baustelle geflüchtet sind.«
»Nach jemandem, der schuldig aussieht oder sich verdächtig benimmt.«
Bourne sah sie an. »Schlag mich.«
Sie sah ihn an und erkannte in seinen Augen, was er meinte. Sie beugte sich über den Tisch und gab ihm eine schallende Ohrfeige. »Du Mistkerl!«, rief sie und sprang auf.
Die Polizisten sahen sie an, ebenso wie alle anderen im Café, auch die Kellnerinnen, die wie erstarrt dastanden.
»Jetzt beruhig dich doch«, sagte Bourne laut.
»Ich soll mich beruhigen? Wie konntest du mir das antun! Mit meiner eigenen Schwester!«
Er stand auf und begann die nächste Szene des Schauspiels. »Beruhig dich, hab ich gesagt!«
»Du hast mir überhaupt nichts zu sagen!«, schleuderte sie ihm entgegen. »Du nicht!«
»Und ob!«, gab er zurück und packte sie am Handgelenk.
Rebekka wollte sich losreißen, doch er hielt sie fest. »Lass mich los, du Mistkerl!«
Das genügte den beiden Polizisten, um einzugreifen. »Sir«, sagte der Ältere, »die Dame will, dass Sie sie loslassen.«
»Halten Sie sich da raus«, knurrte Bourne.
»Haben Sie nicht gehört!«, warf der
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