Der Brand der Cheopspyramide
er stehen, überlegte einen Augenblick.
Er sah die beiden Frauen, bleich, zitternd, völlig erschöpft.
»Zur Hütte Joses! Hier den Pfad hinauf! Nur noch ein kurzer Weg, meine Damen. Eine knappe Viertelstunde, dann werden Sie Gelegenheit haben, sich auszuruhen.«
Endlich war die Hütte erreicht. Sie war leer. Es war anscheinend ein altes Zollhaus, das aber nicht mehr benutzt wurde. Der Anführer stieß die Tür auf. Zwei Räume zu ebener Erde. Sonst nichts! Darin ein Tisch, ein paar morsche Bänke als einzige Ausstattung.
»Wir werden hier über Nacht bleiben. Ich würde Ihnen gern einige Bequemlichkeiten zur Verfügung stellen, wenn ich sie nur hätte. Ich selbst werde mit meinen Leuten draußen kampieren.«
»Und Essen und Trinken?« Iversen fuhr ihm in den Weg. »Sie sehen, die Damen sind völlig erschöpft.«
»Wird sofort besorgt werden«, antwortete der Anführer in beinahe höflichem Tone. Er ging hinaus und kam auch bald mit einem anderen wieder, der auf den Tisch ein Abendessen hinstellte. Kalte Küche, aber mit auffälliger Sorgfalt zubereitet und zusammengestellt. Ein Krug frischen Quellwassers dazu.
*
Fürst Iraklis stand vor dem Kalifen.
»Ich komme soeben von Ibn Ezer.«
»Ich sehe es an Ihren Mienen, auch ihm ist es nicht gelungen, im ersten Ansturm den Apparat zu bezwingen. Ich habe es auch nicht erwartet.«
»Und doch ist die Meldung, die ich zu bringen habe, nicht ungünstig. Er hofft, in absehbarer Zeit wenigstens hinter das Geheimnis Montgomerys zu kommen.«
Der Kalif sprang auf.
»…absehbarer Zeit… Wochen… Monate… unerträglich dieses Warten auf unbestimmte Zeit.
Harder! Jolanthes Plan, die einzige Rettung, so abenteuerlich auch das ganze Unternehmen ist. Wäre es nicht Jolanthes Gedanke, ich würde mich kaum darauf eingelassen haben. Und doch wieder, wenn man den Plan scharf durchdenkt… vieles, was für den Erfolg spricht. Zumal Jolanthe selbst alles bis aufs kleinste geordnet.«
Eine Uhr schlug die sechste Stunde.
»Könnte schon Nachricht da sein?« fragte er den Fürsten.
»Es wäre möglich. Ich will selbst gehen.«
Abdurrhaman lehnte sich zurück, schloß die Augen.
Jolanthe! Welch ein Weib! Tag und Nacht seine Gedanken bei ihr seit jenem Abend im Madrider Schloß.
Schon seit der Zeit, da er sie zuerst gesehen, sie für ihn zu arbeiten begann, hatte sie sein ganzes Interesse gehabt. Ihre ungewöhnlichen Leistungen! Die Leidenschaft, mit der sie das gefährliche Spiel spielte. Maßloser Ehrgeiz, Machthunger, Freude am Außergewöhnlichen. Alles Eigenschaften des Mannes, der den Drang zu großen Taten in sich spürt. Nichts Weibliches schien in ihr zu sein. Kein Herz, das für Liebe empfänglich.
Es war ja auch unmöglich, wo sie alle Gefühle und Gedanken auf ihre Aufgaben konzentrieren mußte. Und wie sehr war sie doch von der Natur begnadet, Männerherzen zu entflammen. Alles schien doch in ihr vereinigt, was den Reiz des Weibes ausmacht.
Und dann… der Abend im Madrider Schloß. Niemals würde er das vergessen, was er sah. Wie sie vor ihm den innersten Schrein ihres Herzens geöffnet, ihre geheimsten Gedanken entblößt. Dagestanden, ganz Liebe, ganz Leidenschaft.
Da stob das Feuer zu seiner Seite, Funken um ihn sprühend. Der Bann gebrochen! Die Bezauberung gelöst… Und doch, er fühlte es in sich mit zwingender Gewißheit… ihrer beider Schicksal miteinander verknüpft mit unlösbaren Banden. Ein Weg für sie zu Sieg und Tod…
Fürst Iraklis trat in das Gemach. Mit frohem Gesicht, eine Depesche in der Hand.
»Darf ich lesen?« Der Kalif nickte. Der Fürst las.
»Auftrag ausgeführt. Auf spanischem Boden.« Abdurrhaman neigte das Haupt. Der erste Schritt gelungen! Das andere?… Jolanthes Hand. Sie versagte nie.
*
Kaum berührt standen die Speisen auf dem Tisch in der Zollhütte.
Der Überfall! Die Ungewißheit ihres Schicksals… Was würde der kommende Tag bringen?… Waren sie in Räuberhand?… Lösegeld von ihnen zu erpressen? Welche Gefahren noch, die ihnen drohten?
Immer wieder hatten Harder und Iversen den Frauen Mut zugesprochen, sie mit baldiger Befreiung zu trösten versucht. Nur schlecht war es ihnen gelungen. Glaubten sie selbst doch nicht fest daran. Bis endlich Harder Mette und Modeste zwang, sich auf diesem schlecht und recht zubereiteten Lager niederzulassen, um Kräfte für den anderen Tag zu gewinnen.
Er selbst mit Iversen immer wieder das Unglaubliche des Geschehens besprechend… Räuber, die ein Lösegeld erpressen
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