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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Freiwache schlurfte in ihr Logis. Der wachhabende Offizier hatte es eilig, abgelöst zu werden und ebenfalls in die Messe zu seinen Kameraden zu kommen. Das gewohnte Bordleben nahm seinen Fortgang – wie immer.
    Aber Bolitho sah vor sich, wie das jämmerliche Bündel Mensch achteraus langsam tiefer sank, und hörte wieder die gefühllosen Worte des Ersten und Keens wütende Zurechtweisung.
    Nicht einer von uns.
    Der nächste, dachte er bitter, wird einer von uns sein.
    Der Himmel über der Massachusetts Bay wirkte drohender, als ihn Adam während ihrer langen Liegezeit jemals erlebt hatte.
    Er stand mit einer kleinen Gruppe am Kai und bemerkte, daß an Deck der meisten verankerten Schiffe eifrig gearbeitet wurde, als bereiteten sich alle auf einen Sturm vor.
    Jonathan Chase rieb sich das Kinn und schielte zu den wild jagenden Wolken auf. »Ich will Sie ja nicht drängen, Leutnant, aber Sie sollten die Tide ausnutzen, ehe das Wetter umschlägt. Es kann jetzt nicht mehr lange dauern.«
    Adam wandte sich Robina zu, deren Haar im schwindenden Licht wie Silber leuchtete.
    Er sagte: »Es war sehr freundlich von Ihnen, Sir, mir so schnell eine Passage zu besorgen.« Aber seine Augen straften diese Worte Lügen.
    Robina nahm seinen Arm, und gemeinsam sahen sie zu der kleinen Brigantine hinaus, die schon schwer vor Anker stampfte; der heiße, böige Wind zerrte an ihren lose aufgegeiten Segeln. Ihr Name war
Vivid,
und Adam hielt es für einen puren Zufall, daß Chase einen Skipper gefunden hatte, der zu der gut vierzehnhundert Seemeilen langen Reise nach San Felipe bereit gewesen war.
    Beschwörend flüsterte Robina ihm zu: »Bleib hier, Adam. Du mußt doch nicht abreisen. Du kannst bei uns wohnen, bis…« Halb flehend, halb trotzig blickte sie ihm ins Gesicht. »Mein Onkel wird dir eine Stellung beschaffen.« Ihre Finger gruben sich in seinen Arm. »Mach es wie dein Vater, bleibe bei uns.«
    Unwirsch sagte Chase: »Hier kommt das Boot. Ich habe Ihr Gepäck schon an Bord schaffen lassen, dazu ein paar Delikatessen für unterwegs. Und grüßen Sie Ihren Onkel von mir.« Er sprach hastig, als wolle er den Abschied verkürzen.
    Adam neigte den Kopf und küßte sie, fühlte dabei ihre nassen Wangen. Naß von Tränen oder von Gischt, genau konnte er das nicht sagen. Aber eines wußte er: daß er sie mehr liebte als sein Leben. Und daß er sie in diesen Minuten zum letztenmal sah. Er kam sich vor wie mitten entzweigerissen.
    Das kleine Boot schor an den Kai, und eine rauhe Stimme rief: »Springen Sie an Bord, Leutnant! Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Adam drückte seinen Hut fester in die Stirn und tat wie geheißen.
    Das Boot war alt und schäbig, aber die Männer an den Riemen verstanden ihre Arbeit.
    Als sie von der Spundwand abstießen und anruderten, stand er im Heck und starrte achteraus, sah die winkende Gestalt mit dem blassen Gesicht immer kleiner werden.
Ich komme zurück.
    Mit zusammengebissenen Zähnen wandte er sich ab, als Gischt übers Dollbord peitschte und der Bootsmann knapp befahl: »Da sind wir, machen Sie sich fertig.«
    Der stampfende Rumpf der Brigantine erhob sich über ihnen, ihre beiden Mastspitzen kreisten wild vor den Wolken, so hart arbeitete sie vor Anker.
    Die Barschheit des Bootsmanns tat Adam fast wohl. Sie setzten ihn nicht aus Freundlichkeit über, sondern weil Chase sie dafür gut bezahlt hatte; und sie dachten nicht daran, einen ausländischen Offizier zu respektieren.
    Er kletterte an der Jakobsleiter hoch und wäre der Länge nach an Deck gefallen, wenn nicht ein bulliger Mann aus dem Schatten gesprungen wäre und ihn mit eisernem Griff am Arm gepackt hätte. Adam bemerkte, daß der Mann stark hinkte, und als er sich bei ihm bedanken wollte, sah er mit Erstaunen, daß er nur ein Bein hatte. Das tat aber der Autorität keinen Abbruch, mit der er seine Leute ans Ankerspill scheuchte.
    »Gehen Sie bitte unter Deck.«
    Die tiefe Stimme hatte einen weichen Südstaatenakzent, den Adam in Boston noch nicht gehört hatte. Schon hinkte er davon, seine kleine Crew zu beaufsichtigen, aber dann kehrte er noch einmal um.
    »Würde es Ihnen was ausmachen, den Hut abzunehmen?«
    Als Adam der Bitte entsprach und der Wind sein Haar zauste, nickte der Skipper der
Vivid
zufrieden.
    »Das dachte ich mir«, brummte er. »Gleich als Sie an Bord kamen.« Er wischte die Hand an seiner Weste ab und hielt sie Adam hin. »Der Name ist Jethro Tyrrell. Willkommen auf meinem kleinen Schiff.« Adam starrte ihn

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