Der Brander
allen Jubel bei den Engländern wie abgeschnitten verstummen. Das besiegte Schiff rollte sich auf die Seite, die brennenden Stückpforten starrten wie zornrote Augen himmelwärts.
Ihre Verbände gaben wohl nach, denn sie sank jetzt sehr schnell.
Unter Deck mußten die losgerissenen Kanonen die Agonie der Eingeschlossenen noch verstärken.
Bolitho sah Midshipman Evans hinüberstarren auf das Ende; aber sein Gesicht war tränennaß, nicht schadenfroh, und Bolitho wußte, warum.
Evans sah vor sich nicht die gerechtfertigte Vernichtung eines verhaßten Feindes, sondern durchlebte noch einmal den Untergang seiner
Sparrowhawk.
Leise sagte Bolitho: »Kümmere dich bitte um Mr. Evans, Adam. Er macht jetzt eine Krise durch.« .
Keen trat heran und griff grüßend zum Hut.
»Wie hoch ist der Blutzoll, den wir dafür bezahlen mußten?« fragte ihn Bolitho.
Aber beide fuhren herum, als die Luft unter einer letzten Explosion erbebte. Das feindliche Schiff drehte wie ein tödlich getroffener Riesenwal den Bauch nach oben und versank.
Gedämpft sagte Keen: »Nicht viel hat gefehlt, dann wären wir jetzt an deren Stelle.«
Bolitho reichte Allday seinen Säbel. »Ich verstehe, Val. Dann ist wohl der Blutzoll noch immer nicht ganz bezahlt.«
Der Brief
Electras
jugendlicher Kommandant, Kapitänleutnant Napier, hatte sich mitten in Bolithos Tageskajüte aufgebaut, um seinen Bericht zu erstatten.
In Mißachtung seiner Befehle war Napier mit seiner Brigg ausgelaufen, um dem ramponierten Zweidecker auf den letzten zwei Meilen bis zur Reede von San Felipe das Geleit zu geben.
So sehr er sich auch bemühte, Napier hatte nicht verhindern können, daß seine Blicke neugierig umherschweiften, sowie er den Fuß an Bord gesetzt hatte, Zwischen den in alte Segel eingenähten Toten, die auf ihre Bestattung warteten, gingen die erschöpften, abgerissenen Matrosen ihrer Arbeit nach und hoben kaum den Blick vom Spleißen, Nähen oder von den Taljen, mit denen sie Ersatzteile zu den Toppsgasten in den Rahen hinaufhievten.
Bolitho dachte wieder an die letzten Augenblicke seines Gegners. Immer noch wußte er nicht den Namen des Schiffes. Doch bald würde er ihn erfahren, ebenso den des Kommandanten. Auch wenn die spanische Fregatte so bemüht gewesen war, durch ihr Dazwischenkommen jeden Bergungsversuch Überlebender zu verhindern.
Napier berichtete: »Es kreuzten doch tatsächlich zwei spanische Kriegsschiffe vor der Küste auf. Sie wollten einen Landungstrupp auf der Missionsinsel absetzen.«
Er schien überrascht, daß der Admiral ihn zu diesem Vorfall nicht näher befragt hatte. Aber Bolitho war so müde gewesen, daß er Napiers sauber abgefaßten Bericht lediglich überflogen hatte.
Nun raffte er sich auf und ging zu den offenen Heckfenstern hinüber, während
Achates
die Insel ansteuerte. Immer noch roch er Schweiß und Asche, den Gestank des Gefechts, den Todesatem.
»Wie haben Sie sich verhalten?«
Napier erinnerte sich stolzgeschwellt an seine schönsten Augenblicke als Gouverneur auf Zeit.
»Ich habe sie verscheucht, Sir. Ließ die Festungsbatterie einen Schuß abfeuern, um ihnen Beine zu machen.«
Ihnen Beine machen.
Bolitho hätte gern darüber gelacht, aber er wußte, daß er dann vielleicht nicht mehr aufhören konnte.
Wann und wo würde das alles enden? Tyrrell hatte ihn verraten, oder hatte es jedenfalls bis zum letzten Moment vorgehabt. Und jetzt gierten nicht nur die Franzosen nach der Insel, sondern auch die Spanier.
Keen betrat die Kajüte. »Wir laufen in den Hafen ein, Sir«, meldete er. »Der Wind bleibt stetig aus Südost.« Er wirkte überanstrengt und so ausgelaugt, als fühle er die Blessuren seines Schiffes am eigenen Leibe.
Seit dem Gefecht waren die Pumpen fast nicht mehr verstummt, denn
Achates
hatte zwei schwere Treffer nahe der Wasserlinie eingesteckt. Und ein ›langer Neuner‹, wie die Zweiunddreißigpfünder genannt wurden, konnte auf einem 22 Jahre alten Schiff schrecklichen Schaden anrichten.
»Ich komme an Deck.« Bitter fügte Bolitho hinzu: »Einige, die uns von Land aus beobachten, mag es enttäuschen, daß wir immer noch schwimmfähig sind.«
Darüber fielen ihm die beiden spanischen Kriegsschiffe ein, die offenbar Truppen auf einem Territorium an Land setzen wollten, das sie immer noch als ihr Eigentum betrachteten. Wenn Tyrrell es sich nicht in letzter Sekunde anders überlegt hätte, wäre den beiden das große Schiff zu Hilfe gekommen, das jetzt am Fuße eines karibischen Riffes
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