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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hätten einen Zwischenfall provoziert, damit wir ihnen ihr rechtmäßiges Eigentum vorenthalten konnten.«
    Aber Bolitho konnte Keen am Gesicht ablesen, daß er ihn nicht überzeugt hatte.
    »Ich habe den Verdacht, Val, daß man mich hier bewußt mit einer unlösbaren Aufgabe betraut hat. Aber wenn ich schon den Sündenbock spielen muß, dann treffe ich die Entscheidungen nach eigenem Ermessen und lasse sie mir nicht von Leuten vorschreiben, die noch nie einen Schuß gehört oder einen Mann sterben gesehen haben.«
    Keen nickte. »Also gut, Sir, ich stehe zu Ihnen, was auch kommt.
    Aber das wissen Sie bereits.«
    Bolitho ließ sich auf der Heckbank nieder und zupfte an seinem klebrigen Hemd, um die schweißnasse Haut zu kühlen.
    »Wenn Sie erst den Stabsrang erreicht haben, Val, werden Sie sich hoffentlich an all das erinnern. Es ist einfacher, in Gefechtslinie zu segeln und alle Kanonen auf sich gerichtet zu sehen, als sich durch den Pfuhl der Diplomatie zu wühlen. Ich werde gleich mit Jethro Tyrrell sprechen, einem Mann, der alles verloren hat, obwohl er der Flagge, die er verehrte, früher aufopfernd diente. Er war ein aufrichtiger Patriot, aber seine eigenen Landsleute haben ihn als Verräter gebrandmarkt. Er ist verbittert wie ein verstoßener Wolf. Doch ein Rest Ehrgefühl ist ihm geblieben, denn im entscheidenden Augenblick hat er uns zum Feind geführt. Aus seiner Sicht war das Wahnsinn. Denn Ehrenhaftigkeit kann ihn nicht für sein Opfer entschädigen. Er hielt es ursprünglich für klüger, uns gar nicht erst in ein Gefecht zu verwickeln, damit wir die Insel nach unserer vergeblichen Suche bei der Rückkehr bereits in spanischem Besitz vorfinden würden; dann hätte ich, so rechnete er, weiter nichts tun können als den Fehlschlag nach London zu melden.«
    Keen schüttelte ungläubig den Kopf. »Und Sie wollen ihm weiterhin vertrauen?«
    »Wenn ich kann.«
    Bolitho blickte auf die im Hitzeglast schimmernde Reede hinaus, wo die Boote reglos über ihrem Spiegelbild lagen.
    »Rivers ist ein Schurke. Er wurde reich, indem er sich beim Abschaum der Karibik anbiederte. Sklavenhändler, Glücksritter, Piraten – mit allen machte er Geschäfte. Er hat auch Besitz in Südamerika, doch um voll davon profitieren zu können, brauchte er die Machtbefugnisse eines Gouverneurs. Ich habe Beweise dafür im Fort gefunden, aber sie scheinen nur die Spitze eines Eisbergs zu sein. Ich verabscheue ihn wegen seiner Gier, doch ich brauche ihn, und sei es nur, damit er unserer Anwesenheit hier eine gewisse Glaubwürdigkeit verleiht.«
    Keen schien den Hammerschlägen draußen zu lauschen. Insgeheim hatte er von Anfang an seine Bedenken gehabt, weil hier ein leichter Zweidecker mit einer Mission betraut wurde, die ein ganzes Geschwader erfordert hätte. Er verstand sein Land nicht mehr. Statt auf errungene Siege stolz zu sein, schien es sich am Boden zu winden, um alte Feinde nicht erneut gegen sich aufzubringen.
    Keen hätte Rivers gehenkt – und mit ihm alle, die für den Tod seiner Matrosen und Soldaten verantwortlich waren. Und zur Hölle mit den Konsequenzen!
    Bolitho hatte sich erhoben und spähte jetzt, mit der Hand die blendende Sonne abschirmend, zum fernen Fort hinüber. Als er wieder sprach, klangen seine Worte unbewegt, aber sie fielen schwer in die Stille.
    »Wissen Sie, Val, den Vereinigten Staaten ist es meiner Ansicht nach wichtiger, ihre Beziehungen zu Südamerika, Spanien und Portugal zu verbessern. Rivers’ Ersuchen um amerikanischen Schutz vor einer Rückgabe an Frankreich stieß deshalb auf offene Ohren. Weiterhin glaube ich, daß Samuel Fane – und erst recht Jonathan Chase – sich keinerlei Illusionen über die Franzosen machen, sollte es wieder zum Krieg kommen in Europa.«
    Keen starrte seinen Vorgesetzten an, alle Müdigkeit war vergessen.
    »Sie wollen damit sagen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten sich mit den Spaniern gegen uns verschworen hat?« »Nicht direkt. Aber wer die Hand in einen Fuchsbau steckt, muß damit rechnen, daß er gebissen wird. Die spanische Regierung wollte sich mit einer offenen Intervention nicht kompromittieren, deshalb bediente sie sich eines starken Freibeuters. Nachdem
Sparowhawk
vernichtet und die Küstenschiffahrt bis zur Lähmung eingeschüchtert war, stand nur noch
Achates
zwischen ihr und der Übernahme von San Felipe. Chase muß von der alten Beziehung zwischen Tyrrell und mir gewußt haben; genauso klar war ihm, daß Tyrrell ein Schiff verzweifelt nötig

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