Der Brandstifter
zog eine Augenbraue hoch.
» Nehmen Sie sich Zeit, Chloe«, sagte ich beruhigend. » Wir haben keine Eile.«
Die Augen noch immer geschlossen, wedelte sie mit der Hand. » Tut mir leid. Das fällt mir nur so schwer. Ich meine, es war zwar nach ein paar Sekunden vorbei, aber ich habe Monate gebraucht, um mich davon zu erholen.« Sie kniff die Augen kurz zusammen und öffnete sie wieder. Ihre langen, feuchten Wimpern standen ab wie die Blütenblätter einer Gänseblume. » Wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Sonia hatte offenbar gehört, was los war, und kam reingerannt. Zu meinem Glück spielte sie aktiv Hockey und hatte sich unterwegs ihren Schläger geschnappt. Damit hat sie ein paar Mal auf ihn eingehauen und ihn dann rausgeschmissen. Eigentlich wollte sie die Polizei rufen, aber das hab ich ihr ausgeredet. Ich wollte ihn nicht anzeigen. Aber dann hat sie mich eine Woche später zu diesem amtlichen Kontaktverbot überredet.«
» Sie hatten bestimmt große Angst vor Maddick, nachdem er das getan hatte.«
Statt direkt darauf zu antworten, rutschte sie auf ihrem Platz herum. » Hm. Ja. Also, wahrscheinlich schon. Aber es war so, dass Sonia immer wieder darauf herumgeritten ist. Andauernd hat sie mir Zeug aus dem Internet ausgedruckt, wo Frauen von ihren Exmännern umgebracht wurden. Sie hat das immer unter meiner Zimmertür durchgeschoben, und wenn ich von der Arbeit kam, hab ich es gefunden. Da ging es um Männerbekanntschaften von Flirtseiten im Netz, die sich dann als Stalker entpuppten. Die Polizei hat nichts dagegen unternommen, bis es zu spät war und die Frauen vergewaltigt, umgebracht oder sonst was wurden. Total gruselig.«
» Das kann ich mir gut vorstellen.« Rob gab sich als echter Frauenversteher, und Chloe himmelte ihn entsprechend an. Wenn er nicht aufpasste, würde sie als Nächstes auf seinem Schoß sitzen.
» Am Ende bin ich dann tatsächlich vor Gericht gegangen und habe dieses Kontaktverbot beantragt. Gil war auch da und hat seine Sicht geschildert. Das tat mir dann wieder superleid, weil es ja voll peinlich für ihn war. Er hat erklärt, dass er einfach nur total betrunken war, und ich hätte wohl überreagiert.« Ihre Augen wurden schmal, während sie das sagte. » Also, das war’s dann, was mich angeht. Ich habe keinen Rückzieher gemacht, nachdem er das gesagt hatte. Ich weiß nicht, und er auch nicht, was passiert wäre, wenn Sonia in dieser Nacht damals nicht zu Hause gewesen wäre.«
» Also wurde das Kontaktverbot erlassen. Wann hat er denn dagegen verstoßen?«
» Nach drei Monaten.« Sie wirkte jetzt wieder unsicher. » Fairerweise muss man sagen, dass es nicht nur seine Schuld war. Mir war gar nicht klar, wie ernst die Polizei solche Anordnungen nimmt.«
Dank der von ihr erwähnten Fälle genossen sie in der Tat inzwischen höchste Priorität. Die oberste Etage der Londoner Polizei hatte genug davon, sich ständig herausreden zu müssen, dass so viele Frauen von ihren Stalkern umgebracht werden. Häusliche Gewalt galt bis dahin als Bagatelldelikt. Dieser Irrtum war eine schmerzliche Lektion auf Kosten jener Schwachen, die wahrlich Besseres verdient hatten.
» Was ist dann passiert?«
Unter ihren langen Wimpern sah sie zu Rob auf, ehe sie leise berichtete: » Er hat mir einen total süßen Brief geschrieben und sich für alles entschuldigt und gefragt, ob ich ihm verzeihen kann. Ich hab den Brief nach dem Lesen in die Schublade gepackt, musste aber immer wieder dran denken. Ich hab ihn andauernd wieder rausgeholt und gelesen. Am Ende hab ich ihn einfach angerufen und ihn gebeten, seine Sachen abzuholen, die noch bei mir waren. Ich hatte sie in einem Karton unter dem Bett aufbewahrt, weil ich fand, dass ich nicht das Recht hatte, sie wegzuschmeißen. Sonia wollte allerdings, dass ich seine Klamotten zur Kleiderkammer bringe und den Rest verbrenne.« Sie kicherte kurz, wurde dann jedoch wieder ernst. » Aber eigentlich war das nur ein Vorwand. Ich wollte ihn gern wiedersehen und es nicht so blöd enden lassen. Die Sache mit dem Kontaktverbot war mir schon auch ein bisschen peinlich, ich wollte das Ganze bereinigen. Ich dachte, das wäre eine gute Idee.«
» War es aber nicht«, konstatierte Rob resigniert.
» Nein, das stimmt. Hätte aber klappen können. Sonia war an diesem Nachmittag unterwegs, kam nur leider früher zurück als erwartet. Als sie draußen sein Auto stehen sah, hat sie die Polizei gerufen. Wahrscheinlich haben alle gedacht, er hat mich überredet, ihn
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