Der Brandstifter
hängende Zweige mich kratzten, ehe ich ins Freie stürzte. Dort erwartete mich ein Bild des Grauens. An der Wand des Toilettengebäudes lehnte die Maeves Team zugeordnete VE wie eine kaputte Puppe. Ihr Kopf hing seitlich herunter. Gleich daneben kauerte eine Gestalt am Boden– das war Maeve, wie ich mit Entsetzen feststellte. Direkt neben ihr stand ein Typ in Lederklamotten und holte gerade zu einem Tritt aus, der direkt auf ihren Kopf zielte.
Obwohl ich mich beim Rennen völlig verausgabt hatte, mobilisierte ich noch einmal alle Kräfte und hechtete quer über die Wiese. Es wäre zwar schlauer gewesen, auf Verstärkung zu warten, aber von der anderen Seite her hatte ich schon den Schein diverser Taschenlampen zwischen den Bäumen gesehen, sodass ich nicht mehr lange auf Unterstützung warten musste. Außerdem handelte es sich schließlich um einen Notfall, und natürlich war ich zu spät. Unmittelbar bevor ich mich auf den Angreifer stürzen konnte, traf sein Fuß Maeve mit entsetzlicher Wucht. Mit meiner Attacke brachte ich ihn aus dem Gleichgewicht, er ging zu Boden, und ich fiel unmittelbar auf ihn drauf. Alles, was ich in der Ausbildung gelernt hatte, war wie weggeblasen, und ich konnte nur daran denken, dass ich ihn windelweich prügeln wollte. Es gelang mir auch, ein paar ordentliche Schläge in seinem Gesicht zu platzieren und ihm mit dem Ellbogen einen Hieb gegen die Nase zu verpassen, doch dann setzte er vehement zur Gegenwehr an. Er war kräftig und wehrte sich erbittert, sodass ich augenblicklich in große Bedrängnis geriet, obwohl ich keine Skrupel hatte, auch mit unlauteren Mitteln zu kämpfen. Nach ein paar Schlägen gegen den Kopf, die mich vorübergehend Sterne sehen ließen, drückte ich ihm meinen Daumen ins Auge und presste ihm meinen Unterarm gegen die Kehle. Das hätte meiner Erwartung nach jeden erledigt, doch im nächsten Moment fühlte ich, wie sich seine Zähne in meinen Arm gruben. Da hörte ich hinter mir endlich das ersehnte Geräusch eines ausklappenden Schlagstocks, begleitet von pfeifendem Keuchen. Ich hatte gerade noch Zeit, über die eingetroffene Verstärkung erleichtert zu sein, als ich einen schneidenden Schmerz am Bein spürte.
» Doch nicht mich, verdammt noch mal. Ihn sollst du treffen, Sam.«
Beim zweiten Versuch zielte Sam schon besser, und als ihm zwei uniformierte Kollegen zu Hilfe eilten, musste selbst mein Gegner einsehen, dass es schlecht für ihn aussah. Als er mit dem Gesicht nach unten und hinter dem Rücken mit Handschellen fixierten Händen am Boden lag, rollte ich mich zur Seite. Der größere der beiden Beamten hockte rittlings auf ihm. Ich blieb kurz auf dem Rücken liegen, hielt die Augen wegen des Regens geschlossen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Jetzt fingen die bösesten meiner Schrammen an, sich bemerkbar zu machen, und ich fuhr auf. Wenn es mich schon so erwischt hatte, dann musste Maeve noch um Längen schlimmer dran sein. Ich war so auf den Kampf konzentriert gewesen, dass ich sie gar nicht mehr im Blick gehabt hatte, und nun konnte ich an nichts anderes mehr denken.
Der Notruf konnte erst vor wenigen Minuten abgesetzt worden sein, aber zwei Krankenwagen waren schon eingetroffen. Ein Rettungssanitäter kniete neben unserer VE und sprach während der Untersuchung mit ihr. Drei andere kümmerten sich um Maeve, die nach wie vor reglos am Boden lag. Die Handschuhe der Einsatzkräfte waren blutverschmiert, und unter Maeves Kopf breitete sich eine Lache aus. Da die Sanitäter sich über sie beugten, konnte ich weder ihr Gesicht sehen noch einschätzen, wie es ihr ging. Auf jeden Fall war ihr Körper ganz schlaff, während sie versorgt wurde. Voller Entsetzen wurde mir bewusst, dass sie die ganze Zeit keinen einzigen Laut von sich gegeben hatte. Ich schluckte, und mein Mund wurde plötzlich ganz trocken. Wenn sie ernsthaft verletzt war…
Unterdessen hatte man sie auf eine Trage gehoben. Ohne einen Gedanken an den Verdächtigen zu verschwenden, stand ich auf, um nach ihr zu sehen, wurde aber sofort von einer Sanitäterin gestoppt. Sie war eher klein, resolut und mütterlich und wollte mir partout nicht aus dem Weg gehen.
» Wäre es vielleicht möglich«, fragte ich nach dem dritten vergeblichen Versuch, an ihr vorbeizukommen, » dass ich nachsehe, wie es meiner Kollegin geht?«
» Dazu haben Sie im Krankenhaus noch genug Zeit, nachdem Sie behandelt worden sind.«
» Ich werde auf keinen Fall mit ins Krankenhaus kommen.« Dabei versuchte
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