Der Brandstifter
gekommen. Wir haben Beweise. Die Tatsachen lügen nicht. Und selbst wenn der Rest nur auf Indizien beruht– sie sind überzeugend.«
Es war wirklich nett von ihm, sich so zuversichtlich zu geben, aber ich wusste, dass die Verhaftung bestenfalls halbherzig von der Staatsanwaltschaft befürwortet worden war. Ich kannte die Anwältin nicht, die mit dem Fall Haworth betraut worden war, nachdem der Mord an Rebecca zweifelsfrei und endgültig nicht mehr zu den Verbrechen gehörte, die Razmig Selvaggi zur Last gelegt wurden. Sie hieß Venetia Galloway, wobei ihr Vorname der einzige Schnörkel an ihrer makellosen Mittvierziger-Erscheinung war. Ansonsten war sie absolut korrekt und besaß, soweit ich wusste, nicht den geringsten Sinn für Humor. Ich hatte sie schon einmal von Weitem gesehen, als sie mit verschränkten Armen und gespitzten Lippen in Godleys Büro stand, da der Fall, den wir gerade für die Anklage vorbereiteten, mangels eines Geständnisses zu scheitern drohte.
Und auch diesmal sah es nicht so aus, als würden wir eins bekommen. Louises Haltung war tadellos. Nicht einmal die persönlichsten Fragen, die schon fast an Beleidigung grenzten, brachten sie aus der Ruhe. Neben ihr saß ihr Verteidiger– ein bulliger Typ im Nadelstreifenanzug, mit einem schweren goldenen Siegelring am rechten kleinen Finger und dem Habitus von jemandem, der sich schon länger nicht mehr selbst in eine Polizeidienststelle begeben hatte.
Er stand einer großen, auf Strafrecht spezialisierten Kanzlei vor, die gemeinhin als die beste der gesamten Branche galt und garantiert zu den größten Nutznießern der staatlichen Prozesskostenbeihilfe des gesamten Landes gehörte. Die Tatsache, dass Louise es geschafft hatte, Thaddeus Sexton persönlich an ihre Seite zu holen, bewies nur einmal mehr, dass sie genau wusste, was sie tat. Sein Ruf war so formidabel wie er selbst. Allerdings tat er vorerst nicht allzu viel für sein Honorar. Er sah aus wie ein Walross, das zu viel Zeit und Geld beim Herrenausstatter gelassen hatte. Zurückgelehnt und die Augen halb geschlossen, überließ er es seiner Mandantin, sich den Fragen zu stellen.
» Waren Sie neidisch auf Rebecca?« Dornton ging etwas energischer vor als sein Kollege. Die Wirkung auf Louise war allerdings dieselbe.
» Kein Kommentar.«
Ein gewisser Hohn war in seiner Stimme auszumachen, als er fragte: » Es stimmt doch, dass Sie mit ihrem Exfreund geschlafen haben?«
» Kein Kommentar.«
» Alle haben Rebecca geliebt, nicht wahr? Und Sie, hat Sie denn niemand geliebt?«
» Kein Kommentar.«
Dornton und Pettifer waren Profis genug, um ihren Frust über Louises Kaltschnäuzigkeit in ihrer Gegenwart nicht zu zeigen. Außerhalb des Vernehmungsraums konnten sie ihrem Ärger jedoch Luft machen, und das taten sie auch ausgiebig. An den häufigen Pausen mussten Louise und Sexton inzwischen erkannt haben, dass uns die Ideen ausgingen, nicht zuletzt, da die Zeit langsam knapp wurde. Wir mussten sie innerhalb von 24 Stunden nach der Verhaftung entweder unter Anklage stellen oder auf freien Fuß setzen, was beides nicht ohne Risiko war.
» So kommen wir nicht weiter«, merkte ich an, als auf dem Bildschirm wegen einer weiteren Unterbrechung der Vernehmung wieder einmal nichts zu sehen war. Ich sah zu Godley hinüber, der nachdenklich dreinschaute.
Ehe er etwas erwidern konnte, flog die Tür auf. Chris Pettifer war normalerweise der sanfteste Mensch der Welt, aber jetzt war er puterrot im Gesicht. Er hatte die Tür so schwungvoll aufgerissen, dass sie gegen die Wand schlug und winzige Putzkrümel auf den Teppich rieselten. » Diese blöde Kuh.«
» Schon gut, Chris«, sagte Godley. » Setzen Sie sich, und machen Sie erst mal Pause.«
» Sitzt da rum und grient diesen Fettsack voll. Das kotzt mich dermaßen an.«
Auch Dornton hatte sich inzwischen eingefunden, war aber zum Fluchen zu geschafft. » Mir reicht’s, Chef. Wir haben echt alles versucht, das ganze Programm. Die lässt nichts raus.«
» Das hat Maeve auch gerade festgestellt.« Godley stand auf und streckte sich. » Na schön. Wenn wir sowieso nur unsere Zeit verschwenden, können wir auch aufhören. Wie spät ist es?«
» Zwanzig vor vier«, sagte ich nach einem Blick auf die riesige Wanduhr.
Wie aufs Stichwort steckte Judd den Kopf durch die Tür. » Wir haben nur noch gut zwei Stunden, Chef. Was wollen Sie tun?«
» Bin mir noch nicht ganz sicher. Ist Venetia in der Nähe?«
» Sie will in einer halben Stunde hier sein.
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