Der Brandstifter
Diamanten besetzter Memoirering.
» Vielleicht hat er ja eine Halskette mitgenommen– mit einem Anhänger oder so«, warf Rob ein.
» Nein«, sagte Ali gleichzeitig mit mir und klang sehr überzeugt. » Sie hat bestimmt keine Kette getragen, nicht bei diesem Dekolleté.«
» Mehr wäre zu viel gewesen«, bekräftigte ich und lächelte– dankbar für den Beistand– die Assistentin des Rechtsmediziners an. Zur Antwort traf mich ein kühler Blick. Es war nicht leicht, einen Draht zu ihr zu bekommen. Bisher war es mir noch nicht gelungen, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Sie war ganz das Geschöpf ihres Meisters, ihre nur oberflächlich getarnte Feindseligkeit war der seinen absolut ebenbürtig.
Godley, der die ganze Zeit auf den Leichnam gestarrt hatte, als nähme er ihn gar nicht wahr, erwachte wieder zum Leben. » Keine Aussicht auf Fingerabdrücke, nehme ich an.«
Der Rechtsmediziner sah auf die ausgedörrten, deformierten Hände und schüttelte den Kopf. » Genetischer Fingerabdruck, würde ich sagen. Wir können auch Zahnarzt-Akten abgleichen, falls sich jemand die Mühe macht, die Dame als vermisst zu melden.«
Doch das würde Tage dauern, das brauchte er nicht zu erwähnen. Eine DNA -Analyse wäre schneller verfügbar, vorausgesetzt, die Frau war in der Datenbank erfasst. Ich hoffte inständig darauf. Wir hatten wirklich eine kleine Atempause verdient. In den Medien würde es herbe Kritik hageln, sobald durchsickerte, dass es ein weiteres Opfer gab. Es war einfach nicht fair– wir hatten rund um die Uhr gearbeitet, um die Filme der Überwachungskameras auszuwerten, Sexualstraftäter in der Umgebung zu verhören, Bewährungshelfer über ihre Schützlinge zu befragen, Männer ohne Begleitung auf der Straße anzuhalten und zu überprüfen. Ich selbst hatte Stunden mit Anwohnerbefragungen verbracht, ohne auch nur zum kleinsten Ergebnis zu kommen. Wir hatten in öffentlichen Gebäuden und Geschäften der Gegend Handzettel verteilt. Wir hatten Straßensperren, Zeugenaufrufe und Pressekonferenzen organisiert. Und nach wie vor hatten wir nichts in der Hand.
Godley wandte sich an uns. » Sehr richtig. Rob, reden Sie bitte mit den Einsatzkräften vor Ort. Und Maeve, Sie knöpfen sich bitte den Mann vor, der sie gefunden hat. Sehen Sie zu, dass Sie was Nützliches herausfinden. Ich bringe das hier noch zu Ende.«
» Geht klar«, sagte Rob bereitwillig und wandte sich zum Gehen. Ich hielt einen Moment inne, bevor ich ihm folgte, denn ich wusste, dass ich diesen Tatort so nicht noch einmal zu Gesicht bekommen würde, und Fotos waren einfach nicht dasselbe. Irgendetwas stimmte hier nicht, etwas irritierte mich, obwohl ich nicht genau sagen konnte, was es war.
Nach einem langen abschließenden Blick gab ich auf und machte mich in meinen denkbar ungeeigneten Schuhen auf den Weg durchs Gras, vorsichtig bemüht, nicht umzuknicken. Als ich endlich bei den parkenden Autos ankam, war Rob bereits ins Gespräch mit einer Gruppe uniformierter Polizisten vertieft und machte sich eifrig Notizen. Einen von ihnen erkannte ich sofort– er war im selben Revier tätig wie ich in meinem ersten Jahr im Streifendienst. Da ich seinen Namen vergessen hatte, beließ ich es bei einem kurzen Nicken in seine Richtung und war froh, dass nicht ich, sondern Rob den Job hatte, mit ihnen zu reden.
» Wo ist mein Zeuge?«
Die beiden Beamten deuteten mit dem Daumen auf das Polizeifahrzeug hinter ihnen. Eine schemenhafte Gestalt saß auf der Rückbank. Die Türen waren verschlossen, damit er nicht entwischen konnte.
» Habt ihr den verhaftet?«, fragte ich verblüfft.
» Fast«, antwortete amüsiert der eine, den ich kannte.
» Mach dich auf was gefasst«, ergänzte der andere. » Selten jemanden getroffen, der so wenig zu seiner Rechtfertigung zu sagen hat.«
» Ach so?« Das wurde ja interessant.
» Wirst schon sehen. Nicht gerade gesprächig, der Typ.« Er war ein erfahrener Kollege und hatte sicher schon so einiges gesehen.
» Totalverweigerung?«
» Bestimmt hast du mehr Glück als wir.«
Ich runzelte die Stirn und überlegte, wie sie darauf wohl kamen. » Wie heißt er?«
» Michael Joseph Fallon. Aber er besteht auf Micky Joe. Ein IC 7.«
» Ah.« Langsam ging mir ein Licht auf. Offiziell gab es keine Entsprechung für den Identity Code 7 im Computersystem der britischen Polizei. Das war mehr so eine Art Polizistenslang für Penner und Asoziale. » Und ihr denkt, mit mir redet er vielleicht, weil…«
» …du auch Irin
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