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Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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gestolpert wäre.«
    Der Jogger musste sich übergeben, als er begriff, was er vor sich hatte. Als DI Judd uns die Aufzeichnung seines Notrufs vorspielte, sorgte das für allgemeine Erheiterung, weil seine Brech- und Würgelaute deutlich zu hören waren. Mir war alles andere als nach Lachen zumute, als ich mir die Bilder in der Akte und im rechtsmedizinischen Gutachten ansah. Auf einer Umrissdarstellung von Victorias Körper waren mit zahllosen Punkten ihre Verletzungen markiert. Die Pflegerin war vor ihrem Tod extrem brutal zusammengeschlagen worden und hatte dabei unter anderem Mehrfachfrakturen an Augenhöhlen und Nase erlitten. Er hatte ihr an fünf Stellen den Kiefer gebrochen und etliche Zähne ausgeschlagen. Außerdem war ihr Schädel eingeschlagen und der linke Arm, die Rippen und das Schlüsselbein gebrochen. Angesichts der Verletzungen ging der Rechtsmediziner davon aus, dass der Täter sie wiederholt mit Fäusten, Füßen und dem Hammer malträtiert hatte. Zudem war er ihr mit großer Gewalt auf die rechte Hand getreten. Von der linken Hand hatte er ihr zwei Silberringe abgezogen, die sie selbst angefertigt hatte und die somit einzigartig waren. Dieses Detail machte mich jedes Mal, wenn ich daran dachte, ganz besonders traurig. Er habe allmählich gelernt, sich Zeit zu lassen, hatte Godleys uninspirierte Kriminalpsychologin dazu gemeint. Er wurde langsam selbstsicherer und dehnte das Töten immer mehr aus. Er wollte es auskosten, seine Opfer zu verletzen. Er wollte sie unkenntlich machen und sie für ihre bloße Existenz bestrafen.
    Victoria Müller war ein schmächtiges Mädchen gewesen, nur 1,55 Meter groß und sehr zart. Sie wog nur etwa 40 Kilo. Die Eltern hatten dem zuständigen Verbindungsbeamten berichtet, dass ihre Tochter leicht stotterte. Im Umgang mit Männern sei sie sehr unsicher gewesen, und auch mit ihrem Vorgesetzten hatte sie Schwierigkeiten, da dieser ihr nicht ermöglichte, tagsüber zu arbeiten, obwohl sie kein Auto besaß und es für sie schwierig war, nachts nach Hause zu kommen. In der Schule war sie von ihren Mitschülern gehänselt worden. Sie mochte Schwarz-Weiß-Filme und Hello-Kitty-Krimskrams. Wenn sie Alkohol trank, dann Weißwein. Allerdings war sie kaum ausgegangen, seit sie vor ungefähr einem Jahr nach Camberwell gezogen war. Sie hatte weit auseinanderstehende Augen, eine Stupsnase und war eher elfenhaft als hübsch, aber durchaus attraktiv. Sie war schüchtern und sehr sanft gewesen. Ihren Verletzungen nach zu urteilen, hatte sie sich jedoch in jener Nacht gewehrt. An der Stelle, wo er sie verbrannt hatte, war sie auch gestorben, bei ein paar Bäumen in einem kleinen Park nahe der Straße, jedoch nicht einsehbar.
    » Diesmal hat er eine günstigere Stelle gefunden«, merkte ich an. » Da musste er sich nicht beeilen. Vielleicht hat er sogar zugesehen, wie ihr Körper verbrannte.«
    » Kranker Wichser.«
    Rob schüttelte den Kopf. Ich fragte mich, ob er wie ich versucht hatte, sich die letzten Momente in Victorias Leben vorzustellen. Ihre Angst. Ihre Schmerzen. Ihre totale Hilflosigkeit angesichts eines derart brutalen Angriffs, bei dem ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie ein Mensch dazu kam, anderen solche Grausamkeiten anzutun.
    Das Essen lag mir unterdessen bleischwer im Magen, und mir wurde plötzlich übel. Ich stellte mein Bier ab und beugte mich nach vorn, um mir die Akten genauer ansehen zu können.
    » Geht’s dir gut?«
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. » Klar. Alles bestens. Wieso?«
    » Du siehst ziemlich blass aus.«
    » Das ist mein irisches Erbe. Ich krieg nicht so schnell Farbe.«
    Rob brummte skeptisch, hakte zu meiner großen Erleichterung jedoch nicht weiter nach. Ich mochte nicht zugeben, wie sehr mich diese Morde mitnahmen– weder vor ihm noch vor mir. Aber Victoria Müller hatte etwas so Mitleiderregendes an sich, dass es mir jedes Mal an die Nieren ging. Sie hätte wahrlich etwas Besseres im Leben verdient, als ihr vergönnt war.
    » Soweit wir wissen, hatte sie nichts gemein mit Nicola Fielding oder Alice Fallon. Keine Freunde, Bekannten oder Kollegen…«
    » Sie haben nie zur selben Zeit in derselben Gegend gewohnt. Es gab keine vergleichbaren Interessen.«
    » Gleiches gilt für Opfer Nummer vier. Was darauf hindeutet, dass sie rein zufällig ausgewählt wurden«, ergänzte ich. » Sie sind unserem Mörder einfach über den Weg gelaufen und haben das mit ihrem Leben bezahlt.«
    » Magst du vielleicht noch ein Bier, ehe wir

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