Der Brandstifter
richtig vereinnahmend war er eigentlich nicht, aber wenn die beiden zusammen in einem Zimmer waren, blieb nicht mehr viel Platz für andere. Irgendwie hat er sie am Strahlen gehindert– verstehen Sie, wie ich das meine? Sobald er da war, drehte sich für sie alles nur um ihn. Immer war er ihr Mittelpunkt. Wenn man mal mit den beiden zusammen war, bekam man schnell das Gefühl, im Weg zu sein. Nicht, dass sie jemals was gesagt hätten, es war nur die Art, wie sie sich dann ansahen. Ich dachte ja immer, das zeigt eben, wie sehr sie sich lieben, aber das war wahrscheinlich nur die Oberfläche. Man weiß ja selten, welche Beziehungen wirklich von Dauer sind.«
» Hatten Sie den Eindruck, dass es in der Beziehung manchmal gewalttätig zuging?«, fragte ich unverblümt, woraufhin sie mich ganz perplex ansah.
» Nie und nimmer. Nie im Leben.«
» Sind Sie da ganz sicher?«
» Absolut. Das hätte sie mir auf jeden Fall erzählt.« Sie klang sehr überzeugt, und Rob wechselte auf seinem Stuhl die Position, was ich als halt dich nicht damit auf interpretierte.
» Wussten Sie, dass Rebecca ihren Job bei Ventnor Chase aufgegeben hatte?«
Erstaunt sah sie mich an. » Ja, aber das sollte ich eigentlich gar nicht erfahren. Ich hab es nur zufällig rausgefunden. Vor zwei Monaten war ich zu einem Vorstellungsgespräch ganz in der Nähe von ihrem Büro, und das war um die Mittagszeit zu Ende. Also dachte ich, ich geh mal schnell bei Rebecca vorbei und frag sie, ob wir zusammen was essen wollen. Ich hätte mich wirklich gefreut, sie zu sehen, nur um mal wieder mit ihr zu quatschen. Und da erfahre ich an der Rezeption, dass sie nicht mehr dort arbeitete. Ich konnte es kaum glauben.«
» Haben Sie mit ihr darüber gesprochen?«
Sie nickte. » Also, ich hab es zumindest versucht. Hab sie sofort angerufen, als ich wieder draußen war. Aber sie wollte mir nicht erzählen, was passiert war– ehrlich. Sie hat nur gesagt, dass es keine Rolle spielt und es ihr gut geht und dass alles kein Problem ist.« Ernst sah Tilly mich an. » Ich hab mir große Sorgen gemacht. Weil ich andauernd arbeitslos bin. Ich finde einfach keinen Job, den ich länger als ein, zwei Monate machen will, selbst wenn er mir am Anfang noch so interessant vorkommt. Rebecca war da anders. Sie hatte ihre Nische gefunden und ihren Job richtig, richtig gern gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihr wirklich nichts ausgemacht haben soll, nicht mehr dort zu arbeiten, wenn sie so gar nicht darüber reden wollte.«
» Jemand hat ihr geholfen, ihre Sachen aus dem Büro abzuholen. Wissen Sie, wer das war?«
Ihre Lippen wurden schmal. » Ich kann es mir schon denken. Rebeccas Sklavin wahrscheinlich.«
» Damit meinen Sie…« Ich wusste ziemlich genau, welchen Namen sie gleich nennen würde.
» Louise North. Da hätten wir auch gleich jemanden, mit dem Sie sich mal über Eifersucht unterhalten sollten. Und über Vereinnahmung.«
» Wie meinen Sie das?« Tillys Meinung zu Louise interessierte mich.
» Ich mag sie nicht so besonders. Rebecca war ihr viel zu ergeben. Doch sie wollte Kritik nie hören, also hab ich es mir verkniffen, irgendwas dazu zu sagen. Aber ich bin mit Louise nicht gut ausgekommen.«
» Warum nicht?« Es interessierte mich wirklich sehr.
» Sie wissen doch sicher, wie das ist, dass in einer Gesprächsrunde immer nur drei oder vier Unterhaltungen gleichzeitig stattfinden können? Na ja, Louise hat eben immer nur bei Rebecca zugehört. Selbst wenn man dachte, man redet mit ihr, hat sie einen einfach ignoriert und sich nur auf das konzentriert, was Rebecca sagte. Das war regelrecht unverschämt.« Tilly wurde rot. » Sicher denken Sie jetzt, dass das naiv klingt. Es ist auch nur ein Beispiel. Ich bin wahrscheinlich deshalb mit Louise nicht klargekommen, weil sie mir ziemlich eindeutig zu verstehen gegeben hat, dass sie mich loswerden wollte. Sie gehört zu den Leuten, die anderen einreden, sie könnten mit niemandem außer ihnen selbst befreundet sein. Sie wollte Rebecca ganz für sich allein haben. Mich hätte das wahnsinnig gemacht, aber Rebecca schien es nie zu stören. Sie sagte immer nur, dass sie mehr gemeinsam hätten, als es immer schiene, und dann hat sie das Thema gewechselt.«
Rebecca tat mir ein bisschen leid. Es muss anstrengend für sie gewesen sein, zwischen ihren beiden konkurrierenden Freundinnen für Frieden zu sorgen. Ich konnte mir kaum zwei unterschiedlichere Menschen als Tilly und Louise vorstellen und hätte mich mit
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