Der Brandstifter
Avril das Sweatshirt, und sie nickte. » Wunderbar. Das ist noch aus der Zeit, als ihr euch das erste Mal gesehen habt, weißt du noch? Wir hatten es für sie an ihrem ersten Tag am Latimer College gekauft, bei Shepherd and Woodward im Stadtzentrum.«
» Ich erinnere mich«, sagte ich leise.
» Ich hatte gehofft, dass du dir das aussuchst.« Sie tätschelte meinen Arm. » Komm mit runter und trink einen Tee mit uns. Bist du ganz sicher, dass du nicht hier übernachten willst? Wir würden uns freuen, wenn du bleibst.«
Ich erklärte noch einmal, dass ich schon anderswo ein Zimmer gebucht hatte, und folgte ihr die Stufen nach unten. Dabei trug ich das Sweatshirt wie eine heilige Reliquie, zu der es geworden war, und ließ die Ohrringe verborgen in meiner Hosentasche, als ein Geheimnis zwischen Rebecca und mir.
7
Maeve
Rebeccas Eltern hatten die Polizei zwar nicht zum Trauergottesdienst eingeladen, mir aber freundlicherweise trotzdem gestattet, daran teilzunehmen. So saß ich in meinem respektabelsten Kostüm ganz hinten in der winzigen Pfarrkirche und folgte dann den Trauernden die schmale Straße hinauf zum stattlichen Anwesen der Familie Haworth am Stadtrand von Salisbury. An diesem grauen Dezembertag war ich von London aus nach Wiltshire gefahren, um beim Gottesdienst Augen und Ohren offen zu halten. DI Judd hielt das zwar für vollkommen überflüssig, hatte jedoch höhnisch angemerkt, dass alles andere, was ich tat, ja auch nicht viel nützlicher sei. In meinem Ärger war ich fest entschlossen, von dort ein paar nützliche Informationen mitzubringen.
Das im georgianischen Stil erbaute Haus, in dem Rebecca Haworth aufgewachsen war, stand unerschütterlich inmitten des ansehnlichen Grundstücks. Ich hatte mein Auto an der Kirche stehen lassen, ganz am Ende einer langen Reihe geparkter Fahrzeuge, die zum größten Teil erheblich besser aussahen als meines. Als ich in Richtung Haus lief, fuhr ein großer schwarzer Mercedes mit getönten Scheiben an mir vorbei und bog so rasant in die Einfahrt ein, dass der Kies unter den Rädern knirschte. Leichtfüßig sprang der Fahrer heraus und öffnete eine der hinteren Türen. Es überraschte mich nicht, als ein kleiner Mann mit dickem, rötlichem, perückenhaft wirkendem Haar und Hakennase ausstieg. Ich hatte ihn schon in der Kirche gesehen, wo er von Leuten umgeben war, die ich von meinem Besuch bei Ventnor Chase her kannte. Man musste kein Hellseher sein, um daraus zu schließen, dass es sich wohl um den berühmten Anton Ventnor höchstselbst handelte, der viel zu bedeutend war, um die wenigen hundert Meter bis zum Haus zu Fuß zurückzulegen. Ich ging hinter ihm her am Haus vorbei in den Garten, blieb jedoch noch einmal kurz stehen und ließ das Gebäude und die Aussicht auf mich wirken. Große Schiebefenster starrten leer aufs offene Feld und kahle Hecken, die sich wie Stacheldraht über die Hügel zogen. Ich fragte mich, ob sich Rebecca in ihren Jugendtagen hier wohl sehr gelangweilt hatte.
Die Haworths hatten sich entschieden, die Gäste außerhalb des Hauses zu empfangen, was vermutlich eine kluge Entscheidung war. Dazu hatten sie im Garten ein Festzelt aufbauen lassen, das mit Heizlüftern ausgestattet war. Dadurch bekam die Szenerie einen merkwürdig geselligen Charakter, beinahe wie bei einer Hochzeit. Nur dass ich anstelle von Braut und Bräutigam ein erschöpftes und übermüdetes Ehepaar antraf, das versuchte, sich als gute Gastgeber zu präsentieren. Durch jahrelange Routine und einen tief verankerten Stolz gelang es ihnen, die Fassung zu wahren, doch als ich mich vorstellte, sah Rebeccas Mutter eher durch mich hindurch als in mein Gesicht und hielt meine Hand eine Spur zu lange.
» Ganz herzlichen Dank, dass Sie gekommen sind. Das ist wirklich nett von Ihnen«, sagte sie mit einer tieferen und warmherzigeren Stimme, als ich erwartet hatte, und ich murmelte, dass ich das Ermittlerteam vertreten wolle, obwohl sie mir offenbar kaum zuhörte.
Aus der Nähe betrachtet wirkte sie fast ein bisschen hinfällig; sie hatte reichlich Falten um die Augen und ein leichtes Dauerzittern im Unterkiefer, das sie nicht unterdrücken konnte. Trotzdem war sie eine schöne Frau mit einer guten Figur und exklusiv blondiertem Haar. Ihr schwarzes Kleid war perfekt geschnitten, und dazu trug sie elegante Pumps, die ihren schlanken Fesseln schmeichelten. Ebenso wie dem Haus hatten auch Avril Haworth sorgfältige Pflege, genug Geld und Aufmerksamkeit im Laufe der Jahre sichtlich
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