Der Brandstifter
sie schon anderweitig liiert waren und er sie zum Fremdgehen überreden konnte. Dreifache Punkte gab es, wenn er sie zu Sachen rumgekriegt hatte, die normale Menschen wie ich schlicht entwürdigend finden. Von manchen Frauen gab es auch Fotos, die zweifellos ohne deren Wissen aufgenommen wurden. Wie Dreck hat er sie behandelt, wissen Sie, und dann hat er sich mit seinen Kumpels darüber kaputtgelacht. Ich muss zugeben, dass ich nie Sympathien für ihn gehegt habe.«
» Was ist dann passiert? Wie ist er ums Leben gekommen?«
» Haben Sie das Latimer College schon gesehen? Wissen Sie, wo es liegt?«
Als ich den Kopf schüttelte, befeuchtete er seinen Daumen und blätterte die Akte durch, bis er einen Stadtplan gefunden hatte. Er drehte ihn zu mir um und deutete darauf. » Hier, das ist das College, ganz am Ende der High Street, unmittelbar vor der Magdalen Bridge. Der Fluss hier heißt Cherwell.« Mit dem Finger zog er seitlich der Stadt eine Linie nach unten. » Ein Seitenarm des Cherwell folgt dem Verlauf der College-Mauer und fließt dann ab hier direkt durch das Gelände.« Er tippte mit dem Stift auf die Karte. » Und da, vermuten wir, ist Rowley ins Wasser gelangt. Seine Leiche wurde erst 72 Stunden später gefunden. Hier, gar nicht weit vom Latimer College, mündet der Cherwell in die Themse. Die Strömung hatte die Leiche mitgenommen. In Goring-on-Thames kam sie dann wieder zum Vorschein, hier, diesseits von Reading. Wir hatten Glück, dass sie überhaupt noch einmal aufgetaucht ist. Jedes Jahr werden auch einige Leichen vom Fluss direkt ins Meer getragen.«
» Und wieso glauben Sie, dass er im College in den Fluss geraten ist? Gab es Spuren am Boden?«
» Keine Anzeichen für einen Kampf und auch keine Beschädigungen am Ufer, aber er hatte eben auch keinerlei Spuren am Körper, von ein paar Abschürfungen mal abgesehen, die aber höchstwahrscheinlich erst nach Todeseintritt entstanden sind. Das College hat nur einen einzigen Zu- und Ausgang, und der Nachtpförtner hat beteuert, dass er Rowley nicht hat weggehen sehen. Und auf sein Wort hab ich wirklich was gegeben. War ein guter Kerl… Greg Ponsett. Früher bei der Marine gewesen. Was der sagte, darauf konnte man sich verlassen.« Garland seufzte. » Er lebt leider nicht mehr. Lungenkrebs.«
» Seine Aussage würde ich gern lesen«, sagte ich in der Hoffnung, dass Garland den Wink verstand und mir die Akte einfach aushändigte.
» Die gibt nichts her. Genauso wie die anderen Aussagen hier drin.« Er ließ die Seiten an seinem Daumen vorbeischnurren. » Kaum war die Polizei eingeschaltet, haben alle dichtgemacht. Keiner hat mehr was gesagt. Alles, was ich über Adam Rowley weiß, haben mir Mitarbeiter und Studenten vertraulich berichtet. Und es spielte ja auch keine Rolle, weil ich ohnehin nicht beweisen konnte, dass es Mord war.«
» Aber Sie denken trotzdem, dass er ermordet wurde.«
» Da bin ich mir ganz sicher.« Garland sah mir fest in die Augen. » Kein Zweifel.«
» Vielleicht war es Selbstmord«, warf ich ein.
» Nicht Rowley. Der war verliebt in sein Leben. Es lief doch gerade alles wie am Schnürchen für ihn. Mit seinem Studium kam er gut voran, in dieser Hinsicht gab es keine Probleme, er hatte sich ein Praktikum bei einer Bank organisiert, das im September darauf hätte beginnen sollen. Für den Sommer hatte er eine Weltreise geplant, das Ticket hatte er schon gekauft, und an dem Tag, als er starb, hatte er gerade einen ganzen Stapel Visa beantragt. Geldsorgen hatte er auch keine. Nein, Selbstmord passt überhaupt nicht ins Bild.« Garland schüttelte den Kopf. » Was mich so sicher macht, dass es Mord war, sind die Umstände, unter denen es passiert ist. Ja, er war den Drogen nicht abgeneigt, aber es gab absolut keinen Grund für ihn, an diesem 30. April zu Beruhigungsmitteln zu greifen. Der 1. Mai ist in Oxford eine große Sache. Die jungen Leute bleiben die ganze Nacht auf und gehen dann im Morgengrauen zur Magdalen Bridge und machen Party. Für die Polizei ein Albtraum. Wenn schon, dann hätte er Koks oder Speed eingeworfen. Aber doch kein Valium.«
» Ja, sicher– aber jemand könnte ihn ohne sein Wissen unter Drogen gesetzt haben.«
» Das war auch meine Theorie. Oder sie haben ihm weisgemacht, dass es Aufputschmittel sind, die er nimmt. Und als er dann hübsch weggetreten war, haben sie ihn ins Wasser gerollt und den Rest dem Fluss überlassen.«
» Und an wen hatten Sie dabei gedacht? Rebecca etwa?«
» Eher nicht. Ich
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