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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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zugefügt hatte.
    Als Daniele nach einigen Minuten zurückkam, hatte er eine Auswahl von Kleidungsstücken über dem Arm, die für eine ganze Familie gereicht hätte. Vincenzo meint, du solltest doch besser ein zweifarbiges Beinkleid nehmen, das sei vornehmer, sagte er eifrig und warf mir eine schwarz-goldene Hose zu.
    Ich schleuderte sie auf mein Bett. Mit geliehenen zweifarbigen Beinkleidern war ich bereits in der Via nuova degli Spardai, sagte ich wütend, und dies ohne allzu großen Erfolg.
    Daniele lachte. Aber diesen grandiosen mazzocchio aus Purpurstoff wirst du wohl kaum ausschlagen, schlug er dann vor und setzte sich spielerisch den Hut auf den Kopf. Damit kannst du in das Haus jedes Adeligen gehen.
    Ich gehe nicht in das Haus eines Adeligen, sagte ich störrisch und begann wieder, in meiner eigenen Truhe zu wühlen. Und ich weiß ohnehin nicht, wieso ich in das Haus eines Mannes gehen soll, den ich nie zuvor gesehen habe.
    Als ich schließlich angezogen in meiner Kammer stand, zupfte Daniele nervös an meiner Kleidung und sagte: Du mußt dich beeilen, wenn du nicht zu spät kommen willst. Ich mache das Boot schon los.
    Ich verließ lustlos das Haus und hatte dabei ein Gefühl, als sei ich den gestrengen Blicken einer Mutter entronnen, die vom Gelingen des ersten Versuchs ihrer Tochter, einen Mann einzufangen, nicht allzusehr überzeugt war.
    Das Boot war seit meiner letzten Reparatur schon einige Male benutzt worden, aber ganz offensichtlich war meine Mühe vergebens gewesen – es leckte bereits wieder, wenn auch an anderer Stelle, und Daniele war vom Wasserschöpfen bereits bis zu den Rändern seines Wamses naß, als ich endlich einsteigen konnte.
    Es wird schon gutgehen, beschwichtigte er mich, als er sah, wie ich das Leck beobachtete. Du kannst ihm ja sagen, daß Künstler keine reichen Leute sind und sich nicht ständig neue Boote leisten können.
    Ich warf den Kopf zurück und stöhnte: Ich komme zu spät, trage schon wieder Kleider, die mir nicht gehören, und gebärde mich so, daß er annehmen muß, ich wolle mir in der ersten Minute meines Besuches ein Boot erbetteln. Mamma mia , er wird es gewiß bedauern, daß er mich eingeladen hat! Und dabei habe ich ohnehin keine Ahnung, warum er das tut.
    Das wirst du ja jetzt bald erfahren, sagte Daniele, als ich abstieß, und winkte mir zu. Wir warten auf jeden Fall auf dich. So spät wird es ja nicht werden, oder?
    Ich hob die Schultern. Und kam mir ein zweites Mal vor wie ein Mädchen, das den Fittichen ihrer Mutter entrinnen will und sich vor Ratschlägen nicht retten kann.
    Es war bereits kurz vor Einbruch der Dämmerung, als sich mein Boot der Stelle näherte, von der aus man den Turm – es hieß, es sei früher einmal ein Mönch in ihm gefangengehalten worden – erblicken konnte. Die Spuren jener Explosion waren deutlich zu erkennen.
    Ich hatte den ganzen Weg darüber nachgedacht, was ich über diesen Nardo wußte. Es war nicht allzuviel, und es setzte sich aus Bausteinen zusammen, von denen ich längst vergessen hatte, woher sie eigentlich stammten. Ich wußte, er machte sich nichts aus Frauen, aber ganz offensichtlich machte er sich auch nichts aus Männern: Er ging lieber mit seinem Falken allein auf die Jagd und nahm nie jemanden mit, wenn er mit seinem Pferd, einem schwarzen Rappen, von dem es hieß, daß er alle hinter sich ließ, durch die Wälder galoppierte. Er hielt sich eine Meute von Hunden, über die es ständig Beschwerden gab, weil sie Menschen anfielen und ganz offensichtlich nur ihm und sonst niemandem gehorchten. Manche behaupteten sogar, es sei ein Wolf in dieser Meute, der alles reiße, was ihm vor die Lefzen komme. In der Kirche sah man ihn nie, und einige munkelten, was sich in diesem Turm da im obersten Stockwerk abspiele, sei gewiß nicht für andere Augen und Ohren bestimmt. Aber was nun wirklich stimmte, wußte man natürlich nicht, möglicherweise entsprang alles nur dem Neid darauf, daß es Menschen gab, die sozusagen vom Nichtstun lebten und sich keinerlei Sorge machen mußten, was sich in ihren Suppentöpfen befand und ob es auch jeden Tag reichte.
    Was mich betraf, so hatte ich all diese Gerüchte nie recht geglaubt. Mir war Nardo nie auf seinem schwarzen Rappen begegnet, und ob sich in seiner Meute ein Wolf befand, wußte ich ebenfalls nicht. Ich ruderte also mit aller Kraft in meinem lecken Boot voran, um möglichst trocken bei Nardos Turm anzukommen, und ich vermied es, mich gewagten Spekulationen auszusetzen. Es

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