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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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Fackel zur Seite, um zu sehen, wer da stand. Aber weder vor der Tür noch auf dem winzigen Streifen von Gras, der am Haus entlanglief, war jemand zu entdecken. Dagegen wieherte plötzlich hinter dem Haus mein Pferd. Und es waren Schläge gegen die Hauswand zu hören, es konnten Hufe sein, die an die Wand schlugen. Dann wieder ein Wiehern. Ich rannte zum rückwärtigen Eingang und riß im Laufen rasch noch eine Flinte von der Wand. Jetzt plötzlich ein menschlicher Schmerzenslaut und ein Fluch. Ich riß die Hintertür auf und sah, wie ein Mann versuchte, mein Pferd loszumachen. Die Stute mußte ihn gerade gebissen haben, obwohl sie das sonst nie tat. Ich legte die Flinte an, mit der ich so gut wie keine Erfahrung hatte, sah aber nun, daß der Mann nicht unbedingt wie ein Pferdedieb aussah. Seine Kleidung war zwar vom Schmutz entstellt, aber es ließ sich dank des Mondlichts erkennen, daß der Mann ein äußerst farbenprächtiges Gewand trug, so farbenprächtig, daß es aussah, als habe jemand sämtliche Farben meiner Palette auf einem kostbaren Samt zu wundersamen Mustern verteilt.
    Ich stand einen Augenblick reglos, wir starrten uns an. Es war Vollmond. Und ich war mir ganz sicher, daß ich diesen Mann nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte.
    Ihr schlaft in Brigidas Bett?
    Der Fremde stand vor mir. Ich hatte ihn in die Küche geführt, da er behauptete, eine Nachricht von Messer Orelli für mich zu haben. Er starrte auf das zerwühlte Lager, betrachtete mich belustigt.
    Das Haus des Fattore ist zerstört, erwiderte ich und ärgerte mich zugleich, da ich den Mann nicht einmal nach seinem Namen gefragt hatte und ihm wohl kaum eine Antwort schuldig war. Trotzdem fügte ich hinzu: Irgendwo mußte ich schlafen.
    Und weshalb gerade in diesem Bett?
    Ich zuckte mit den Achseln. Weshalb nicht in diesem? Es war bezogen, was bei den anderen Betten nicht der Fall war. Und es war ein leicht zerlegbares Reisebett.
    Er betrachtete mich noch immer, warf einen Blick auf meine Malkleider, die auf dem Stuhl lagen, dann ging ein amüsiertes Lächeln über sein Gesicht. Und Ihr habt Euch gewaschen, bevor Ihr in dieses Bett gestiegen seid?
    Ich wandte mich um, ging zu der Karaffe mit Wein und goß mir ein. Es gibt keinen Brunnen, der intakt ist, sagte ich. Auch für Euch nicht. Es gibt nur eine Regentonne seitlich vom Haus.
    Es gibt eine Zisterne im hinteren Keller, sagte derMann und warf seinen purpurnen Umhang lässig auf einen Stuhl.
    Natürlich. Es gibt auch eine Quelle irgendwo da draußen. Wenn sich der Nebel verzieht, werdet Ihr sie ganz gewiß finden, spottete ich.
    Ihr meint die, die den Berg hinaufläuft? fragte er mißtrauisch, als wolle ich ihm Unheil an den Hals wünschen und als sei diese Regelwidrigkeit des Wassers eine vom Teufel gewollte Bosheit, die ich freudig unterstütze.
    Ich hob die Schultern. Vielleicht läuft sie inzwischen nicht mehr den Berg hinauf, sagte ich und holte einen zweiten Becher aus dem Wandregal. Woher wißt Ihr überhaupt davon?
    Er nahm mir den Becher aus der Hand und die Karaffe, als wolle er damit kundtun, daß nicht ich der Hausherr war, sondern er, auch wenn wir es ganz gewiß beide nicht waren.
    Man erzählt essich im Dorf, sagte er. Ich hab es nicht mehr gesehen. Was wollt Ihr eigentlich in dem Haus? fragte er dann, während er sich im Raum umsah und erneut meine farbbedeckten Kleider auf dem Stuhl musterte.
    Ich sollte malen, gab ich kurz zur Antwort.
    Malen? Ausgerechnet jetzt, mitten im Februar?
    Die Arbeit muß fertig sein bis zum Frühjahr. Bis zur Hochzeit.
    Er nickte, wobei ein kaum wahrnehmbares Lächeln über sein Gesicht ging. Ach so, das erklärt natürlich alles. Dann ist die Sache doch nicht mehr so ganz ungewiß.
    Was meint Ihr damit, mit dieser ›Sache‹?
    Er trank einen Schluck, wischte sich mit der Hand über den Mund, öffnete unter dem Tisch eine Schublade und nahm ein Mundtuch heraus. Wenn der Ringtag bereits zweimal verschoben wird, dann sind die Dinge nicht eben mehr sicher, sagte er dann und wischte sich behutsam den Mund ab.
    Woher wißt Ihr das?
    Ich denke, der Bräutigam sollte doch wohl über den Ringtag Bescheid wissen, sagte er mit einem schiefen Lächeln. Es ist meine Hochzeit, für die Ihr Eure Knochen der Kälte aussetzt.
    Ich stellte meinen Becher ab und starrte ihn an. Ihr wollt Brigida heiraten?
    Etwas an mir auszusetzen? fragte er spöttisch.
    Nein, gewiß nicht. Ganz gewiß nicht, sagte ich und versuchte den Blick von seinem nahezu kahlen Kopf

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