Der Brennende Salamander
Wams wegen des Erdbebens beschmutzt ist, spottete ich.
Er bemühte sich, mit dem Lappen einen silbernen Knopf zu polieren, dann den Stoff von dem Schmutz zu befreien, und er fluchte vor sich hin, als er feststellen mußte, daß sein kostbares farsetto dadurch keinesfalls besser wurde. Falls Ihr es genau wissen wollt, sie liebt mich überhaupt nicht.
Ich spürte, wie der Pinsel in meiner Hand erstarrte und wie die Farbe an der Wand in einer Schliere nach unten tropfte.
Ihr habt recht gehört, sagte er mit einer Spur von Genugtuung in der Stimme, als er sah, wie ich ihn anstarrte. Sie liebt mich nicht. So etwas soll doch vorkommen, oder?
Und weshalb wollt Ihr sie dann heiraten?
Ich will sie gar nicht heiraten. Ich bin ihr aufgezwängt worden. Gewissermaßen.
Aufgezwängt? Von wem?
Nun, von wem wohl? Von meinem Vater natürlich. Er hat Pech gehabt in den letzten Jahren, viel Pech. Glaubt Ihr im Ernst, ich würde sonst eine virago heiraten?
Eine virago ? Ihr müßt verrückt sein, wenn Ihr sie für das haltet, sagte ich empört.
Er hielt inne mit seiner Wischerei und schaute hoch. Wißt Ihr es etwa besser? Ist sie vielleicht gar keine und tut nur mir gegenüber so? Keinerlei Berührung, kaum daß sie mir die Hand reicht, geschweige, daß ich etwas anderes an ihr berühren darf, ihren Mund schon gleich gar nicht. Von einem Kuß scheint sie noch nie gehört zu haben.
Ich tauchte den Pinsel in die Farbe, streifte ihn ab. Aber ich hatte nicht vor, ihm zu antworten.
Er lachte. Ach ja, fast hätte ich es vergessen. Ihr kennt Ihren Mund doch entschieden besser als ich.
Ich starrte ihn an. Wie bitte?
Nun ja, ich habe mich immer gefragt, wie es wohl ist, wenn man die Lippen eines Menschen berührt, der soeben in die Jauchegrube gefallen ist. Was man dabei empfindet.
Man empfindet gar nichts, sagte ich zornig, nur Angst, daß alles umsonst sein könnte. Und deswegen stört es einen auch nicht, daß man selber den Mund voller Jauche hat, nachdem man sie mit einem Strohhalm abgesaugt hat. Begreift Ihr das?
Um Himmels willen, regt Euch nicht auf! beschwichtigte er mich. Brigida hat diese Geschichte nur so oft erzählt, immer wieder, vor allen möglichen Leuten, so daß ich am Schluß unsicher war, ob sich überhaupt alles auf diese Weise zugetragen hat. Schließlich erinnert man sich nicht mehr an Dinge, die geschehen sind, als man kaum zwei Jahre alt war. Irgendwer muß es ihr erzählt haben, und weil sie die Geschichte so schön fand, hat sie sie weitererzählt. Und ausgemalt, da bin ich ganz sicher.
Ich wußte nicht mal, daß man ihr die Geschichte überhaupt erzählt hat. Von mir hat sie sie ganz gewiß nicht.
Nein, von Euch gewiß nicht, bestätigte er. Was solltet Ihr ihr auch erzählen? Daß Ihr bereits ihren Mund genossen habt? Ihr habt ihr ja nur Olivenzweige ins Haar gebunden, damals in Eurer Kinderzeit. Und vermutlich würdet Ihr das am liebsten heute noch tun, spottete er und legte den fleckigen Lappen zwischen meine Farben auf den Schemel.
Ich wußte nicht, was er getan hatte, seit er mich am Morgen verlassen hatte. Ich stellte nur zur Mittagszeit zu fest, daß aus meinem Topf mit dem Hasenpfeffer, den ich in die Speisekammer gestellt hatte, die besten Stücke fehlten. Aber er mußte sie kalt gegessen haben, da in der Küche kein Feuer brannte. Als ein angenehmer Holzgeruch durchs Haus zog, nahm ich an, daß dieser aus dem Kamin der Bibliothek kam und dieser sich dorthin zum Lesen zurückgezogen hatte.
Am anderen Morgen hörte ich Klopfgeräusche aus der limonaia , die hinter dem Haus lag. Vermutlich gedachte er, den Tag im Treibhaus zu verbringen. Als nach einiger Zeit ein seltsamer Geruch zum Haus drang, überlegte ich, ob es nicht besser sei nachzuschauen, da dies der Raum war, den man einst Brigidas Vetter Nardo für seine Arbeit zur Verfügung gestellt hatte. Dies allerdings erst, nachdem er mit seinen diversen Versuchen, Gold zu machen, einen Turm am Arno halb in die Luft gesprengthatte. Aber dann ließ ich es sein in der Hoffnung, daß Brigidas Bräutigam nicht ebenso verantwortungslos mit den Gerätschaften und Materialien der Goldmacherei herumexperimentierte.
Was macht Ihr eigentlich abends? wollte er wissen, als die Dämmerung herabfiel und ich in der Küche ein Feuer machte.
Ich zuckte mit den Achseln, weil ich ihm keinesfalls verraten wollte, daß ich mich stets möglichst früh mit einem Buch in Brigidas Bett zurückzog: Nichts.
Nichts?
Nichts. Ich spiele Schach, manchmal, fügte ich
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