Der Brennende Salamander
abzuwenden. Weshalb sollte ich, schob ich rasch hinterher, wobei mir die Zahl der Runzeln in seinem Gesicht auffiel – er war wohl fast doppelt so alt wie Brigida.
Die Glatze – das liegt in der Familie, sagte er mit einem spärlichen Lächeln. Sie kommt nicht von der Neapolitanischen Krankheit.
Das dachte ich auch nicht, sagte ich hastig.
Doch, doch, das dachtet Ihr schon! Jeder würde das denken. Aber es interessiert mich nicht, was Ihr denkt, fuhr er dann fort und hängte sein Barett an den Haken. Auch wenn Ihr Brigida schon von Kindesbeinen an kennt.
Dabei zog er das Wort ›Beine‹ so in die Länge, daß es sich nicht wie die harmlose Bezeichnung eines Körperteils anhörte, sondern wie eine Obszönität. So zumindest hat sie es mir erzählt, erklärte er dann freundlich. Daß Ihr sie vor den Augen ihrer Eltern gerettet, aus der Jauchegrube gezogen und ihr das Leben ein zweites Mal gerettet habt, als sie in den Fischteich fiel. Gerechterweise sollte Euch dieses Leben dann doch für den Rest aller Zeiten gehören, oder etwa nicht?
Ich nahm die Flinte, die ich auf den Tisch gelegt hatte, und schob sie wieder in die Halterung an der Wand. Kann ich Euch behilflich sein beim Auswählen des Bettes? fragte ich dann höflich.
Er zog die Brauen hoch. Ich kenne mich aus. Auch wenn Ihr mir vermutlich nicht glaubt.
Ihr wißt auch, wo die Laken sind?
Er stellte seinen Becher auf das Kaminsims. Nicht nur die Laken, ich weiß sogar, wo die Lavendelbeutel aufbewahrt sind, und auch, wo sich die getrockneten Rosenblätter befinden, die man in der Hochzeitsnacht über das Bett streut, sagte er dann mit verschwörerischer Stimme. Und er sagte es genau so, daß ich annehmen mußte, er habe bereits dutzende Male die Lagerstatt mit Brigida geteilt, obwohl ich das nicht glauben konnte.
In der Nacht lag ich wach. Ich hörte, wie Brigidas Bräutigam, der es nicht einmal für nötig erachtet hatte, mir seinen Namen zu nennen, über mir auf dem knarrenden Holzboden hin und her lief. Es schien mir, daß es stundenlang währte. Dann wurden ganz offensichtlich Möbel verschoben, auch wenn ich mir nicht recht vorstellen konnte, was er wohin rückte. Irgendwann wurde dann ein Fenster geöffnet, und ich fragte mich, ob es ihm im Haus nicht kalt genug war, so daß er auch noch die eisige Nachtluft hereinlassen mußte.
Dann plötzlich das Knarren des Bettes, das Schlagen des Bettpfostens – es hörte sich an, als werfe sich jemand auf den breiten Rücken eines Ackergauls und stapfe schwerfällig mit ihm davon. Und irgendwann zwischen Wachen und Schlaf hörte ich plötzlich Trompetenklänge. Zumindest schien es mir so.
Am anderen Morgen hielt ich es für höchste Zeit, Grenzen zu ziehen zwischen uns. Ich war weder sein Diener noch ein Hausknecht, noch hatte ich vor, die Köchin zu ersetzen. Wollte er essen, so mußte er sich selbst darum kümmern. Ich hatte mir vorsorglich mein übliches Morgenmahl, einen Becher mit Wein, auf einen Schemel neben die Wand im Flur gestellt und aß das trockene Brot, während ich zu malen begann.
Ich hoffe, Ihr habt etwas für mich übriggelassen, sagte er mürrisch, als er gegen Mittag unrasiert und trotz der Zisterne im Keller offensichtlich ungewaschen erschien.
Ich habe es überschlagen, sagte ich bissig, es reicht bis zur nächsten Sintflut.
Er schaute mich grimmig an.
Also bis zur nächsten Pest ganz gewiß, schwächte ich ab. Es ist alles da, vom gepökelten Seefisch bis zur Pfirsich-Ratafia.
Pfirsich-Ratafia? wiederholte er. Hab ich noch nie gehört. Was ist das?
Ich schüttelte den Kopf. Das weiß ich nicht. Es steht neben dem Schlehenlikör, Ihr könnt es probieren. Allein die Liköre reichen uns für die nächsten vier Wochen. Und bis dahin wird uns gewiß jemand aus dem Dorf entdecken.
Nicht, wenn der Satan das Wasser bergwärts fließen läßt, sagte er zornig. Da kommt ganz gewiß niemand herauf.
Wenn der Nebel schwindet, könnt Ihr sehen, daß es vermutlich längst wieder zu seinem normalen Lauf zurückgekehrt ist.
Er näherte sich meinen Malutensilien und nahm ein Stück der dünnen Leinwand, die ich zum Reinigen meiner Pinsel benutzte. Ihr erlaubt?
Wozu?
Damit ich hier nicht wie ein abgerissener Wandersmann herumlaufen muß, sagte er mürrisch und versuchte, den Schmutz von seinem purpurnen farsetto zu entfernen.
Mich stört's nicht, wie Ihr herumlauft.
Aber mich. Schließlich könnte es ja sein, daß Brigida hier auftaucht.
Meint Ihr, sie liebt Euch weniger, wenn Euer
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