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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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von uns sie mit einem Messer am Finger verletzt, damit sie nicht auftragen kann, und als keiner bereit war, dies zu tun, hat sie ganz einfach mit aller Selbstverständlichkeit die Hand auf den Ofen gelegt. Und jetzt kann sie vermutlich eine ganze Woche nicht arbeiten.
    Dann werden sie sie hinauswerfen, befürchtete Daniele.
    Das wird Messer Orelli nicht zulassen, erwiderte Leonello.
    Wer weiß, was da alles hinter verschlossenen Türen läuft, sagte Daniele.
    Und weshalb waren diese Männer überhaupt hier? Hatte es irgendeinen Sinn? wollte ich wissen.
    Vermutlich will sie zwei weitere Eisen im Feuer haben, wenn die Hochzeit mit Noldani ins Wasser fällt, sagte Rocco.
    Und spätestens hier war mir klar, was Matteo gemeint hatte.
    Abends, als ich bereits im Bett lag, mußte ich daran denken, was Sadona gesagt hatte: Immer wenn ich in den letzten Tagen an Brigidas Tür vorbeigegangen war, hatte ich irgendwelche Gebetsfetzen gehört. Einmal war ich stehengeblieben, weil ich genauer wissen wollte, was sie da aufsagen mußte und womit sie gequält wurde: Es waren drei Vaterunser, drei Ave Maria und drei Anrufungen der Dreifaltigkeit – das Ganze dreimal hintereinander. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Brigida bei dieser Überfütterung von religiösen Texten überhaupt noch irgend etwas empfand, aber darum ging es Brigidas Mutter sicher nicht. Sie war eine getreue Schülerin Savonarolas gewesen, und sie war es auch heute noch, auch wenn der Mönch längst tot war. Und bis zu ihrem Lebensende würde niemand sie davon abbringen, daß dieser Mann bis in alle Ewigkeit recht haben würde. Also zwang sie Brigida, die Gebete herunterzuleiern, die sie mit einer Nachlässigkeit abspulte, als memoriere sie die Zutaten für einen Kuchen. Und alles mit einer Geschwindigkeit, als wolle sie einen Preis im Schnellreden gewinnen oder die Sache so rasch wie möglich hinter sich bringen.
    Und ich wälzte mich in meinem Bett herum und dachte mir tausend Möglichkeiten aus, wie wir Brigida helfen könnten. Aber von diesen tausend Möglichkeiten taugte beim hellen Licht des Tages keine einzige.
    Und Barnabas' Wiese war so fern wie der fernste Stern.
    Es war an einem Sonntag gewesen, er lag viele Jahre zurück, und es war weit und breit noch kein Wort von einer Hochzeit gefallen. Zumindest von keiner, die die Familie Orelli betroffen hätte. Wir waren an jenem Tag an den Arno gegangen, Brigida und ich allein, da alle übrigen andere Pläne hatten: Lazzaro war beim palio , Rocco wollte eine Kapelle besichtigen, von der wir uns erhofften, daß wir sie eines Tages ausmalen durften, Daniele und Leonello verbrachten den Tag in der Badstube.
    Ich hatte meinen Skizzenblock und einen Malkasten eingepackt, dazu wie üblich die alten Kontobücher Messer Orellis, um Papier zu sparen. Brigida hatte einen Korb mit Eßwaren dabei und eine kleine Wachstafel für Skizzen.
    Male den Tag! sagte sie plötzlich, kaum daß wir uns auf der Wiese niedergelassen hatten. Male den Tag! Diesen Tag! Diese Stunde!
    Ich hatte nicht nachgefragt, als sei dies der selbstverständlichste Wunsch dieser Welt, den eine Frau äußern konnte. Ich hatte zu malen begonnen, ohne recht nachzudenken. Ich malte eine Wiese, saftiges Gras, pralle, bunte Sommerblumen, Schmetterlinge, die über die Wiese schaukelten, eine Biene, halb versunken in irgendeinem Blütenkelch. Am Rande der Wiese eine Katze, die träge in die Sonne blinzelte.
    Und dann malte ich ein Kind.
    Ein Kind, das mit schlenkernden Armen lachend zwischen diesen Blumen und Schmetterlingen hindurchlief. Hüpfte.
    Wessen Kind ist das?
    Ich betrachtete das Kind, kniff die Augen zusammen.
    Unseres, sagte ich dann und pinselte weiter.
    Sie schaute mir lächelnd zu. Noch war nicht zu erkennen, ob es sich um einen Jungen handelte oder ein Mädchen.
    Es wird ein Junge? fragte sie nach einer Weile begierig.
    Es wird, was immer du willst, gab ich zurück und malte dem Knaben Haare, die in langen Locken auf seinen Rücken hinabhingen.
    Du hast ihm blonde Haare gemalt, sagte sie.
    Na und? Du hast doch auch blonde.
    Aber ich will, daß er deine Haare bekommt, pechrabenschwarze! befahl sie.
    Die passen nicht zu seinem Gesicht, gab ich zur Antwort. Schau, er hat ein sanftes Kindergesicht!
    Gut, soll er blonde Haare haben! sagte sie übermütig. Wie nennen wir ihn?
    Schlag du einen Namen vor! sagte ich und bevölkerte den Hintergrund des Bildes mit kleinen Schäfchen.
    Taddeo, sagte sie und rief laut den Namen. Und dann ein

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