Der Brennende Salamander
stieß Sadona hervor, und an der Rötung ihrer breiten Narbe im Gesicht konnten wir sehen, wie sehr sie die Sache erregte. Sie zwingt sie zu pausenlosem Beten, und sie wird sie noch härter bestrafen. Sie wird sie züchtigen.
Rocco lachte. Messer Orellis Tochter schlagen?
Er ist nicht im Hause, erklärte Sadona. Natürlich würde sie es nicht wagen, wenn er da wäre.
Und woher weißt du das mit dem Einsperren? fragte Daniele, kaum weniger skeptisch als Rocco.
Weil ich das Gesindezimmer auf dem Dach richten muß, obwohl kein weiterer Diener erwartet wird, erklärte Sadona. Und Brigida bringt bereits heimlich irgendwelche Sachen in ihre Verstecke.
Die Dachkammer ist nicht heizbar, wandte Leonello ein. Sie wird ihre Tochter nicht erfrieren lassen wollen.
Ihre Stieftochter, korrigierte ihn Sadona. Und es geht aufs Frühjahr zu.
Gut, ihre Stieftochter. Trotzdem glaube ich das nicht, sagte Rocco und schaute mich an.
Ich zuckte mit den Achseln. Ich glaube es schon, sagte ich dann. Sie verliert ihr Gesicht vollends, nachdem die Nachbarschaft gesehen hat, daß sie die Hochzeitsvorbereitungen schon zum drittenmal vorantrieb, und nun ist wieder alles unklar.
Kerzen kann man auch für andere Zwecke verwenden, sagte Lazzaro und gähnte.
Aber kaum in solchen Mengen. Sie kann fünf Beerdigungen damit ausrüsten, sagte Daniele.
Vielleicht bekommt sie sie billiger, wenn sie diese Mengen bestellt, sagte Lazzaro und stand auf. Ihrer Sparsucht ist alles zuzutrauen.
Als Sadona uns verließ, glaubte außer mir keiner, daß Ginevra Orelli es wagen würde, ihre Tochter zu schlagen, weil diese sich weigerte, einen Mann zu heiraten, der gerne Sozius bei einer Bank werden wollte und dazu dringend eine Mitgift brauchte. Und der dem Alter nach fast ihr Vater sein konnte.
Aber als ich am anderen Abend mit Daniele die steile Dachtreppe zu den Gesindezimmern hinaufschlich, hörten wir Brigidas Lautenspiel durch eine Tür. Wir standen auf dem Treppenabsatz, starr vor Entrüstung, und wir trauten uns nicht zu klopfen. Nach einigen Sekunden verstummte das Instrument, wir hörten Schritte, die zur Tür kamen. Macht euch keine Sorgen, in drei Tagen kommt mein Vater, dann ist es zu Ende, flüsterte Brigida.
Können wir etwas für dich tun? fragte Daniele leise und rüttelte vorsichtig an der Türklinke.
Bringt mir Farben, und gebt sie Sadona mit, wenn sie mir das Essen bringt! Hier ist abgeschlossen.
Welche Farben willst du? fragte ich.
Die Farben für Barnabas' Wiese, sagte sie leise.
Daniele schüttelte den Kopf, als wir die Treppe hinunterstiegen. Weißt du, was sie damit meint?
Ich denke schon.
Zwei Tage später, als ich die bottega verließ, in der ich Brigidas Farben gekauft hatte, traf ich Matteo, einen der ehemaligen innocenti, der inzwischen in einer Bank arbeitete.
Bevor ich etwas sagen konnte, zog er mich in eine Seitengasse und flüsterte mir zu: Seine Bank wird in kürzester Zeit Konkurs machen.
Ich brauchte nicht lange zu fragen, wessen Bank. Wir wußten inzwischen von den Ambitionen von Brigidas Bräutigam. Und da er mir in der Villa leichtsinnigerweise erzählt hatte, daß er aus einer Familie von Fallierern stamme, war die jetzige Situation kaum verwunderlich.
Er gehörte zu den einundzwanzig Teilhabern, und sein ungeschicktes Agieren bei Geschäften in Flandern hat letztendlich den Zusammenbruch herbeigeführt, erzählte Matten. Aber ganz gewiß wird er versuchen, es zu vertuschen, zumindest so lange, bis Brigidas Vermögen auf ihn überschrieben ist. Danach kann er alles machen, was er will. Er kann sogar die Stadt verlassen, das Land verlassen. Er braucht sie nicht einmal zu heiraten, er hat ja bereits die Mitgift.
So etwas gibt es nicht. Schließlich haben wir Advokaten, wandte ich ein.
Matteo lachte. Glaubst du? Weißt du etwa nicht, daß bei uns die gesamte Gerichtsbarkeit bestechlich ist, vom kleinsten Milizbeamten bis zum höchsten Richter? Er will Brigida ja heiraten, sie ist es, die sich sperrt. Und seine Eltern brauchen die hohe Mitgift, damit sie ihrerseits nicht in Konkurs gehen und außerdem ihren drei Töchtern wenigstens zu einer winzigen Mitgift verhelfen können.
Ich konnte es nicht glauben. Jeder Vater möchte, daß seine Tochter, in diesem Fall sogar seine einzige Tochter, den richtigen Mann heiratet und daß ihre Mitgift in die richtigen Hände kommt, sagte ich.
Brigidas Mutter hat offenbar Geld, privates Geld, in die Geschäfte ihres zukünftigen Schwiegersohns gesteckt. Wenn sie ihn nun
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