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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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entdeckte. Es war wie ein Blitz, der da über ihn kam.
    Und ich erlebte es mit.
    Wir waren an jenem Nachmittag – vermutlich mehr, weil es hier angenehm kühl war, als um zu beten – in eine Kirche gegangen, die gerade renoviert wurde, und dabei sahen wir einen Maler auf einem Gerüst stehen. Das Gerüst war nicht sehr stabil, und der Mann wollte es offensichtlich mit Schnüren wieder zusammenbinden. Er entdeckte uns, und bat uns, für einen Augenblick seine Palette zu halten, damit er ein Brett, das sich gelockert hatte, befestigen könne.
    Rocco hatte die Palette über den Daumen gestülpt und starrte auf die Farben, die ihm da anvertraut wurden. Er deutete auf ein leuchtendes Blau und sagte bewundernd: Das ist wunderschön. Wie nennt man das?
    Aquamarin, sagte der Maler freundlich und deutete dann mit dem Pinsel auf eine andere Farbe: Und das hier ist Umbra.
    Aquamarin und Umbra, flüsterte Rocco, als seien die Worte ein Sesam-öffne-dich. Und als der Maler anschließend wieder auf sein Gerüst stieg, fragte ihn Rocco nach den Namen der übrigen Farben. Nicht unbedingt zur Freude des Mannes, der sich wohl gestört fühlte und ihm deshalb riet, zu einem speziale zu gehen, wenn er sich so für Farben interessiere.
    Rocco nickte eifrig. Und wo finden wir einen solchen Gewürz- und Farbenhändler?
    Der Maler beschrieb ihm den Weg, ich trottete mit, mehr oder weniger uninteressiert, zumal ich an diesem Abend die Aufgabe des Tischdeckens hatte und nicht zu spät zurückkommen wollte.
    Komm, wir schauen uns das an! sagte Rocco mit dem gleichen Eifer, mit dem er sonst das Tischgebet zu sprechen pflegte oder den Ministrantendienst verrichtete.
    Es dauert zu lang, sagte ich mürrisch, wir kommen zu spät zum Essen.
    Essen, essen, erwiderte Rocco abfällig, immer denkst du ans Essen, wenn es um Höheres geht.
    Ich gab zu, daß ich ziemlich oft ans Essen dachte, wenn auch nicht immer. Und gerade diesmal dachte ich daran, weil uns die Köchin zum Namenstag unseres Vorstehers Zuppa di colombe versprochen hatte und im Anschluß daran Lumace all'pastella 'uova, die man heiß essen mußte, weil sie sonst nicht schmeckten.
    Aber ich ging selbstverständlich mit, und als Rocco zum speziale sagte, daß wir uns für Farben interessierten, nickte ich begeistert, obwohl ich noch immer an Savonarola dachte und seine Abscheu vor Buntheit auf allen Gebieten.
    Für Farben interessieren? fragte der Mann unfreundlich, dessen bottega gerade überfüllt war. Sie kosten teures Geld. Habt Ihr welches?
    Ich zog Rocco am Arm und erinnerte ihn noch mal an das Abendessen. Beim letztenmal, als wir an einem anderen Festtag zu spät kamen, hatten die anderen die Taubenstücke bereits aus der Zuppa gegessen, und die Lumace waren kalt gewesen.
    Ich könnte Botengänge für Euch erledigen, bot sich Rocco an und schob meine Hand zur Seite. Ich will die Farben nur anschauen. Ihre Namen lernen.
    Der Mann schaute uns mißtrauisch an. Vermutlich nahm er an, daß der eine von uns so tat, als wolle er die Namen der Farben lernen, während der andere sie inzwischen unbemerkt abschleppte.
    Du willst auch die Namen der Farben lernen? fragte er mich lauernd.
    Rocco trat mir auf den Fuß, und so nickte ich wieder begeistert.
    Nun, ihr könnt morgen das Hinterzimmer der bottega fegen und neu streichen, danach könnt ihr die Namen der Farben lernen, sagte er schließlich und ließ uns stehen.
    Ein einträgliches Geschäft für ihn, da kommt ganz gewiß nichts dabei heraus, sagte ich mürrisch, als wir nach Hause rannten, wo wir uns atemlos an den Tisch setzten, auf dem die Schüsseln bereits halb leer gegessen waren.
    Weißt du, ich könnte mir vorstellen, daß dies eines Tages ein Beruf wäre, der mir Spaß machen würde, sagte Rocco, ohne sich darum zu kümmern, daß uns nur wenig mehr als die Brühe geblieben war. Da gibt es nämlich ein Bild, das ich sehr bewundere.
    Ich häufte mir hastig eine Portion der Lumace auf den Teller. Welches Bild? fragte ich dann mit vollem Mund.
    Ein Bild von Masaccio. Es ist in der Kirche Santa Maria Novella.
    Ich hatte nie von diesem Masaccio gehört, auch wenn mir Leonardo, Michelangelo und Botticelli ein Begriff waren.
    Da gibt es ein Bild, das berühmt ist, sagte Rocco, und ich fragte mich wie so oft, woher er das wußte. Ich gebe zu, daß dies wieder einmal ein Grund dafür war, daß ich eifersüchtig wurde. Ich mochte es nicht gerne, daß er etwas wußte, an dem ich keinen Anteil hatte.
    Woher weißt du das? fragte ich, ohne

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