Der Brennende Salamander
in Prato geschehen war, und mit einem Male hatte ich das Gefühl, ich könne mich von diesen schrecklichen Bildern vielleicht dadurch befreien, daß ich sie auf die Leinwand bannte. Aber schon bei den ersten Pinselstrichen stellte ich fest, daß diesesBild nur mißlingen konnte. Die prospettiva ließ sich nicht ohne weiteres hervorzaubern, nicht eine der Linien stimmte, und mir machte nicht einmal die Arbeit mit meinem Tetraeder mehr Freude.
Der Tag, an dem ich glaubte, es sei nun genug der Trauer, war jener Tag, an dem ich Brigida in der Stadt bei einem Perückenmacher traf. Sie war soeben dabei, sich einen Zopf auszusuchen, um ihn in ihren kurzgeschnittenen Haaren zu befestigen.
Meine Mutter hat mir Geld gegeben, sagte sie fröhlich, dreihundert Librae. Sie hat gesagt, ich soll mir einen Zopf kaufen und außerdem etwas Schönes zum Anziehen. Kannst du dir das vorstellen? Sie hat mir noch nie im ganzen Leben Geld gegeben für Kleider. Ich habe stets nur die abgelegten Sachen ihrer Schwester getragen, die wie sie eine Anhängerin von Savonarola war und daher ebenfalls nichts anderes trug als Sack und Asche.
Wir gingen miteinander zu einem Kleiderhändler, und ich begutachtete zum erstenmal in meinem Leben Sachen, die eine Frau anprobierte. Ich gab meine Meinung dazu ab, die mich selbst verblüffte, da ich stets angenommen hatte, daß ich zu so etwas nicht fähig sei. Ich genoß dieses Tun. Und als wir uns unter vielem Lachen und gründlichem Überlegen schließlich für ein geschlitztes Kleid und einen Rock aus Scharlachtuch entschieden hatten und der hartnäckigen Anpreisung des Verkäufers erlegen waren, der diesem Kauf unbedingt ein Paar roter Schuhe aus Stoff hinzufügen wollte, verstieg ich mich in die Vorstellung, wir seien bereits ein junges Ehepaar.
Anschließend gingen wir zu einer Händlerin mit Schönheitsmitteln und kauften all das ein, was Brigida nie zuvor besessen hatte, so auch einen Absud von Bohnen, Lilien und Rosen, um Brigidas blonde Haare noch glänzender zu machen. Die Frau riet außerdem zum Mondlicht, was die blonden Haare angeblich noch heller machen würde. Als wir uns auf den Heimweg machten, war unser Korb voll und Brigidas Beutel leer, aber wir fühlten uns so glücklich wie schon lange nicht mehr.
Ich hoffe, deine Mutter probt nicht das Vorspiel zum nächsten Bräutigam, sagte ich, ohne darauf eine Antwort zu erwarten.
Brigida lachte. Sie hat bereits einen im Auge: diesmal einen Witwer mit drei unmündigen Kindern. Ich könnte, was das Alter betrifft, wirklich seine Tochter sein. Aber ich bin sicher, daß meine Mutter meinen Vater diesmal nicht dazu überreden kann, endlich eine gehorsame Ehefrau aus mir zu machen. Zumal eine mit abgeschnittenen Haaren, die ohne weiteres auch aus der Via nuova degli Spardai kommen könnte.
Du meinst, kaum daß du dem Tod entronnen bist, geht die ganze Prozedur schon wieder von neuem los? fragte ich entsetzt.
Brigida legte ihre Hand beruhigend auf meinen Arm. Bis jetzt ist weder ein Heiratsvermittler im Spiel noch hat mein Vater ein Pfand hinterlegt, noch ist irgendein Zeitpunkt für das Wechseln der Ringe festgelegt. Bis jetzt steht nichts anderes fest, als daß der Bräutigam diesmal aus dem eigenen Kirchspiel stammt und damit kein Fremder ist.
Ich war nur halb davon überzeugt, daß nicht neues Unheil auf uns zukommen würde. Bin ich für dich etwa ein Fremder? wollte ich wissen. Nur weil ich aus einem anderen gonfalone stamme?
Brigida schaute mich prüfend an. Wie könnte ein Mann ein Fremder sein für eine Frau, die ihm ihr Leben verdankt?
Und Rocco?
Brigida besann sich, setzte zu einem Satz an, schluckte ihn dann aber hinunter. Ihr seid meine Brüder, alle, auch Daniele, erwiderte sie dann lächelnd. Habe ich dies nicht schon einmal gesagt?
Am Abend, als ich in meinem Bett lag, grübelte ich über Brigidas Zögern und den verschluckten Satz nach. Rocco hatte sich mehr als einmal über meine hartnäckige Lust zu grübeln amüsiert, selbst wenn keinerlei Anlaß dafür bestehe, würde ich ganz sicher einen Grund dafür finden. Ich sei offenbar besessen davon, mich über Dinge zu beunruhigen, die es überhaupt nicht gab. Ich löschte meine Kerze und drehte mich auf meine Schlafseite. Aber ich war ganz sicher, daß es irgendeinen Grund gegeben hatte für dieses Zögern. Und daß er mit uns beiden zu tun hatte.
D IE V ERSCHWÖRUNG
Es war der Abend, an dem wir das Brüllen der Löwen zum erstenmal seit langer Zeit wieder hörten.
Wir saßen
Weitere Kostenlose Bücher