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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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es frisches Brot? Wobei Daniele schon nach kurzer Zeit alles wieder vergaß, da der Vin santo inzwischen seinen Tribut forderte.
    Und so schlichen wir dann kurz vor Tagesanbruch aus dem Haus. Wir stiegen über die Leichen neben dem Backtrog, die bereits zu stinken begannen, und versuchten, uns zu geben wie Soldaten nach einer geglückten Raubtour: Rocco hatte ein kleines Fäßchen Vin santo unter dem Arm, Brigida – ihre Hände hatten wir mit Blut eingerieben und ihre Haare abgeschnitten, was sie ohne Klagen über sich hatte ergehen lassen – trug einen Korb mit biscotti am Arm, den sie geschäftig vor sich her schwenkte, Daniele hatte eine Schaufel geschultert, als wolle er Gräber ausheben, und ich hielt ein Banner aus weißer Seide mit einem schwarzen Maultier darauf, das wir in einem umgestürzten Troßwagen gefunden hatten.
    Die Haare wachsen nach, hatte Brigida mit aller Selbstverständlichkeit gesagt, als Rocco sie abschnitt, vermutlich dachte sie dabei an die Mädchen, die vor ihren Augen mehrmals vergewaltigt worden waren und sich anschließend in den Brunnen gestürzt hatten.
    Die gehören uns, schrie uns eine Gruppe von Soldaten entgegen, die schreiende Nonnen vor sich hertrieben und offenbar annahmen, wir wollten ihnen ihre Beute abjagen.
    Nehmt sie, nehmt sie nur! Wir hatten schon welche, schrie Rocco wild lachend zurück. Sie haben uns nicht geschmeckt.
    Daniele und ich schrien unsere spanischen Brocken hinüber, Obszönitäten und Flüche, die Rocco uns beigebacht hatte, aber der Lärm der um Hilfe schreienden und laut Gebete hervorstoßenden Frauen war so groß, daß die Soldaten uns gewiß nicht verstanden.
    Natürlich standen die Pferde nicht mehr in jener Scheune an dem kleinen See, was Daniele allerdings eher zum Aufatmen brachte, da er nicht unbedingt der kundigste Reiter war.
    Wir mußten zu Fuß gehen.
    Seht zu, daß wir so früh wie möglich nach Hause kommen! drängte Rocco, als wir nicht rasch genug gingen. Das Gesindel lauert immer noch an allen Ecken und Enden.
    Und die Soldaten, versprengte Reste der Miliz unserer Stadt, die darauf warten, dieses Gesindel in den Arno zu werfen, ebenfalls, sagte Daniele. Ich fühle mich nicht sicher in dieser seltsamen Verkleidung, die mich an Karneval erinnert.
    Die Frauen in der Via nuova degli Spardai tragen auch kurze Haare, sagte Brigida nüchtern.
    Du kannst deine Haube später so aufsetzen, daß man es nicht sieht, versuchte Daniele sie zu trösten.
    Lauft schneller! drängte Rocco. Unterhalten könnt ihr euch später.
    Könnten wir nicht ein Stück auf dem Arno fahren? schlug ich vor.
    Wie denn? Dazu müßten wir weiter nach Süden, und das ist ein ziemlicher Umweg. Und überhaupt, wo bekommen wir ein Boot her?
    Ich kenne eine Stelle, wo Kähne liegen, sagte ich.
    Und woher weißt du das? wollte Daniele wissen.
    Ich weiß es eben, sagte ich und verschwieg, daß ich die Kähne bei meinennächtlichen Posaunenausflügen entdeckt hatte.
    Wir könnten vielleicht nach Poggio a Caiano gehen, schlug Daniele vor.
    Rocco stöhnte auf. Und natürlich empfangen uns dort die Medici sofort mit seidenen Gewändern und Ambrosia und Nektar.
    Du könntest mich wenigstens ausreden lassen, beschwerte sich Daniele. Mein Vetter arbeitet dort in der Küche.
    Ich blieb stehen. Vielleicht ist das besser als eine durchschnittene Kehle.
    Zumindest könnten wir bei ihm irgendwelche Kleider bekommen, sagte Daniele.
    Und uns dazu an dem köstlichsten Vin santo laben, spottete Rocco, nur für den Fall, daß ihr ihn noch nicht über habt.
    Seit Lazzaro weg ist, ersetzt du ihn, sagte Daniele. Ich meine, was den Spott betrifft.
    Da vorne liegt ein umgestürzter Wagen, sagte Brigida plötzlich. Sieht aus wie ein Haufen voller Leichen.
    Nur ein Bündel Kleider, alter Kleider, sagte Rocco, als wir näher kamen. Sieht aus wie von einer Gauklertruppe.
    Wieso Gauklertruppe? Fast lauter Mönchskutten, stellte ich fest und wühlte in den Kleiderbergen. Aber von ganz verschiedenen Orden.
    Rocco legte sich bereits eine der Kutten um die Schulter und warf Brigida eine andere zu. Da findet jeder von euch eine passende.
    Einige der Kutten waren blutig, aber Rocco verbot uns, auch nur einen einzigen Satz darüber zu verlieren. Los, beeilt Euch! sagte er. Deinen Vetter aus der Küche der Medici brauchen wir jetzt nicht mehr, Daniele. Wir gehen so rasch wie möglich zum Arno. Falls Ambrogio die Stelle wiederfindet.
    Du kannst sicher sein, daß ich sie finde, sagte ich verkniffen, weil ich

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