Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
S. 7-82.
[250; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
12. Juli 1973
Lieber Thomas Bernhard,
ich bin von verschiedenen Reisen wieder zurück und arbeite wieder an meinem Frankfurter Schreibtisch. Wie geht es Ihnen? Wie entwickeln sich die Arbeiten? Wie gestalten sich die Vorhaben? Wann sehen wir uns? Lauter Fragen.
Ich habe sicherlich bis Ende Juli dringlich hier zu tun, wäre jedoch in der ersten Hälfte August freier. Kommen Sie einmal in nördlichere bzw. westlichere Zonen, so daß wir uns auf halbem Wege treffen könnten? Das Fliegen ist gegenwärtig in den deutschen Breiten ja nicht sehr angenehm. 1
Mit allen guten Wünschen für Sie und herzlichen Grüßen
Ihr
Siegfried Unseld
1 Am 11. Juli 1973 sterben bei einem Flugzeugunglück auf dem Pariser Flughafen Orly 123 Personen.
[251; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
23. Juli 1973
Lieber Thomas Bernhard,
ich höre nichts von Ihnen, also arbeiten Sie! Oder?
Ich hoffe, mein letzter Brief hat Sie erreicht; es wäre schön, wenn wir uns in der ersten Augusthälfte irgendwo sehen könnten. Bitte, nennen Sie mir Ihre Möglichkeiten.
In der »Zeitwende« las ich einen Essay von Heinz Beckmann »Die Welt des Thomas Bernhard«. Ich schicke Ihnen diesen Text zu, weil ich annehme, daß Sie die Zeitschrift nicht kennen.
Schöne Grüße
und auf bald
Ihr
Siegfried Unseld
Anlage 1
1 Heinz Beckmann: Die Welt des Thomas Bernhard , in: Zeitwende 1973, S. 264-274. Es handelt sich um den Text eines Vortrags an der Akademie Rabanus Maurus im Jahr 1971.
[252; Anschrift: Ohlsdorf; Telegramm]
Frankfurt am Main
27. Juli 1973
möchte sie gerne dienstagabend 7. oder mittwoch 8. august in ohlsdorf, salzburg oder anderswo treffen bitte geben sie mir bescheid
herzlich ihr
siegfried unseld
[253; Telegramm]
[Ohlsdorf]
[zwischen 27. und 31. Juli 1973]
erwarte sie dienstag ohlsdorf erbitte nachricht wann
herzlich bernhard
[254; Anschrift: Ohlsdorf; Telegramm]
Frankfurt am Main
31. Juli 1973
ankomme dienstag, 7. 8. 19 uhr ohlsdorf – rückflug mittwoch nachmittag
herzlich unseld
[255; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉]
Frankfurt am Main
1. August 1973
Lieber Thomas Bernhard,
bei unserem Gespräch möchte ich Ihnen folgende Bitte unterbreiten: wir wollen ein Gedächtnisbuch für Günter Eich realisieren. Für dieses Buch liegen uns eindrucksvolle Aufzeichnungen von Jürgen Eggebrecht, Max Frisch, Wolfgang Hildesheimer, Uwe Johnson, Joachim Kaiser usw. vor. Wir möchten das Buch gern zum Todestag Eichs vorliegen haben, es sollte also zum 1. Dezember erscheinen. Der Redaktionsschluß für den Band, und der wirklich allerletzte Termin für die Ablieferung eines Beitrags, ist der 1. September.
Sie, lieber Thomas Bernhard, sollten doch an diesem Gedenkbuch teilhaben. Ich möchte Sie herzlich darum bitten. Die Form der Beiträge ist offen: Betrachtung, Erinnerung, Portrait, Aufzeichnung einer Begegnung, Briefe an oder von Eich, eine Szene, ein Prosastück, ein Gedicht. Bitte, schreiben Sie doch zu diesem wesentlichen Anlaß.
Nach Möglichkeit wollen wir auch ein Foto mit Ihnen und Günter Eich bringen. Gibt es ein solches Foto, und könnten Sie es uns überlassen? 1
Bis bald!
Mit freundlichen Grüßen
Siegfried Unseld
1 Th. B. zählt nicht zu den Beiträgern von Günter Eich zum Gedächtnis , herausgegeben von S. U., das am 6. Dezember 1973 erscheint.
[256; Anschrift: Ohlsdorf; Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
9. August 1973
Lieber Thomas Bernhard,
telefonisch nicht durchgekommen. Erbitte dringlich Anruf heute nachmittag. 1
Gruß Siegfried Unseld
1 Möglicherweise soll es in diesem Telefonat um die Vereinbarung eines neuerlichen Treffens mit Th. B. gehen, jedenfalls legt der Schluß des Reiseberichts Venedig—Zürich—Großgmain—Ohlsdorf—Salzburg, 4.-8. August 1973 von S. U. dies nahe:
»Meine diesmalige Begegnung mit Thomas Bernhard zeichne ich noch getrennt auf, sie war zu ungewöhnlich, oder ganz und gar typisch für Bernhard. Ich kann die Fakten hier nicht bekanntgeben, weil bis Ende August darüber absolutes Stillschweigen herrschen muß. Nur soviel: Thomas Bernhard hat ein neues Stück fertig, das auch 1974 aufgeführt werden wird. Wir werden in diesem Jahr 1974 also ein besonderes Thomas Bernhard-Jahr haben, die ›Jagdgesellschaft‹ an der Burg und an weiteren drei Theatern, dann das neue Stück.
In der Bibliothek Suhrkamp erscheinen 1974 drei Einzelausgaben (das ist nicht ideal,
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