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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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Anwalt von Peymann, Dr. Stern, ›von den Honoraren große Autos fahrend‹ zum Prozeß schürt, während alle Welt die große Zerstrittenheit zwischen Bernhard und dem Präsidenten der Salzburger Festspiele, Kaut, [kennt] (Bernhard hatte ihn in einem Telegramm, das veröffentlicht wurde, mehr oder weniger als unzurechnungsfähig bezeichnet [siehe ebenfalls Anm. 1 zu Brief 201]), verbanden und verbinden sich in aller Ruhe Herr Kaut und Thomas Bernhard für die Festspiele 1975. Thomas Bernhard wird für die Salzburger Festspiele 1975 ein neues Stück schreiben. Darauf ist er jetzt ganz versessen. Er denkt an ein Märchen mit großen komödiantischen Einlagen. Ihn fasziniert Strawinsky/Ramuz, ›Die Geschichte vom Soldaten‹. Er möchte das Poetische wieder stärker betonen. Ganz einfach soll sein Stück sein, ein Kabinettstück mit wenigen Figuren. Das neue Stück soll im Juli 1975 in der Bibliothek Suhrkamp erscheinen. Kaut sei einverstanden, schon deswegen, weil in diesem Jahr wieder eine Katastrophe sich anbahne, im Jahre 1974 würde ein neues Stück von Zuckmayer aufgeführt werden, das sicherlich ebenfalls eine Katastrophe würde, deswegen möchte Kaut gerne wieder für das Jahr 1975 etwas Innovatorisches haben. Und nun die Volte: Während Kaut ihm sagte, er möchte doch den Vertrag direkt schließen und das Geld ganz für sich einkassieren, legte Thomas Bernhard Wert darauf, daß wir diesen Vertrag schlössen, zu denselben Bedingungen, vielleicht DM 10.000.— mehr, das wären also DM 40.000. —. Wie gesagt, Thomas Bernhard ist ganz versessen und besessen von diesem Plan, und dann kam meine Gegenidee: ich schlug ihm vor, mit Kaut eine Vereinbarung zu schließen, wonach die Salzburger Besetzung auf Tournee gehen sollte, und zwar auf eine erste Tournee einer Suhrkamp Tournee-Agentur. Das leuchtete ihm sehr ein, einmal, weil es seinen Vorstellungen der Qualität und des Besonderen entspricht und weil natürlich Geld herauskommen kann. [. . .]
Dann sagte er mir, er wolle nach Wladiwostok fahren, und zwar im November. Er hoffte nämlich, so auch seine Abmachung mit Kaut, bis zum Oktober 1973 das Manuskript abgeschlossen zu haben, und danach wolle er in eine ganz andere Richtung fahren, nach Wladiwostok mit dem Zug und dann mit dem Schiff zurück über Japan und den Indischen Ozean. Das in zwei Monaten November / Dezember 73. Ich versprach ihm, beim ›Stern‹ nachzufragen, ob diese Reise etwa als ›Stern‹-Fahrt für Autoren möglich ist. Ich treffe ja Herrn Nannen am Freitag abend oder am Samstag in Düsseldorf und will mit ihm darüber sprechen.
So endete diese Unterredung, die mit mißlichen Vorzeichen begann, in heiterer, gelöster, fast freundschaftlicher Atmosphäre. Als wir uns verabschiedeten, zog ein Gewitter sich über dem Flughafen zusammen, das vom Westen in Richtung Osten rollte. Innerhalb kurzer Zeit wurde es dunkel. Als Bernhard nach Ohlsdorf fuhr, mußte ihn das Gewitter begleitet haben. Als ich gen Westen flog, flog ich in einen blauen Himmel hinein.«

[245; Anschrift: Ohlsdorf; Telegrammnotiz]
     
    Frankfurt am Main
    8. Mai 1973
    Der »Ignorant« wird Freitag, Samstag in Berlin gespielt. Gespräch mit Bruno Ganz in unserem Sinne verlaufen.
    Herzlich Siegfried Unseld

[246; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    15. Mai 1973
    Lieber Thomas Bernhard,
    hier einige Nachrichten, die Sie vermutlich interessieren werden. Zunächst hat uns der ORF mitgeteilt, daß die Fernsehproduktion von »Frost« »nicht zustande kommen wird«. Eine Kopie des Briefes liegt hier an. Wir sollten uns damit nicht zufriedengeben. Wollen Sie weiterkämpfen? 1
    Wie ich Ihnen telegraphierte, hatte ich ein sehr aufschlußreiches Telefonat mit Bruno Ganz. Er weiß von Wiener Prozeßverhandlungen überhaupt nichts, und er teilte mir auch mit, daß Peymann in dieser Sache müde geworden sei. Jedenfalls, er hätte keine große Lust, die Sache weiterzuverfolgen, und ich deutete ihm an, daß das Ihnen angenehm sei. Im übrigen stimmt er mit mir überein, innerhalb von vier Wochen will er sich überlegen, ob und in welchem Theater er die Hauptrolle der »Jagdgesellschaft« spielen wird; ich habe ihm auch die Fernsehmöglichkeit nahegelegt.
    Ich möchte Ihnen auch mitteilen, daß Dr. Rach seine Beziehung zum Suhrkamp Verlag gekündigt hat, er wird als Dramaturg am Düsseldorfer Theater arbeiten. Dies mutmaßlich vom 1. Januar an.
    Ich hatte irgendwie den Eindruck, Sie schreiben und schreiben, und das ist gut

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