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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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[. . .] Was die Fernsehbedingungen betrifft, so wünscht Bernhard eine Live-Ausstrahlung zumindest in Österreich; das wichtigste aber ist, daß sowohl ZDF als auch ORF je DM 35.000.— zahlen sollen. Diese Bedingung habe er bei der ›Jagdgesellschaft‹ gestellt, und sie gelte auch für ›Die Macht der Gewohnheit‹. Er ist sich im klaren, daß das ein Vabanque-Spiel ist und es zu keiner Sendung kommen kann; immerhin ließ ich mir Vollmachten geben für ein Gespräch mit Herrn Holzammer persönlich.
Wir legten dann die Publikationstermine fest: am 15. März übergibt er mir das Manuskript ›Korrektur‹. Zum ersten Mal erzählte er mir etwas von diesem Buch. Bei der Hauptfigur habe ihm Wittgenstein vorgeschwebt. Ein Mann, der in einer Art Exil – jedenfalls nicht in seinem eigenen Land – ein Buch geschrieben hat, das gesetzt wurde, und der nun zurückkehrt, die Fahnen des Buches in den Händen hält und wie sich nun für ihn der Text verändert hat und er die Fahnen umschreibt und Wirklichkeit umschreibt. Das Buch soll dann Ende August erscheinen.
Im Januar / Februar 1975 erscheint in der BS der Band ›Erinnern‹. Bei den anderen Erscheinungsterminen bleibt es: ›Jagdgesellschaft‹ – April; ›Die Macht der Gewohnheit‹ – Juni.
Erst allmählich rückte Thomas Bernhard mit einer Überraschung heraus, von der mir klar wurde, daß sie es war, die ihn in dieser Freundlichkeit hielt. Er hat mit dem Intendant Klingenberg vom Burgtheater in Wien vereinbart, für die Mai-Festspiele 1975 ein neues Stück schreiben zu wollen. Klingenberg hätte blind gebucht. Das Manuskript würde im November fertig. Ich soll am besten gleich einen Vertrag machen. Und wieder DM 40.000.— verlangen. Ich fragte ihn nach dem Inhalt. Darauf wollte er nicht antworten. Dann fragte ich nach dem Titel, und da antwortete er: ›Der Präsident‹ – und plötzlich kam mir eine Ahnung, ich drehte mich nach links, zeigte nach Salzburg, Richtung Festspielhaus – und Bernhard lachte und meinte ›Ja, da hat Ihre Ahnung recht.‹ Es ist eine Satire auf den Theaterbetrieb. Bernhard will sie aber so schreiben, daß sie nicht alle und jeden vor den Kopf stößt, also Bernhard hat schon wieder ein Stück. Er arbeitet an ihm wie besessen, und dies alles bringt ihn in eine Stimmung, die der Arbeit sicherlich gedeihlich ist. Angesichts der rasch aufeinanderfolgenden Stücke in der BS und des Erscheinens des Stückes ›Präsident‹ im Mai 1975 in der BS wollen wir den vorgesehenen Bernhard-Reader auf das 2. Halbjahr 1975 verschieben. Bis Mai 1975 können aber dann die anderen Stücke in der BS auslaufen, und wir können im st einen Band ›Salzburger Stücke‹ bringen, der das dramatische Werk ausschließlich ›Präsident‹ zusammenfaßt.
Die Tatsache des neuen Stückes muß höchst geheim bleiben, denn wenn sie bekannt würde, würde das sicherlich die Wirkung der beiden anderen Stücke beeinträchtigen.
Angesichts dieser Produktivität und der damit verbundenen Erlös-Hoffnungen war seine Bitte nach einem Betrag von DM 30.000.— nicht sehr überraschend, und vielleicht überraschte es auch ihn dann nicht mehr, daß ich ihm auch sogleich zustimmte.
Danach wurde unsere Unterredung nicht nur angenehm, sondern, gemessen an früheren, irgendwie euphorisch; wir bekundeten die gemeinsame Zusammenarbeit, das gemeinsame Zusammenwirken, das allein diese Produktivität wie die Erlöse erzielen würde. Vielleicht ist alles falsch, meinte er dann noch zweifelnd beim Abschied, aber als ich nach Frankfurt kam, lag dann schon ein Telegramm da [siehe Brief 282], das bestätigte, daß die ›Begegnung gut‹ war.«
    2   Der Reisebericht Salzburg, 17. Januar 1974 hält fest:
»Gespräch mit Thomas Bernhard in Salzburg.
Thomas Bernhard hat die Rechte an seiner neuen Komödie ›Macht der Gewohnheit‹ im vergangenen Jahr an den Suhrkamp Verlag Zürich gegeben. Er gab diesem Verlag die Auflage, die in der BRD auszuwertenden Rechte an den Suhrkamp Verlag Frankfurt zu geben, falls dieser bereit ist, in die Angebote der anderen Verlage einzutreten.
Bei all unseren Verhandlungen, die wir hier im Hinblick auf dieses Stück führen, müssen wir also diesen Rechtsvorgang sehr genau im Auge haben. Die Fernsehforderung von Thomas Bernhard beläuft sich auf DM 35.000.—.
Was die Publikationen betrifft, so gibt es folgenden Fahrplan:
April 1974 – ›Jagdgesellschaft‹, BS
Juni 1974 – ›Die Macht der Gewohnheit‹, BS
Das Manuskript ›Korrektur‹

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