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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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gewürzt von tageslächerlichen Kapriolen da und dort, wie es mir recht ist. 1 Vor ein paar Tagen habe ich den Feltrinelli-Preis der römischen Akademie der Wissenschaften abgelehnt, wie alle andern Preise und Ehrungen, die auf mich zugekommen sind, auch. Einen ehrenvollen Th. B. werden Sie bei Lebzeiten nicht erleben. 2
    Ihr
    Thomas B.
    1    Die Presse veröffentlichte am 6. August 1987 einen offenen Brief von Th. B. an Claus Peymann, in dem er sich gegen ein Gastspiel von Der Theatermacher in Brüssel wandte, da dies eine Veranstaltung des österreichischen Staates sei.
    2   Wie aus einer Telefonnotiz von Burgel Zeeh vom 7. September 1987 hervorgeht, hat sich die Ablehnung des Preises offenbar nicht so einfach gestaltet:
»Er bat um Hilfe! Die italienische Akademie der Wissenschaften hat ihm im Juni geschrieben, die Jury habe ihm den Antonio-Feltrinelli-Preis verliehen. Er hat daraufhin am 9. Juli einen Brief geschrieben und den Preis abgesagt. Den Text des Briefes gab er mir durch:
›Hochverehrte Akademie,
da ich seit vielen Jahren weder Preise noch Auszeichnungen und Titel jeder Art angenommen habe, muß ich zu meinem allergrößten Bedauern auch Ihren Antonio-Feltrinelli-Preis ablehnen.
Ich bin mir der Außerordentlichkeit Ihres Preises sehr wohl bewußt und bitte Sie, der Jury Ihres Preises meine Bewunderung und meinen ganz besonderen Dank zu übermitteln für die Hochschätzung meiner Arbeit.
Als Schüler und Freund Italiens grüße ich Sie mit dem allerhöchsten Respekt.
Ihr Thomas Bernhard‹
Daraufhin kamen Briefe und Telegramme, er möge Angaben zur Vita machen etc., ohne daß auf seinen Brief Bezug genommen worden wäre. Jetzt erhielt er ein Telegramm: der Preis ist verliehen, wohin soll das Geld überwiesen werden?«

[509; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉]
     
    Frankfurt am Main
    13. August 1987
    Lieber Thomas Bernhard,
    haben Sie Dank für Ihren Brief vom 8. August. Ich habe das leidige Problem nun noch einmal direkt mit Herrn Jung diskutiert und lege Ihnen hier die Kopie meines Briefes bei. Ich meine wirklich, das ist ein fairer Vorschlag. Wenn wir beide hart bleiben, d. h., Sie die Zusage für den »Zweifel« nicht geben und ich auf unserer Option bestehe, können wir doch wahrscheinlich in dieser Weise die Sache schaffen, und der Residenz Verlag wahrt sein Gesicht. Und sollte er nach fünf Jahren die Titel immer noch in seiner Liste führen wollen, so läßt sich ja dann auch darüber sprechen. Mir käme es jetzt einfach darauf [an], die Rechtslage definitiv zu klären.
    Ich verfolge die »tageslächerlichen Kapriolen«. Man muß halt zu seiner Sache stehen.
    Mit allen guten Wünschen und herzlichen Grüßen —
    Ihr
    Siegfried U.
    Anlage
    [Anlage; Brief von S. U. an Jochen Jung]
    Frankfurt am Main
    13. August 1987
    Lieber Herr Jung,
    ich bestätige den Eingang Ihres Briefes vom 24. Juli. Ich konnte wegen einer Reise erst jetzt mit Thomas Bernhard Verbindung aufnehmen. Es ist gut, daß wir einmal über die fünf jugendbiographischen Bände sprechen. Es ist verständlich, daß der Autor die Sammlung seiner Arbeiten im Suhrkamp Verlag wünscht, verständlich ist es, daß ich diesem Wunsche gerne folge, und ebenso verständlich ist es, daß Sie um Ihre Rechte ringen. Über der Gefahr einer »Selbstverstümmelung des Verlages« sollte jedoch immer Wunsch und Wille des Autors stehen. Wir sollten deshalb als Verlagsleute zu einer Lösung kommen.
    Ich fasse einmal die Fakten zusammen:
    Am Anfang bestand ein Buch; ich war damit einverstanden, daß es bei Herrn Schaffler und im Residenz Verlag erscheint. Es kamen dann die anderen vier Bücher. Thomas Bernhard brauchte meine Zustimmung, denn wir haben in unserem Autorenvertrag eine klare und mit einer fünfstelligen Summe bezahlte Option auf das nächste Werk. Das heißt: ohne meine Einwilligung hätte nie ein Buch bei Residenz erscheinen können. Das ist der erste Punkt.
    Zweitens:
    Thomas Bernhard und ich haben, seitdem die »Folge« der Bände klar wurde, stets vereinbart, daß eine geschlossene Zusammenfassung dieser jugendbiographischen Schriften in einem Band im Suhrkamp Verlag erfolgen sollte. Nie und nimmer hat der Residenz Verlag ein Recht, diese fünf Bücher in einem Band herauszugeben.
    Drittens:
    Ich rühre an einen wunden Punkt: Der Residenz Verlag hat seinen Besitzer gewechselt. Der neue Besitzer ist durch den Bundesverlag der österreichische Staat. In der Rechtsprechung ist zumindest umstritten, ob bei einem so fundamentalen

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