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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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Bernhard füge ich zur Beschleunigung bei.« Die beigefügte Zweitschrift gibt Punkt 2 des Briefes von Ferdinand Sieger wieder.

[107]
     
    Ohlsdorf
    13. 2. 70
    Lieber Dr. Unseld,
    die Verhandlung gegen mich ist am 11. März um halbzehn Uhr vormittag im Strafbezirksgericht Wien VIII., Hernalser Gürtel 6-12 und ich bitte Sie für mich einen Anwalt in Wien zu bestimmen, Verbindung mit ihm aufzunehmen und ihn mit entsprechendem Material über mich versorgen zu lassen. Wahrscheinlich ist Herr Dr. Stern der beste.
    Da ich mitten in der heiklen Abschreibearbeit bin, ein Vorgang, der möglichst ungestört zu vollziehen ist, wäre mir die Hilfe von seiten des Verlags wichtig, denn ich kann im Grunde nichts von hier aus tun, die ganze Sache ist auch nicht der Rede wert, aber desto lästiger. Bitte betätigen Sie die Verlagsapparatur für mich, die ungeheure, wunderbare Maschine.
    Natürlich ist das Aussergerichtliche das angenehmste. Aber wie? Ich bin tatsächlich unfähig, einzugreifen.
    Die Zeit bis zur Verhandlung ist auch nicht mehr die längste.
    Ich danke sehr herzlich für alles
    herzlich Ihr
    Thomas Bernhard

[108; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    19. Februar 1970
    Lieber Thomas Bernhard,
    bitte schicken Sie sogleich die Unterlagen für die Prozeßverhandlung, die Sie noch haben, an
    Herrn Rechtsanwalt Dr. Peter Stern
    Elisabethstr. 2-6
    Wien I.
    Ich treffe mich mit Herrn Dr. Stern am Montag bzw. Dienstag der kommenden Woche in Wien. Ich möchte noch den Versuch machen, die Angelegenheit irgendwie außergerichtlich zu bereinigen. Dies in gebührender Kürze. 1
    Herzlich
    Ihr
    Siegfried Unseld
    1   Während seines Wien-Aufenthalts trifft S. U. am 24. Februar Th. B. Der Reisebericht Wien, 23.-25. Februar 1970 hält fest:
»Die Begegnung war schwierig, weil der Anwalt, den fünf Leute mir für Bernhard empfohlen hatten, in seinem Schreiben einen Fehler gemacht hat und Bernhard ihn deshalb nicht nehmen wollte. Wir unterhielten uns dann mit drei anderen Leuten in der ›Furche‹-Angelegenheit und beauftragten schließlich Dr. Schwager, die Interessen von Bernhard zu vertreten.
Ich versuchte bei dem Herausgeber der ›Furche‹, Herrn Lorenz, einen Vermittlungsversuch zu erreichen, der wurde abgelehnt. Die ›Furche‹-Leute wollen ganz offensichtlich eine Verurteilung Bernhards herbeiführen.
Dann hat sich Bernhard sehr skeptisch über unsere Presseabteilung geäußert, die wohl von zwei Rentnern gemacht würde. Man hätte ihm einen abgezogenen Brief geschickt, Besprechungen zugesandt, und die hätten aus einer großen Besprechung und einigen Titelabdrucken bestanden; die wichtigsten großen Besprechungen jedoch hätten gefehlt.
Dann wollte er nicht, daß das ›Kalkwerk‹ im 2. Halbjahr 70 erscheinen sollte. Hier habe ich nun doch heftig widersprochen und ihn in seiner Entscheidung soweit ändern können, daß ich ihm jetzt einen Brief schreibe, in dem ich noch einmal alle Argumente zusammenfasse. Er würde das Ms. für ›Kalkwerk‹ Ende März, spätestens zum 15. 4. abliefern. Der BS-Band ›Midland‹ würde in diesem Fall auf Januar 1971 verschoben.
Telefonat mit dem Burgtheater, Generalintendant Hoffmann. Die Burg kann leider ›Ein Fest für Boris‹ nicht ins Repertoire aufnehmen. Eine Studiobühne steht nicht zur Verfügung. Man verzichtet auf diesen Plan. Man muß das Frau van Witt, die nicht in Wien war, mitteilen.«

[109; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    26. Februar 1970
    Lieber Herr Bernhard,
    bei Frau Botond meldete sich weder gestern noch heute jemand am Telefon. Sie wird schon abgereist sein. 1
    Ich habe an den Anwalt geschrieben und ihm die Bücher geschickt. Anbei die Kopie meines Schreibens. Ich hoffe, die Angelegenheit wird in einer Weise erledigt, die Sie nicht auf die Dauer hin belastet.
    Ich halte es doch für gut, wenn wir uns von Zeit zu Zeit sehen; jedenfalls freue ich mich immer, Ihnen zu begegnen, und ich glaube, wir zeigen uns, daß wir auch Divergenzen mannhaft besprechen können.
    Ich habe hier im Hause noch einmal Ihre Bedenken zur Diskussion gestellt. Wir sind alle einer Meinung, daß Sie keine Kritik an einer »Überproduktion« fürchten sollten. Die Erzählungen »Ungenach« und »Watten« erschienen 1968 und 1969; der letzte Roman »Verstörung« 1967. Kein Vernünftiger wird Ihnen einen Vorwurf machen, wenn dann 1970 ein neuer Roman erscheint. Über Irre und Irrationale läßt sich nichts vorhersagen, aber man soll sich nicht nach ihnen richten

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