Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
|»Midland«: BS 275 Januar|
1 S. U. hält sich zwischen dem 14. und 22. März 1970 in der Schweiz (auch zu Urlaubszwecken) und anläßlich der Tagung der Hölderlin-Gesellschaft in Stuttgart auf.
[112; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
16. April 1970
Lieber Herr Bernhard,
es wird jetzt dringlich mit den Vorbereitungen für das Programm des 2. Halbjahres 1970. Die Herstellung muß Vertretermuster machen. Wir selbst hier schmieden schon Texte und Ankündigungen. Wäre es Ihnen also jetzt möglich, uns das Manuskript einzuschicken? Bitte tun Sie es.
Heute habe ich vom Otto Müller Verlag die Nachricht erhalten, daß der Verlag selber eine Ausgabe des Bandes I der historisch-kritischen Ausgabe von Trakl plant. So schwimmt also unser Trakl-Plan weg. 1
Schöne Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
1 Entgegen den ursprünglichen Plänen einer Auswahl aus Trakls Werk (siehe Anm. 1 zu Brief 86) sucht Th. B. am 27. Februar 1970 in Salzburg Richard Moissl, den Lektor des Otto Müller Verlags, auf und überbringt ihm den Vorschlag von S. U., den Band I der historisch-kritischen Ausgabe von Trakl als Studienausgabe im Suhrkamp Verlag zu publizieren. Am 13. April 1970 informiert Richard Moissl S. U. über die Entscheidung des Otto Müller Verlags, eine eigene verbilligte Ausgabe zu veröffentlichen.
[113]
Ohlsdorf
28. 4. 70
Lieber Doktor Unseld,
in der Absicht, mit einem Freund nach Köln zu fahren und also in Frankfurt vorbeizuschauen, kommenden Dienstag oder Mittwoch, 5. oder 6. Mai, war es mir klar, das Manus mitzunehmen; jetzt ist aber plötzlich unsicher geworden, ob die Reise zustande kommt und es geschieht folgendes: entweder ich komme Dienstag oder Mittwoch nach Frankfurt, oder ich schicke Dienstag das Manus express an Sie ab. In der Zwischenzeit bringe ich etliche Korrekturen an, die besser im Manus als in den Fahnen vorgenommen werden. Das Ganze hat zweihundert Seiten schliesslich.
Ich schreibe mein zweites längeres Theaterstück und ich frage Sie, was Sie vom ersten hören, denn ich höre nichts.
Wie schaut Ihr Herbstprogramm endgültig aus?
Bei etlichen jungen Leuten, deren Schreibweise sehr stark an die meinige erinnert, weiss ich nicht, soll ich mich freuen, oder das ganze schreibende Gesindel verfluchen! 1
Herzlich Ihr
Thomas B.
1 Der Brief trägt den Bleistiftvermerk von S. U.: »Kein Fröhlich«.
[115; Anschrift: 〈Ohlsdorf〉]
Frankfurt am Main
8. Mai 1970
Lieber Herr Bernhard,
ich danke Ihnen für Ihre beiden Briefe vom 28. April und 5. Mai. Insbesondere bedanke ich mich für Ihr Manuskript »Das Kalkwerk«, das eben eingetroffen ist. Auf diese Wochenend-Lektüre freue ich mich ungemein.
Wir haben vom 1. bis zum 5. Juni Klausur-Konferenzen mit den Vertretern der Verlage Insel und Suhrkamp. In diesen Tagen bin ich völlig unabkömmlich und kann deshalb auch leider nicht nach Hamburg kommen. In der 2. Juni-Woche, also vom 7. Juni an, wäre dies ohne weiteres möglich, doch wäre es nicht sinnvoller, wenn Sie in diesen Tagen nach Frankfurt kommen? Ich würde Sie gerne einladen; Sie könnten bei uns wohnen und auch in Ruhe das Verlagsgebäude besichtigen und mit den Ihnen noch unbekannten Lektoren sprechen. Bitte schreiben Sie mir doch, wie Sie darüber denken. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie kommen könnten. 1
Anbei eine Übersicht über das Programm des 2. Halbjahres 1970. Sie sehen, es ist kein Fröhlich-Titel dabei! 2
Herzliche Grüße
Ihr
Siegfried Unseld
Anlage
[Anlage; Titelliste]
Suhrkamp 2. Halbjahr 1970
Celan, »Lichtzwang«. Gedichte.
Ernst Augustin, »Mamma«. Roman.
Jürgen Becker, »Umgebungen«.
Thomas Bernhard, »Das Kalkwerk«, Roman.
Günter Eich, »Ein Tibeter in meinem Büro«. »Maulwürfe 2«.
Uwe Johnson, »Jahrestage. Aus dem Leben der Gesine Cresspahl«. Aug. 67-Feb. 68.
Dieter Kühn, »N«.
Alf Poss, »Hinausgeschwommen«.
Beckett, »Watt«.
Christiane Rochefort, »Frühling für Anfänger«.
Werkausgabe Hermann Hesse in 12 Bänden.
Ödön von Horváth, »Gesammelte Werke«.
Joyce, »Briefe II«.
Bücher der 19, Dezember. »The Best of H. C. Artmann«. Eine Auswahl von Klaus Reichert.
Brecht, »Gedichte«, Band 10.
»Spectaculum 13« (Beckett, Bond, Hacks, Handke, Horváth, Michelsen, O’Casey, Fleißer).
1 Th. B. hält sich zwischen dem 5. und 7. Juni 1970, also drei Tage, in Hamburg auf wegen der Proben zu Ein Fest für Boris . In dieser Zeit
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