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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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Programmvorschau ist Band 3 der suhrkamp taschenbücher Peter Handkes Filmbuch Chronik der laufenden Ereignisse .
    2   Der Brief ist am linken Rand von S. U. mit der handschriftlichen Notiz versehen:
» Brief v. 23. 2. 71
Konto B ›kommende Arbeiten‹
31. 8.
à 800.—
37 21
105
3.150«
    S. U. nimmt damit Bezug auf die Vereinbarung zwischen Th. B. und S. U. vom Oktober 1969 (siehe Anm. 1 zu Brief 86), die u. a. monatliche Zahlungen des Verlags in Höhe von 800 DM an den Autor vorsieht, sowie auf den Brief 147 vom 23. Februar 1971. Die Rechnung bezieht sich auf das Honorarangebot an Th. B. für Gehen ; siehe Brief 161.

[160; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    13. Juli 1971
    Lieber Thomas Bernhard,
    schönen Dank für Ihren Brief vom 7. Juli. Das Manuskript ist gut eingetroffen! Leider erst gestern, Montag, und nicht schon am Wochenende. Ich lasse das Manuskript jetzt fotokopieren und schicke Ihnen mit getrennter Post eine Kopie wieder zu. Ich nehme an, daß ich heute im Laufe des Tages zur Lektüre komme, und berichte Ihnen dann von meinem Eindruck. »Gehen« ist fest geplant für die ersten 10 Bände der neuen suhrkamp taschenbücher, die am 1. Oktober in den Buchhandlungen ausliegen werden. Die Änderungen gingen ohne Schwierigkeiten vor sich, weil Jürgen Becker mit seinem Manuskript nicht rechtzeitig fertig geworden ist. Dies nur für heute.
    Herzliche Grüße
    Ihr
    Siegfried Unseld

    P. S.: Ich fragte Sie neulich schon einmal: gibt es von Ihnen ein Foto, das Sie im Gehen zeigt? Es wäre sehr gut. Und wenn es so etwas gibt: bitte senden Sie es uns zu.

[161; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    15. Juli 1971
    Lieber Thomas Bernhard,
    »Gehen« ist von großer Art. Ein ganzer Bernhard. Freilich der radikalste, entschlossenste, konsequenteste. Die Geschichte hat mich von Anfang bis zum Schluß fasziniert. Ich konnte nicht mit der Lektüre aufhören, und erst bei der zweiten Lektüre war ich dann zu gewissen Überlegungen bereit. Ich beglückwünsche Sie zu diesem Text. Er wird Ihnen zwar manchen Ärger, aber auf die Dauer weiteren Bernhardschen Ruhm einbringen.
    Es entspricht dem eruptiven Wurf dieses Textes, daß einige Flüchtigkeitsfehler, meistens auch Tippfehler, Ihnen unterlaufen sind. Das haben wir stillschweigend verbessert. Schwieriger war die Frage zu entscheiden, wann bestimmte Adjektiva groß zu schreiben sind. Etwas Gemeines, etwas Niedriges, etwas Unverschämtes, etwas ungeheuer Trostloses – das müßte man doch wohl groß schreiben, denn sonst versteht man das nicht.
    Auf Seite 3 sind unklar die Zeilen 11/12, der Satz also: ». . . weil er am Montag wie am Mittwoch viel langsamer, am Montag viel schneller geht«.
    Das sollten Sie für die Korrektur bedenken.
    Auf Seite 5 heißt es: ». . . daß wir . . . nur immer noch in eine größere Deprimation hineinkommen, als wir schon sind.«
    Das muß wohl heißen: ». . . als die, in der wir schon sind.«
    Wollen Sie sich das für die Korrektur überlegen?
    Manchmal fehlt in Ihrem Text – so etwa auf Seite 18 in der 12. Zeile von oben – ein Reflexivum: ». . . daß gerade die außerordentlichen Köpfe . . . umbringen«.
    Das muß wohl heißen: ». . . sich umbringen«.
    Ich sehe nicht richtig die Funktionen der Überschrift Seite 30: »Oehler zu Scherrer« und Seite 56: »Oehler sagt:«.
    Ich meine, auf diese Gliederung könnte man bei der durchgängigen Stringenz dieses Textes doch auch noch verzichten.
    Bei der Korrektur sollten Sie auch noch einmal die verwandten Superlative bedenken. Es gehört zum Duktus der Sprache und dem des Textes, daß er über das Ziel hinausschießt. Ein Zeichen für mich sind dafür die verwandten Superlative. Ich habe hier große Schwierigkeiten, für mich gibt es total, aber keine »totalste« Weise; für mich gibt es eine vollkommene Untätigkeit, aber keine »vollkommenste« Untätigkeit; schlimm wird es dann für mich, wenn an einer Stelle von »epochemachendsten Gedanken« die Rede ist. Epochemachend läßt sich in dieser Weise nicht mehr steigern, eher noch könnte man sagen: »epochalste Gedanken«, aber die Steigerung des Verbs »machen« in dieser Verbindung ist grammatikalisch nicht stimmig.
    Wie im Manuskript des »Kalkwerk« stört mich ganz empfindlich die Unterstreichung, die Sie wohl in Kursiv stehen haben wollen. Wir haben schon beim Manuskript des »Kalkwerk« darüber gesprochen, und Sie hatten Verständnis gehabt, daß wir das

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