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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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20.

[157]
     
    Ohlsdorf
    22. 6. 71
    Lieber Doktor Unseld,
    ich brauche mindestens noch zwei Wochen, bis ich das Manuskript abliefern kann, an der Präzision meines Arbeitsvorgangs werden Sie hoffentlich nicht zweifeln; die Herstellung muss also bis etwa 6. / 7. Juli auf das endgültige Manuskript warten, die Zeit ist aber so weit fortgeschritten, dass das Unmögliche möglich geworden ist, beinahe in jeder Sache, wie wir wissen und was uns stark und stolz zugleich machen sollte.
    Das Nachtmahl mit den Bodenseefelchen auf dem Flugplatz in Frankfurt mit seinen Jumbojetsaugnäpfen sollten wir an einem andern Ort und zu anderer Unterhaltung in nicht entfernter Zukunft wiederholen.
    Der Film ist ausgezeichnet geworden und ich bin glücklich darüber. Der Verleger der Rechte des »Italieners« in Salzburg bringt zum Oktober ein Bilderbuch mit einer Menge Fotografien von den Filmaufnahmen und den Text dazu und die ursprüngliche Erzählung »Der Italiener« etcetera; das Buch (wenn Sie ein solches überhaupt gemacht hätten) wäre bei Suhrkamp erschienen, wenn ich nicht 68 mit den drei Erzählungen einen Ausflug nach Salzburg gemacht hätte infolge unserer aufeinmal so locker gewordenen Bindungen damals. 1
    Ich bin jetzt auf einem Berg, nicht in Ohlsdorf, weil mir die Konzentration wichtig ist und der Briefträger geht mir auf die Nerven, die Post bringt nichts als nur Lächerlichkeiten ins Haus, die verärgern, Haufen von dummbedrucktem Papier, als handelte es sich bei dem Empfänger um einen Idioten. Können Sie mir die Frage beantworten, warum Verleger alles, was ganz junge Leute in ganz kurzer Zeit ganz ohne Anstrengung ganz ohne Genie ganz blödsinnig schreiben ganz schnell drucken?
    Sehr herzlich, Ihr Schwerarbeiter
    Thomas Bernhard
    1   1969 erscheint im Salzburger Residenz Verlag der Band An der Baumgrenze mit der Titelerzählung und den Erzählungen Der Kulterer und Der Italiener . 1971 bringt Wolfgang Schafflers Verlag den Band Der Italiener , der neben dem frühen Erzählfragment die gleichnamige Filmerzählung, den Monolog Drei Tage , eine Notiz und Standfotos aus der Italiener -Verfilmung enthält. Siehe zur Entwicklung des für Th. B. so wichtigen Stoffes ( Auslöschung ) und zur Publikationsgeschichte: Th. B.: Werke 11 , S. 356ff.

[158; Anschrift: Ohlsdorf]
     
    Frankfurt am Main
    24. Juni 1971
    Lieber Herr Bernhard,
    schönen Dank für Ihren Brief vom 22. Juni. Wenn wir uns fest auf den Termin 6./7. Juli verlassen können, wird alles in Ordnung gehen. Noch einmal können wir uns nach diesem neuen Termin richten, doch lassen Sie mich bitte nicht im Stich. Ich habe hier durch die Umdisposition schon erhebliche Schwierigkeiten, doch das Wichtigste ist natürlich, daß wir einen zuverlässigen Text erhalten; ich freue mich schon sehr darauf.
    Unser Zusammentreffen werden wir bald wiederholen können. Bitte, lassen Sie mich nicht im Stich!
    Alles Gute und schöne Grüße
    Ihr
    Siegfried Unseld

    P. S.: Ich habe mich freilich für Dienstag, 29. Juni, schon festgelegt und muß also in Ihre Gegend. Sollte sich bei Ihnen irgend etwas ändern: ich bin am 29. Juni nachmittags zu erreichen
    c / o Hildegard Unseld, Klinik Dr. Hausdorf, 8183 Rottach-Egern, Oberach Weg 8, Telefon 08022 / 6314. Ich könnte am 30. bei Ihnen sein.

[159]
     
    Wien
    7. 7. 71
    Lieber Doktor Unseld,
    Erschöpfung und Freude sind gleich gross in dem Gedanken, mit dem Ihnen versprochenen Manuskript fertig zu sein.
    Da ich nur dieses einzige besitze und heute der Post anvertraue, bitte ich, eine Fotokopie zu machen und sie mir umgehend zu schicken.
    Im Sommer bin ich mit dem Theater beschäftigt.
    Da sich zeigt, wieder zeigt, dass es so viele nicht beantwortete Fragen unseres Verhältnisses gibt und beispielsweise der Termin der letzten Zahlung des Suhrkampverlags an mich vor der Tür steht (August), ist es notwendig, dass wir uns bald sehen.
    Ist es für Sie aus irgendeinem Grund unmöglich oder auch nur peinlich, »Gehen« in der neuen Bücherreihe herauszubringen, wie ich konstatiere, haben Sie ja schon eine fixe Einteilung vorgenommen und auch die Nummer 3, so hat es den Anschein, endgültig besetzt, so veröffentlichen Sie »Gehen« im Herbst in einer Ihrer beiden anderen Reihen. 1 Es soll niemand verletzt werden, wenn es mir auch gleichgültig ist, etwas zu stören. 2
    Viele herzliche Grüße Ihnen, Busch und den Andern
    Ihr
    Thomas Bernhard
    1   Laut der auf der Pressekonferenz am 4. Juni 1971 vorgelegten

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